Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten
oder vielleicht etwas prunkvoller, mit mehr Beute aus eroberten Ländern ausgestattet. Mehr goldgewirkte Tuche, auch mehr leuchtende Malereien, und es standen zweimal so viele Sklaven herum, als wären sie bloßer Zierat, die mageren nackten Körper mit Gold und Juwelen behängt.
Diesmal wurden wir in einer königlichen Klause einquartiert, eingerichtet mit zierlichen Stühlen und Tischen und Platten voller Fleisch und Fisch zum Essen.
Dann, bei Sonnenuntergang, hörten wir Hochrufe, als der König und die Königin im Palast erschienen; der gesamte Hofstaat kam, um sich vor ihnen zu verbeugen, und sang Hymnen auf die Schönheit ihrer bleichen Haut und ihrer schimmernden Haare und auf ihre Körper, die wunderbarerweise von dem Anschlag der Verschwörer genesen waren, und der ganze Palast hallte von diesen Lobpreisungen wider.
Aber als dieses kleine Schauspiel beendet war, wurden wir in das Schlafzimmer des königlichen Paares geführt, und zum ersten Mal erblickten wir im Licht entfernter Lampen mit eigenen Augen die Verwandlung.
Wir sahen zwei bleiche, aber majestätische Wesen, die in jeder Einzelheit genauso aussahen wie zu Lebzeiten, und doch umgab sie eine unheimliche Ausstrahlung. Ihre Haut war keine Haut mehr. Und ihr Geist war nicht mehr nur ihr Geist. Aber prachtvoll waren sie, wie ihr euch wohl alle vorstellen könnt. 0’ja, prachtvoll, als wäre der Mond vom Himmel heruntergekommen und hätte sie mit seinem Licht geschmückt. Sie standen in vollem Ornat zwischen ihren blendend goldenen Möbeln und sahen uns mit Augen an, die wie Obsidiane leuchteten. Und dann sprach der König, mit völlig veränderter Stimme, mit einer Stimme, die von Musik übertönt wurde, wie es schien: >Khayman hat euch erzählt, was uns widerfahren ist<, sagte er. »Wir stehen vor euch als die Nutznießer eines großen Wunders, denn wir haben den sicheren Tod besiegt. Wir sind jetzt völlig unabhängig von den Beschränkungen und Bedürfnissen menschlicher Wesen, und wir sehen alles, was uns früher vorenthalten war.<
Die Königin dagegen verlor augenblicklich die Fassung. In zischendem Flüsterton sagte sie: > Ihr müßt uns das erklären! Was hat euer Geist getan?<
Wir waren schlimmer von diesen Monstern bedroht denn je, und ich versuchte, Mekare diese Warnung mitzuteilen, doch sofort lachte die Königin. >Meint ihr, ich weiß nicht, was ihr denkt?<
Der König bat sie zu schweigen. >Laß die Hexen ihre Kräfte nutzen<, sagte er. >Ihr wißt, daß wir euch immer verehrt haben.<
>Ja.< Die Königin lächelte höhnisch. >Und ihr habt uns mit diesem Fluch belegt. <
Ich versicherte sofort, daß wir das nicht getan hatten, daß wir Wort gehalten hatten, als wir das Königreich verließen, daß wir zurück nach Hause gegangen waren. Und während Mekare die beiden schweigend musterte, flehte ich Akascha und Enkil an, zu begreifen, daß der Geist, wenn er das angerichtet hatte, es aus einer eigenen Laune heraus getan hatte.
>Laune!<, sagte die Königin. >Was meinst du mit einem Wort wie Laune? Was ist mit uns passiert? Was sind wir?< fragte sie wieder. Dann schürzte sie die Lippen, damit wir ihre Zähne sehen konnten. Wir sahen die Fangzähne in ihrem Mund, winzig, aber messerscharf. Und auch der König zeigte uns diese Veränderung.
>Um besser das Blut saugen zu können<, flüsterte er. >Wißt ihr, was dieser Durst für uns bedeutet? Wir können ihn nicht stillen! Drei, vier Menschen sterben jede Nacht, um uns zu nähren, aber wir gehen von Durst gequält zu Bett.< Die Königin raufte sich die Haare, als wollte sie zu schreien anfangen, aber der König legte die Hand auf ihren Arm. >Ratet uns, Mekare und Maharet<, sagte er. >Denn wir möchten diese Veränderung verstehen und erfahren, wie sie zum Guten genutzt werden könnte. <
>Ja<, sagte die Königin, die um Fassung rang. >Denn so etwas kann sicher nicht ohne Grund geschehen…< Dann verließ sie die Gewißheit, und sie verstummte. Sie, die immer schwach gewesen war und nach Rechtfertigungen gesucht hatte, schien nicht mehr weiter zu wissen, während der König an seinen Illusionen festhielt, wie es Männer oft bis ins hohe Alter tun.
Als sie jetzt schwiegen, trat Mekare vor und legte die Hände auf den König. Sie legte ihm die Hände auf die Schultern und schloß die Augen. In gleicherweise legte sie die Hände auf die Königin, wenn auch die Königin sie haßerfüllt anstarrte.
»Erzähl uns<, sagte Mekare und sah die Königin an, >was genau in jenem Augenblick geschah.
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