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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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führte ihn von der zugigen Terrasse ins Innere des Hauses. Das Messingbett schimmerte in der Dämmerung, und auf einer Porzellanvase schienen goldene Drachen zu tanzen. Die Tasten des Klaviers grinsten ihn wie Zähne an.
    Die Musik, wo kam die Musik her? Eine leise klagende Jazztrompete, die ganz alleine spielte. Er hielt inne, lauschte diesem melancholischen Lied, diesen Noten, die langsam ineinander verschwammen.
    Er versuchte, sich für die Musik zu bedanken, aber seine Stimme klang so unerklärlich fremd, schärfer, tönender. Sogar seine Zunge fühlte sich anders an;
    und da draußen war Nebel, sieh nur, er wies auf den Nebel, der an der Terrasse vorbeizog, den Nebel, der die Nacht verschlang!
    Armand zeigte Geduld. Armand verstand. Armand führte ihn langsam durch den abgedunkelten Raum. »Ich liebe dich«, sagte Daniel.
    »Bist du sicher?« antwortete Armand. Er mußte lachen.
    Sie hatten einen langen Gang erreicht. Eine Treppe verlor sich im Gedämmer. Armand drängte ihn vorwärts. Er wollte sich den Teppich auf dem Fußboden näher ansehen, von Lilien durchwobene Medaillons, aber Armand hatte ihn in ein hellerleuchtetes Zimmer geführt.
    Er mußte nach Atem ringen angesichts der Flut von Licht, Licht, das die tiefen Ledersofas und -sessel überschwemmte. Aber erst das Wandgemälde!
    Die Figuren dieses Gemäldes waren wahrhaft lebendig, formlose Wesen, die eigentlich nur große dicke Sudelflecken greller gelber und roter Farbe waren. Alles, was lebendig aussah, war lebendig. Hingemalte armlose Wesen, die in stechender Farbe schwammen, und sie sahen aus, als würden sie für immer und ewig existieren. Konnten sie einen mit all diesen winzigen, verstreuten Augen sehen? Oder sahen sie nur den Himmel und die Hölle ihres eigenen leuchtenden Reiches, mit einem Stück Draht an einem Nagel an der Wand aufgehängt?
    Bei dem Gedanken hätte er weinen können, er hätte weinen können über das Wehklagen der Trompete - und doch weinte er nicht. Er hatte einen scharfen, verführerischen Geruch aufgefangen. Gott, was war das? Sein ganzer Körper schien sich auf unerklärliche Weise zu verhärten. Dann plötzlich starrte er ein junges Mädchen an.
    Sie saß in einem vergoldeten Sessel und beobachtete ihn, die Fußgelenke übereinandergekreuzt, ihr volles braunes Haar ein leuchtender Wust um ihr weißes Gesicht. Ihre spärliche Kleidung war verschmutzt. Eine kleine Ausreißerin mit zerfetzten Jeans und verflecktem Hemd. Ein göttliches Bild, trotz ihrer sommersprossigen Nase und des fettigen Rucksacks, der zu ihren Füßen lag. Aber die Form ihrer kleinen Arme, ihrer Beine! Und ihre Augen, ihre braunen Augen! Sie lachte leise, aber irgendwie ohne Humor, irgendwie leicht irrsinnig, mit einem seltsamen, finsteren Unterton. Er merkte, daß er ihr Gesicht in seine Hände genommen hatte, und sie starrte zu ihm hoch; er lächelte, und ihre kleinen warmen Wangen erröteten ein wenig. Blut, das war der Duft! Seine Finger brannten. Er konnte sogar die Adern unter ihrer Haut sehen!
    Und ihre Herzgeräusche, er konnte sie hören. Sie schwollen an, es war so ein … feuchtes Geräusch. Er wich vor ihr zurück. »Gott, bring sie weg von hier!« rief er. »Nimm sie«, flüsterte Armand. »Jetzt.«

5
Khayman, mein Khayman
    Keiner hört mir zu.
    Nun darfst du nur für dich selbst singen
    Wies die Vögel tun, nicht des Territoriums
    Oder der Vormacht wegen,
    Nur um sich besser tu fühlen.
    Laß etwas
    Aus dem Nichts kommen.
     
    Stan Rice
    Texas Suite
     
    Bis zu dieser Nacht, dieser schrecklichen Nacht, gönnte er sich einen kleinen Witz über sich selbst: Er wisse zwar nicht, wer er sei oder woher er komme, aber dafür wisse er, was er möge.
    Und was er mochte, fand er um sich herum - die Blumen an den Ecken, die großen Stahl- und Glasgebäude, das Gras unter seinen Füßen. Und er kaufte sich Glitzerdinger aus Plastik und Metall -Spielzeug, Computer, Telefone - egal was. Er machte sich einen Spaß daraus, ihren Mechanismus zu begreifen, sie zu beherrschen, um sie dann zu kleinen buntscheckigen Bällen zu zerquetschen, mit denen er jonglieren oder mit denen er Fensterscheiben einwerfen konnte, wenn ihn niemand dabei beobachtete.
    Er mochte Klaviermusik, Filme und die Gedichte, die er in Büchern fand. Er mochte auch Autos, die mit dem Öl der Erde ruhren, ganz so wie Lampen Öl zum Brennen brauchten. Und die großen Flugzeuge, die nach denselben
    wissenschaftlichen Gesetzen hoch über den Wolken funktionierten.
    Autofahren gehörte

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