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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Hymnen hielten mich wie betäubt gefangen, umnebelt von dem lieblichen Gefühl: Alles ist gut; alles ist, wie es sein sollte. Wir sind alle in Sicherheit.
    Aus irgendeinem Winkel meines sterblichen Gedächtnisses tauchte ein Tag auf, ein Tag wie die vielen zuvor, als in unserem Dorf im Monat Mai die Statue der Heiligen Jungfrau inmitten duftender Blumenbeete gekrönt wurde, wobei wir die schönsten Choräle anstimmten. Unvergeßlich der Augenblick, da die weiße Lilienkrone auf das verschleierte Haupt der Heiligen Jungfrau gelegt wurde. Nachts ging ich nach Hause und sang die alten Choräle. In einem vergilbten Gebetbuch hatte ich ein Bild der Jungfrau gefunden, und es hatte mich mit der nämlichen religiösen Inbrunst erfüllt wie jetzt.
    Und aus einer noch tieferen Schicht meines Inneren kam die Erkenntnis, daß, wenn ich an sie und ihre Worte glaubte, daß dann diese unaussprechliche Tat, dieses Blutbad, das ich hier unter den schwachen und hilflosen Sterblichen angerichtet hatte, irgendwie abgebüßt sein würde.
    Jetzt tötest du in meinem Namen und für meine Sache, und ich schenke dir die größte Freiheit, deren man überhaupt nur teilhaftig werden kann: Ich sage dir, daß es rechtens ist, deinen sterblichen Bruder zu morden.
    »Zieht eurer Wege«, sagte sie laut. »Verlaßt diesen Tempel für immer. Überlaßt die Toten dem Schnee und den Winden. Erzählt es den Leuten. Ein neues Zeitalter bricht an, wenn diese Männer, die den Tod und das Töten verherrlichen, ihren Lohn erhalten; und das Zeitalter des Friedens wird mit euch sein. Ich werde wieder zu euch kommen. Ich werde euch den Weg weisen. Wartet auf mein Kommen. Dann werde ich euch sagen, was ihr tun müßt. Aber jetzt glaubt an mich und das, was ihr hier gesehen habt. Und erzählt es den anderen, auf daß auch sie es glauben. Laßt die Männer kommen, damit sie sehen, was sie erwartet. Wartet auf meine Zeichen.«
    Allesamt setzten sie sich in Bewegung, ihrem Befehl gehorchend. Sie rannten den Pfad hinunter, jenen fernen Gläubigen entgegen, die dem Massaker entflohen waren.
    Der Wind fegte durch das Tal; hoch oben auf dem Berg schlug noch einmal die Tempelglocke. Der Wind zerrte an den dürftigen Kleidern der Toten. Schnee senkte sich nieder und bedeckte die braunen Beine und Arme und Gesichter, Gesichter mit offenen Augen.
    Jenes Wohlgefühl war entwichen, und die rauhe Wirklichkeit trat wieder klar und unentrinnbar zutage. Diese Frauen, diese Heimsuchung… Leichen im Schnee! Unwiderlegbare Zeugen einer erschütternden und überwältigenden Macht.
    Dann unterbrach ein leises, kleines Geräusch die Stille: Im Tempel oben fielen Gegenstände zu Boden und zerbrachen.
    Ich drehte mich um und sah sie an. Sie stand reglos auf dem kleinen Vorgebirge, den Umhang lose um ihre Schultern gebreitet, ihr Fleisch so weiß wie der fallende Schnee. Ihre Augen waren auf den Tempel gerichtet. Und da die Geräusche weiterhin zu vernehmen waren, wußte ich, was da drinnen geschah. Die Ölkrüge zerschellten; Kohlepfannen fielen zu Boden. Das leise Geflüster brennenden Tuches. Schließlich stieg dicker schwarzer Rauch aus dem Glockenturm und von dem rückseitigen Gemäuer hoch.
    Der Glockenturm bebte; brüllender Lärm brach sich an den fernen Felswänden, und dann lösten sich die Steine, und der Turm brach zusammen. Er stürzte ins Tal, und mit einem letzten Dröhnen verschwand die Glocke in dem weißen Abgrund.
    Der Tempel brannte nieder.
    Ich sah dem Schauspiel zu. Meine Augen tränten von dem Rauch, der zu dem Pfad quoll und kleine Asche- und Rußpartikel mit sich führte.
    Wie ungefähr bemerkte ich, daß mein Körper trotz des Schnees nicht fror. Daß ich von den Strapazen des Tötens nicht ermüdet war. Mein Fleisch war noch weißer als zuvor, und sogar mein Herz ging wieder ruhiger und regelmäßig.
    Zum ersten Mal in meinem Leben, dem sterblichen wie auch dem unsterblichen, hatte ich Angst, sterben zu müssen. Ich hatte Angst, sie würde mich vernichten - aus gutem Grund, weil ich einfach das, was ich gerade getan hatte, nicht noch einmal würde tun können. Und ich betete, daß mich nichts würde umstimmen können, daß ich die Kraft haben würde, zu verweigern.
    Ich spürte ihre Hände auf meinen Schultern. »Dreh dich um, und sieh mich an, Lestat«, sagte sie. Ich gehorchte. Und wieder stand sie vor mir - die verführerischste Schönheit, die zu erblicken mir je vergönnt war.
    Ich bin dein, mein Geliebter. Du bist mein einziger wahrer Gefährte, mein

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