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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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zeigen. Komm mit mir in die Städte wie ein Spion; nicht um zu zerstören, sondern um zu sehen!«
    Ihre Augen belebten sich wieder, die Müdigkeit wich. Sie umarmte mich, und plötzlich brauchte ich wieder das Blut. Ich konnte an nichts anderes denken, so sehr ich auch dagegen ankämpfte, so sehr ich auch über meine Willensschwäche weinen mußte. Ich brauchte es. Ich brauchte sie, und ich konnte nichts dagegen tun; doch meine alten Träume suchten mich wieder heim, jene alten Geschichten, in denen ich mich sah, wie ich sie weckte, wie ich sie mit in die Opernhäuser nahm und in die Museen und Konzertsäle, in die großen Metropolen und ihre Schatzkammern für alles, was Männer und Frauen durch die Jahrhunderte an schönen und unvergänglichen Dingen geschaffen hatten, Kunstwerke, die alle Bosheit, alles Unrecht, alle Fehlbarkeit des Einzelwesens in den Hintergrund drängten.
    »Aber was habe ich mit solch erbärmlichen Dingen zu tun, mein Liebster?« flüsterte sie. »Und du willst mich über deine Welt belehren? Ach, welche Nichtigkeit. Ich befinde mich, wie immer schon, außerhalb der Zeitalter.«
    Akascha sah mich jetzt mit einem untröstlichen Gesichtsausdruck an. Gram war es, was ich an ihr entdeckte.
    »Ich brauche dich!« flüsterte sie. Und zum ersten Mal hatte sie Tränen in den Augen.
    Ich konnte es nicht ertragen. Ich fühlte Schauer in mir aufsteigen, wie immer in Augenblicken unerwarteten Schmerzes. Aber sie legte ihre Finger auf meine Lippen, um mich zum Schweigen zu bringen.
    »Schon gut, mein Liebling«, sagte sie. »Wenn du willst, werden wir zu deinen Brüdern und Schwestern gehen. Wir werden zu Marius gehen. Aber zuerst laß mich dich noch einmal an mein Herz drücken. Du siehst, ich bin nun einmal, wie ich bin. Das hast du mit deinem Gesang geweckt; das bin ich!«
    Ich wollte protestieren, es abstreiten; ich wollte aufs neue den Streit anfangen,
    der uns entzweien und sie verletzen würde. Aber als ich ihr in die Augen sah, konnte ich keine Worte finden. Und plötzlich verstand ich, was geschehen war.
    Ich hatte die Möglichkeit gefunden, sie aufzuhalten; ich hatte den Schlüssel gefunden; er hatte die ganze Zeit vor mir gelegen. Es ging nicht um ihre Liebe zu mir; es ging darum, daß sie mich brauchte, daß sie auf der weiten Welt einen Verbündeten brauchte, eine verwandte Seele, die aus demselben Holz geschnitzt war wie sie. Und sie hatte geglaubt, sie vermöchte mich so zu formen, daß ich würde wie sie, und jetzt wußte sie, daß sie das nicht konnte.
    »O nein, du irrst dich«, sagte sie, und ihre Tränen schimmerten. »Du bist lediglich jung und ängstlich.« Sie lächelte. »Du gehörst zu mir. Und wenn es sein muß, mein Prinz, werde ich dich vernichten.«
    Ich sagte nichts. Ich konnte nicht. Ich wußte, was ich gesehen hatte; ich wußte es, auch wenn sie es nicht akzeptieren konnte. Während all der langen Jahrhunderte der Bewegungslosigkeit war sie nie allein gewesen, hatte sie nie unter totaler Isolation gelitten. Oh, es war nicht einfach so, daß Enkil an ihrer Seite war oder Marius kam, um ihr seine Opfergaben zu Füßen zu legen; es war etwas Stärkeres, unendlich Bedeutenderes als das; sie hätte niemals ganz allein einen Überzeugungskrieg gegen jene geführt, die sie umgaben.
    Die Tränen flössen ihr über die Wangen. Zwei grellrote Streifen. Ihr Mund war schlaff, ihre Augenbrauen waren zu einem finsteren Stirnrunzeln zusammengezogen, und doch war ihr Gesicht noch immer strahlend schön.
    »Nein, Lestat«, sagte sie noch einmal. »Du irrst dich. Aber wir müssen das jetzt bis zum Ende führen; wenn sie - alle - sterben müssen, damit du zu mir hältst, so soll es sein.« Sie breitete die Arme aus, und ich wollte mich ihrer Umarmung entziehen, ich wollte sie beschimpfen, gegen ihre Drohungen angehen; aber ich bewegte mich nicht, als sie näher kam.
    Die warme karibische Brise; ihre Hände strichen mir den Rücken hinauf; ihre Finger fuhren mir durchs Haar. Der Nektar strömte erneut in mich hinein und ergoß sich in mein Herz. Und schließlich ihre Lippen an meinem Hals; das plötzliche Eindringen ihrer Zähne in mein Fleisch. Ja! Genau wie vor so langer Zeit im Schrein! Ihr Blut und mein Blut. Und der betäubende Donnerschlag ihres Herzens, ja! Und es war Ekstase, und doch konnte ich mich ihr nicht völlig hingeben;
    ich konnte es nicht tun, und sie wußte es.

8
Die Geschichte der Zwillinge
SCHLUSS
     
    Wir fanden den Palast genauso vor, wie wir ihn in Erinnerung hatten,

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