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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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gebracht hatten und die dafür selbst solches Übel erleiden mußten.
    >Aber am Ende habt ihr nicht gesiegt<, sagte ich zu Akascha. >Ihr und eure Soldaten und ihre Schwerter. Denn meine Tochter Miriam überlebte, um das Blut meiner Familie und meines Volkes über die Zeiten zu retten; und das, was euch, die ihr da schweigend sitzt, nichts bedeuten mag, bedeutet mir alles. < Und was ich sagte, stimmte. Doch auf die Geschichte meiner Familie komme ich gleich zurück. Jetzt will ich auf Akaschas einen Sieg eingehen: daß Mekare und ich nie wieder vereint waren.
    Denn wie ich euch erzählt habe, fand ich auf all meinen Wanderungen nie einen Mann, eine Frau oder einen Bluttrinker, die Mekare gesehen oder ihren Namen gehört hatten. Alle Länder der Welt durchwanderte ich auf der Suche nach Mekare.
    Aber sie war für mich verloren, als hätte das weite westliche Meer sie verschluckt, und ich war wie ein halbes Wesen, das ständig nach dem einzigen strebt, das es ergänzen kann.
    Doch in den ersten Jahrhunderten wußte ich, daß Mekare lebte; es gab Zeiten, da der Zwilling, der ich war, das Leid des anderen Zwillings spürte; in finsteren, traumartigen Momenten durchlebte ich unerklärliche Schmerzen. Aber das ist etwas, was menschliche Zwillinge füreinander fühlen. Als mein Körper härter wurde, als der Mensch in mir sich auflöste und dieser stärkere und elastischere unsterbliche Körper sich immer mehr ausbildete, verlor ich die einfache menschliche Verbindung zu meiner Schwester. Doch ich wußte es, ich wußte, daß sie lebte.
    Ich sprach zu meiner Schwester, als ich an den einsamen Küsten wanderte und auf das eiskalte Meer blickte. Und in den Grotten des Berges Karmel hielt ich unsere Geschichte in riesigen Zeichnungen fest - alles, was wir erlitten hatten; das war der Überblick, den ihr in euren Träumen gesehen habt.
    Im Laufe der Jahrhunderte sollten viele Sterbliche diese Grotte finden und diese Bilder sehen, um sie dann wieder zu vergessen, bis sie erneut entdeckt wurden. In diesem Jahrhundert schließlich bestieg ein junger Archäologe, der von ihnen gehört hatte, eines Nachmittags mit einer Lampe in der Hand den Berg Karmel.
    Und als er auf die Bilder sah, die ich vor langer Zeit angefertigt hatte, schlug sein Herz höher, denn er hatte exakt die gleichen Bilder in einer Höhle jenseits des Meeres, über den Dschungeln in Peru, gesehen.
    Es dauerte Jahre, bis ich von dieser Entdeckung erfuhr. Er war überall herumgereist mit seinen Beweisstücken - Fotos von den Höhlenmalereien aus der Alten und der Neuen Welt und einer Vase, die er im Magazin eines Museums entdeckt hatte, einem antiken Kunstwerk aus jenen dunklen, versunkenen Jahrhunderten, in denen die Legende von den Zwillingen noch bekannt war. Ich kann euch nicht sagen, welchen Schmerz und welches Glück es mir bereitete, als ich die Fotografien der Bilder sah, die er in einer Höhle in der neuen Welt entdeckt hatte. Denn Mekare hatte dort die gleichen Dinge gezeichnet wie ich; der Verstand, das Herz und die Hand, in allem mir so wesensverwandt, hatten, bis auf winzige Unterschiede, den gleichen Bildern von Leid und Schmerz Ausdruck verliehen.
    Mekares Barke hatte sie über das weite westliche Meer in ein Land getragen, das zu unserer Zeit unbekannt war. Wahrscheinlich Jahrhunderte, bevor der Mensch die südlichen Gebiete des Dschungelkontinents durchdrungen hatte, war Mekare dort gelandet und hatte womöglich die größte Einsamkeit kennengelernt, die ein Geschöpf erleben kann. Wie lange war sie zwischen Vögeln und wilden Tieren umhergewandert, bevor sie ein menschliches Antlitz sah?
    Hatte sie Jahrhunderte oder Jahrtausende angedauert, diese unvorstellbare Isolation? Oder hatte sie bald Sterbliche getroffen, die sie trösteten oder entsetzt vor ihr davonliefen? Oder hatte sie gar, lange bevor der Sarg, der sie trug, überhaupt die südamerikanische Küste erreichte, den Verstand verloren? Ich sollte es nie erfahren.
    Ich wußte nur, daß sie dortgewesen war und vor Tausenden von Jahren jene Zeichnungen angefertigt hatte, genau wie ich die meinigen.
    Natürlich überhäufte ich diesen Archäologen mit Reichtümern; ich stattete ihn mit allen Mitteln aus, die er benötigte, um seine Forschungen über die Legende von den Zwillingen fortzusetzen. Und ich selbst reiste nach Südamerika. Mit Eric und Mael an meiner Seite bestieg ich im Mondschein den Berg in Peru und sah selbst das Werk meiner Schwester.

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