Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten
vermag, kann man alles haben, was man will«, sagte Armand geduldig.
»Gib mir, was ich will«, verlangte Daniel.
»Ich gebe dir alles, was du dir nur wünschen kannst.«
»Ja, aber nicht, worum ich dich gebeten habe, nicht das, was ich wirklich will!«
»Verweile unter den Lebenden, Daniel.« Ein leises Flüstern wie ein Kuß. »Glaube mir, das Leben ist besser als der Tod.«
»Ich möchte nicht unter den Lebenden bleiben, Armand, ich möchte ewig leben, und dann werde ich dir sagen, ob das Leben besser ist als der Tod.«
Tatsache war, daß der Reichtum ihn verrückt machte, ihn seine Sterblichkeit noch deutlicher als jemals zuvor spüren ließ. Wenn er mit Armand unter einem klaren, sternenübersäten Nachthimmel durch den warmen Golfstrom segelte, bemächtigte sich seiner Verzweiflung, weil er all das für immer haben wollte. Voll Haß und Liebe sah er Armand zu, wie er das Schiff mühelos durch die Wellen lenkte. Würde ihn Armand wirklich sterben lassen?
Oft sah Daniel zu, wie Armand allein vor der Küste auf Jagd ging, ein Jüngling in weichem schwarzem Seidenhemd und schwarzen Hosen, der ein schnittiges, unbeleuchtetes Schnellboot durch die Wellen lenkte, wobei der Wind durch sein langes Haar fuhr. Was für ein tödlicher Widersacher! Irgendwo, weit da draußen, den Blicken vom Land her entzogen, würde er seine Schmuggler finden; dort würde er zuschlagen - der einsame Pirat, der Tod -, dort würden die Opfer einfach in die Tiefe gestoßen werden, wobei sich ihr Haar vielleicht noch einmal kurz aufbauschte, während sie im Mondenlicht einen letzten Blick auf denjenigen warfen, der ihr Untergang gewesen war. Dieser Junge! Dabei hatten sie sich immer für die Bösewichter gehalten …
Und so sehr er auch bettelte, Armand weigerte sich stets, ihn einmal mitzunehmen, ihn zusehen zu lassen, wie er mit ihnen aufräumte.
Schließlich war genug Kapital angehäuft worden; Armand war bereit, zu wahren Taten zu schreiten.
Er befahl Daniel, sich ohne großes Wenn und Aber um eine Reihe neuer Anschaffungen zu kümmern: eine Flotte von Ozeankreuzern, eine Restaurant- und Hotelkette. Vier Privatflugzeuge standen ihnen jetzt zur Verfügung, und allein Armand hatte acht Telefone. Und dann ging es an die Erfüllung des größten Traumes: Night Island, Armands ureigenste Schöpfung mit seinem fünfstöckigen gläsernen Gebäudekomplex mit Theatern, Restaurants und Geschäften. Er zeichnete die Entwürfe für die Architekten seiner Wahl. Er händigte ihnen endlose Listen mit Materialwünschen aus, für Stoffe, für Skulpturen für die Brunnen, sogar für die Blumen und die eingetopften Bäume.
Seht euch dieses Night Island an. Von Sonnenuntergang bis zur Morgendämmerung tummelten sich hier ganze Heerscharen von Touristen. Unentwegt wurde in den Foyers und Ballsälen Musik gespielt. Die gläsernen Aufzüge ruhren ständig auf und ab; die farbenprächtigen, üppigen Blumenbeete waren von Teichen und Wasserfällen umgeben.
Es gab nichts, was es auf Night Island nicht zu kaufen gab. Die Küche war international und exquisit. In den Kinos wurden jede Nacht fünf verschiedene Filme gezeigt. Hier gab es englischen Tweed und spanisches Leder, indische Seide, chinesische Teppiche, Silber, Eis und Zuckerwatte, Knochenporzellan und italienische Schuhe.
»All das ist dein, Daniel«, sagte Armand und schritt gemächlich durch die großen hellen Räume ihrer eigenen Mysterien-Villa, die drei Stockwerke umfaßte - und Keller, die Daniel nicht betreten durfte. Die Fenster gaben den Blick auf das ferne, lichterfunkelnde Miami frei und auf die blassen Wolken, die hoch oben über den Himmel rollten.
All das gefiel Daniel, das mußte er wirklich zugeben, und was ihm sogar noch mehr gefiel, waren die Freiheit, die Macht und auch der Luxus, der ihn überall umgab. Er und Armand begaben sich nachts in die Tiefen des zentralamerikanischen Dschungels, um sich die Ruinen der Mayas anzusehen; sie ließen sich im Annapumagebirge des Himalaja nieder, um im Mondenschein die ferne Gipfelwelt zu betrachten. Zusammen durchstreiften sie die überfüllten Straßen von Tokio, von Bangkok und Kairo und Damaskus, von Lima und Rio und Katmandu. Tagsüber ließ es sich Daniel in den jeweils besten Herbergen am Ort wohl ergehen; nachts begab er sich furchtlos mit Armand an seiner Seite auf Wanderschaft.
Hin und wieder jedoch brach das Trugbild eines zivilisierten Lebens zusammen. Manchmal an entlegenen Orten spürte Armand die Gegenwart anderer
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