Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten
habe ich ihn sehr geliebt. Er war damals von Gestalt und Antlitz genauso schön wie jetzt, nur war er in jenen Tagen dunkelhäutig und hagerer, und sein krauses Haar war geglättet und fiel ihm auf die Schultern, und er hatte das Auftreten eines Hofbeamten, eines Mannes, der zu befehlen gewohnt ist und sich der herzlichen Zuneigung seines Fürsten erfreut.
Am nächsten Morgen schickte die Königin wieder nach uns. Und diesmal wurden wir in die Privatgemächer geführt, wo nur der König und Khayman bei ihr waren.
Es war ein noch prächtigerer Raum als der große Saal des Palastes, bis zum Bersten mit schönen Dingen angefüllt - mit einer Liegestatt aus geschnitzten Leoparden und einem Bett mit Vorhängen aus reiner Seide und mit polierten Spiegeln von beinahe zauberischer Klarheit. Und die Königin selbst war verführerisch, reich geschmückt und parfümiert und von der Natur zu einem Wesen geformt, so schön wie nur irgendeine Kostbarkeit um sie herum.
Sie stellte von neuem ihre Fragen.
Hand in Hand standen wir da und mußten uns den gleichen Unsinn noch einmal anhören. Und noch einmal erklärte Mekare der Königin das Wesen der Geister und daß für sie alles nichts weiter war als ein Spiel.
>Aber diese Geister! Nach allem, was ihr sagt, müssen sie Götter sein!< sagte Akascha hitzig. >Und ihr sprecht mit ihnen? Das möchte ich erleben. Führt es mir vor! Jetzt! <
>Nein, sie sind keine Götter<, sagte ich. >Das versuchen wir euch ja zu erklären. Und sie verabscheuen nicht die Fleischesser, wie ihr es von euren Göttern behauptet. Um so etwas kümmern sie sich gar nicht. Haben sie nie getan. < Ich bemühte mich unablässig, dieses Mißverständnis auszuräumen; diese Geister hatten keinen Kodex, sie waren uns moralisch unterlegen. Aber ich wußte, daß diese Frau nicht begreifen konnte, was ich ihr erzählte.
Ich bemerkte den Kampf in ihr zwischen der Dienerin der Göttin Inanna, die selbst angebetet werden wollte, und dem finster vor sich hin brütenden Menschen, der letztlich an nichts glaubte. Ihr Herz war eiskalt, und ihre religiöse Inbrunst war nichts weiter als ein Feuer, das sie ständig schürte, um die Eiseskälte zu lindern.
>Alles, was ihr sagt, ist gelogen! < sagte sie schließlich. >Ihr seid böse Frauen !<
Sie ordnete unsere Hinrichtung an. Wir sollten am nächsten Tag gemeinsam lebendig verbrannt werden, damit wir uns gegenseitig leiden und sterben sehen konnten. Warum hatte sie sich je mit uns abgegeben?
Sogleich fiel ihr der König in die Rede. Er sagte ihr, daß er die Macht der Geister erlebt hatte, und Khayman auch. Was alles würden die Geister anstellen, wenn man so mit uns umginge? Wäre es nicht besser, uns gehen zu lassen?
Doch in den Augen der Königin waren Haß und Härte. Die Worte des Königs waren bedeutungslos; uns würde das Leben genommen werden. Was konnten wir tun? Sie schien böse auf uns zu sein, weil wir unsere Weisheiten nicht so verpacken konnten, wie es ihr nützte oder gefiel. Ach, es war eine Qual, mit ihr zu tun zu haben.
Schließlich ergriff Mekare die Initiative. Sie tat das, was ich mich zu tun nicht getraute. Sie rief die Geister an - jeden einzelnen, aber so schnell, daß sich die Königin die Namen unmöglich merken konnte. Sie schrie sie an, daß sie kommen und ihr helfen sollten, und sie befahl ihnen, ihren Unmut darüber zu zeigen, was diesen Sterblichen - Maharet und Mekare, die sie zu lieben behaupteten - widerfuhr.
Es war ein Glücksspiel. Falls nichts geschah, falls sie uns, wie ich befürchtete, verlassen hatten, konnte sie immer noch Amel anrufen, denn er war da, er lauerte, er wartete. Und letzten Endes war er unsere einzige Hoffnung.
Der Sturm erhob sich augenblicklich. Er heulte durch den Innenhof und pfiff durch die Gänge des Palastes. Gobelins wurden zerrissen, Türen zugeschlagen, zerbrechliche Gefäße zerschmettert. Die Königin war entsetzt, als sie das um sich herum wahrnahm. Dann flogen kleine Gegenstände durch die Luft. Die Geister nahmen die Schmuckstücke von ihrer Frisierkommode und warfen sie nach ihr; der König stand neben ihr und versuchte, sie zu beschützen, und Khayman war vor Angst erstarrt.
Das war freilich das Äußerste, was die Geister tun konnten, und das würden sie nicht sehr lange durchhalten können. Aber noch bevor der Angriff beendet war, beschwor Khayman den König und die Königin, das Todesurteil aufzuheben. Und das taten sie auf der Stelle.
Sofort befahl Mekare den Geistern, die ohnehin am Ende
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