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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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menschlich sterblich zu sein? Ich glaube dir nicht. Das ist das erste Mal, daß du mir geradewegs ins Gesicht gelogen hast.«
    »Wie kannst du es wagen? Ich würde tauschen. Wenn ich nicht so ein Feigling wäre, wenn es drauf ankommt, wenn ich nach fünfhundert gierigen Jahren nicht noch immer bis ins Mark meiner Knochen Angst vor dem Tod hätte.«
    »Nein, ich glaube dir nicht. Das hat nichts mit Angst zu tun. Stell dir doch nur mal vor, wie kurz ein Leben währte, zur Zeit, da du geboren wurdest. Und all das verloren? Diese Zukunft, in der du Macht und Luxus kanntest, wie sie sich selbst ein Dschingis Khan nicht einmal erträumen durfte? Ach, das kannst du mir nicht weismachen.«
    Mit Worten konnten sie nie eine Einigung erzielen. Es hörte immer wieder gleich auf - die Umarmung, der Kuß, das Blut, das Leichentuch der Träume, das sich wie ein großes Netz über ihn warf. Hunger! Ich liebe dich! Gib mir mehr! Ja, mehr. Aber niemals genug.
    Es war zwecklos.
    Und so hob schließlich Daniels Zeit der Wanderungen und der Flucht an, und Armand folgte ihm nicht. Armand wartete jedesmal, bis Daniel darum flehte, zurückkommen zu dürfen. Oder bis Daniel völlig am Ende und am Rand des Todes war. Dann und nur dann war Armand willens, ihn zurückzubringen.
     
    Der Regen peitschte über das Pflaster der Michigan Avenue. Die Buchhandlung war leer, die Lichter waren erloschen. Irgendwo schlug eine Uhr die neunte Abendstunde. Er stand gegen die Schaufensterscheibe gelehnt, und er sah dem Verkehrsstrom vor ihm zu. Kein Zuhause, keine Unterkunft. Trink doch den winzigen Blutstropfen in dem Medaillon. Warum eigentlich nicht?
    Und Lestat pirschte sich vielleicht in Kalifornien gerade jetzt an ein Opfer heran. Und sie richteten den Saal für das Konzert her. Sterbliche Männer richteten die Beleuchtung, die Mikrofone, die Übertragungswagen ein und hatten keine Ahnung, daß sich in die tosende Menge ein zweites, finsteres Publikum mischen würde. Vielleicht hatte sich Daniel ganz fürchterlich verrechnet. Vielleicht war ja Armand dort!
    Zuerst hielt er das für ganz und gar unmöglich, dann verdichtete sich der Gedanke zur Gewißheit. Warum war Daniel nicht schon eher darauf gekommen?
    Natürlich hatte sich Armand auf den Weg gemacht! Wenn das, was Lestat geschrieben hatte, auch nur ein Körnchen Wahrheit enthielt, würde Armand hingehen, um abzurechnen, um dabeizusein, vielleicht auch um nach jenen zu suchen, deren Spur er im Laufe der Jahrhunderte verloren hatte und die nun alle zu Lestat strömen würden.
    Was machte da schon ein sterblicher Liebhaber aus, ein Mensch, der nichts weiter gewesen war als ein Spielzeug für ein Jahrzehnt? Nein. Armand war ohne ihn losgezogen. Und diesmal würde es keine Rettung geben.
    Ihn fror; er fühlte sich bedeutungslos, wie er so dastand, und er fühlte sich unendlich einsam. Die bösen Vorahnungen, die der Traum von den Zwillingen ihm eingegeben hatte, hatten nichts auszurichten vermocht. Armand war ohne ihn einem Schicksal entgegengeeilt, das Daniel nie vollständig begreifen würde.
    Das erfüllte ihn mit Schrecken, mit Trauer. Die Tore waren verschlossen; er war am Ende des Weges angelangt.
    Er ging ein paar Schritte weiter; seine Hände waren erstarrt, der Regen hatte sein Sweatshirt durchnäßt. Am liebsten hätte er sich auf das Pflaster gelegt und die Zwillinge wiederkommen lassen. Und Lestats Sätze fielen ihm wieder ein. Den Augenblick der Wiedergeburt nannte er das Geschenk der Finsternis. Den Wilden Garten nannte er die Welt, die solche vorzüglichen Monster zu beherbergen imstande war. Ach, laß mich dein Liebhaber im Wilden Garten sein, und das Licht, das im Leben verloschen ist, wird in einem Feuerwerk der Herrlichkeit wieder aufleuchten.
    Aus sterblichem Fleisch geformt, würde ich der Ewigkeit teilhaftig werden. Ich würde einer der Euren sein.
    Ein Schwindelanfall. Wäre er beinahe hingefallen? Jemand sprach ihn an, jemand fragte ihn, ob alles in Ordnung sei. Nein, natürlich nicht. Warum auch?
    Da legte sich plötzlich eine Hand auf seine Schulter.
    Daniel.
    Er blickte hoch. Armand stand am Rinnstein.
    Zuerst konnte er es gar nicht glauben, daß da sein sehnlichster Wunsch in Erfüllung gegangen war, aber seine Augen trogen ihn nicht. Armand stand da. Stumm blickte er auf ihn hinab, der Hauch einer Rötung verdeckte die unnatürliche Blässe seines Gesichts. Wie normal sah er doch aus, falls Schönheit jemals normal sein konnte. Hinter ihm wartete ein riesiger grauer

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