Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
suchte verzweifelt nach Worten. »Angenommen, die Zweiheit des Männlichen und Weiblichen ist unerläßlich. Angenommen, die Frauen brauchen die Männer; angenommen, sie erheben sich gegen dich, um die Männer zu beschützen. Die Welt besteht nicht nur aus dieser brutalen kleinen Insel! Nicht alle Frauen sind von Visionen verblendete Bäuerinnen!«
    »Glaubst du, daß es Männer sind, was Frauen brauchen?« fragte Akascha zurück. Sie kam näher; ihr Gesicht veränderte sich unmerklich im Spiel des Lichts.
    »Willst du das sagen? Wenn das so ist, dann werden wir ein paar Männer mehr verschonen und sie halten, wo für sie gesorgt werden kann, so wie die Frauen für dich gesorgt haben, und wo sie berührt werden können, so wie die Frauen dich berührt haben. Wir werden sie halten, wo die Frauen sie haben können, wenn sie wollen, und ich versichere dir, sie sollen nicht benutzt werden, wie Frauen von Männern benutzt worden sind.«
    Ich seufzte. Es war sinnlos zu diskutieren. Sie hatte absolut recht und absolut unrecht.
    »Du tust dir selbst unrecht«, sagte sie. »Ich kenne deine Argumente. Über Jahrhunderte habe ich sie erwogen, wie ich so viele Fragen erwogen habe.« »Aber es muß eine Möglichkeit ohne Tod geben. Es muß einen Weg geben, der über den Tod triumphiert.«
    »Ach, mein Schöner, das wäre doch wirklich widernatürlich«, sagte sie. »Selbst ich kann den Tod nicht abschaffen.« Sie unterbrach sich; sie wirkte plötzlich zerstreut oder eher tief bedrückt von den Worten, die sie gerade gesprochen hatte.
    »Den Tod abschaffen«, flüsterte sie. Irgendein persönlicher Kummer schien sich in ihre Gedanken eingeschlichen zu haben. »Den Tod abschaffen«, sagte sie noch einmal. Doch sie entfernte sich von mir. Ich sah, wie sie die Augen schloß und die Finger an die Schläfen legte.
    Sie hörte wieder auf die Stimmen; sie ließ sie kommen. Oder vielleicht war sie auch nur für einen Moment unfähig, sie auszuschließen. Sie sagte einige Worte in einer antiken Sprache, die ich nicht verstand. Ich war erschrocken über ihre plötzliche scheinbare Verwundbarkeit und die Art und Weise, wie die Stimmen sie abzusondern schienen, die Art und Weise, wie ihre Augen den Raum abzusuchen schienen, dann auf mir verharrten und aufleuchteten.
    Ich war sprachlos und von Trauer überwältigt. Wie klein waren meine Vorstellungen von Macht immer gewesen. Eine bloße Handvoll Feinde besiegen, von Sterblichen als Idol angesehen und geliebt werden, einen Platz in dem großen Weltdrama finden, das so unendlich viel größer war als ich und dessen Studium den Geist eines einzelnen Wesens für tausend Jahre beschäftigen konnte. Und plötzlich standen wir außerhalb der Zeit, außerhalb der Gerechtigkeit, wir waren fähig, ganze Denksysteme zusammenbrechen zu lassen. Oder war das nur Illusion?
    Wie viele andere hatten auf diese oder jene Weise nach solcher Macht gegriffen? »Sie waren nie Unsterbliche, mein Geliebter.« Es war fast ein Flehen. »Aber es ist ein Unglücksfall, daß es uns gibt«, sagte ich.
    »Wir sind Wesen, die nie hätten entstehen sollen.«
    »Das spielt jetzt keine Rolle. Du begreifst nicht, wie wenig irgend etwas eine Rolle spielt. Wichtig ist, daß wir überlebt haben. Verstehst du das nicht? Das ist die reine Schönheit daran, die Schönheit, aus der alle andere Schönheit geboren werden wird, daß wir überlebt haben.«
    Ich schüttelte den Kopf und wandte mich ab. Ich wollte mich nicht von ihrer Entschlossenheit oder ihrer Schönheit betäuben lassen, vom Lichtschimmer in ihren kohlschwarzen Augen. Ich spürte ihre Hände auf meinen Schultern, ihre Lippen an meinem Hals.
    »In einigen Jahren«, sagte sie, »wenn mein Garten durch viele Sommer geblüht und über viele Winter geschlafen hat, wenn die alten Unsitten wie Vergewaltigungen und Kriege nur noch Erinnerungen sind und Frauen voller Verblüffung, daß solche Dinge jemals getan werden konnten, die alten Filme ansehen, wenn die Art der Frauen ganz selbstverständlich jedem Menschen zur zweiten Natur geworden ist, dann vielleicht können die Männer zurückkehren.
    Nach und nach kann ihre Zahl vergrößert werden. Kinder werden in einem Klima aufwachsen, in dem Vergewaltigung undenkbar, in dem Krieg unvorstellbar ist.
    Und dann…dann … kann es Männer geben. Wenn die Welt für sie bereit ist.« »Es wird nicht funktionieren. Es kann nicht funktionieren.«
    »Warum sagst du das? Sieh dir die Natur an, wie du

Weitere Kostenlose Bücher