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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Familie.
    Und diese Mischung aus Wissen und Unkenntnis schien Jesse verlockend. Nur ein Wort über Maharet, und sie hätte den Talamasca für immer den Rücken gekehrt, da sie der Großen Familie treu ergeben war.
    Aber die Talamasca interessierten sich nur für Jesses Fähigkeiten. Und trotz Maharets Ratschlägen hatte sich auch Jesse immer dafür interessiert.
    Die Geschichte der Talamasca erwies sich als äußerst faszinierend. Erzählte ihr dieser Mann die Wahrheit? Ein Geheimorden, der im Jahre 758 gegründet worden war, ein Orden, dessen Unterlagen über Hexen, Zauberer, Medien und Geisterseher bis in jene dunklen Zeiten zurückreichten? Das alles verwirrte sie ebensosehr wie einst die Dokumente über die Große Familie.
    Und Lightner ließ gnädig eine weitere Runde schonungsloser Fragen über sich ergehen. Er kannte sich in Geschichte und Geographie aus, das stand fest. Er sprach mit großer Sachkenntnis über die Verfolgung der Katharer, die Unterdrückung der Freimaurer und ein Dutzend anderer historischer Ereignisse. Jesse konnte ihm nicht das Wasser reichen.
    Als sie an diesem Abend im Stammhaus außerhalb Londons ankamen, war Jesses Schicksal mehr oder weniger besiegelt. Eine Woche lang verließ sie das Stammhaus nicht und danach nur, um ihre Wohnung in Chelsea aufzulösen und sogleich wieder zu den Talamasca zurückzukehren.
    Das Stammhaus war ein gewaltiges Steingebäude aus dem sechzehnten Jahrhundert und war von den Talamasca »erst« vor zweihundert Jahren erworben worden. Obwohl die prächtig getäfelten und mit Stuck verzierten Bibliotheksräume und Salons dem innenarchitektonischen Geschmack des achtzehnten Jahrhunderts verpflichtet waren, stammten der Speisesaal und die meisten Schlafzimmer noch aus der elisabethanischen Epoche.
    Jesse war sofort von der Atmosphäre eingenommen, von der alten, ehrwürdigen Möblierung, den steinernen Kaminen, den glänzenden Eichenböden. Auch die ruhigen, höflichen Ordensmitglieder gefielen ihr, die in den weitläufigen Gemeinschaftsräumen saßen, sie herzlich begrüßten, um sich dann wieder ihren Gesprächen und der Lektüre der Abendzeitungen zuzuwenden. Sie fühlte sich wohl hier, psychisch wohl.
    Aber vollends überwältigt war sie von den Bibliotheken, die jenen tragischen Sommer wieder in ihr aufleben ließen, als eine andere Bibliothek voller alter Schätze ihr verschlossen worden war. Hier standen unzählige Bände, in denen Aufzeichnungen über Prozesse gebündelt waren, über Spukgeschichten und Poltergeister, über Fälle satanischer Besessenheit, über Psychokinese, Wiedergeburt und ähnliches. Unter dem Gebäude waren Museen, Räume, vollgestopft mit mysteriösen Objekten, die irgendwie mit paranormalen Vorkommnissen in Zusammenhang standen. Da waren Verliese, zu denen nur die ältesten Ordensmitglieder Zugang hatten.
    »Immer jede Menge Arbeit«, sagte Aaron beiläufig. »Sieh dir nur mal diese ganzen Akten an, sie sind auf Latein, und wir können von neuen Mitgliedern einfach nicht mehr verlangen, daß sie Latein lesen und schreiben können. Das wäre geradezu utopisch. Und diese Lagerräume, voller Dokumente, die schon seit vier Jahrhunderten nicht mehr ausgewertet worden sind.«
    Natürlich wußte Aaron, daß Jesse nicht nur Latein schreiben und lesen konnte, sondern auch Griechisch, Altägyptisch und Altsumerisch. Er wußte allerdings nicht, daß Jesse einen Ersatz für die Schätze jenes verlorenen Sommers gefunden hatte. Sie hatte eine neue »Große Familie« gefunden.
    Jesse hatte keinerlei Bedürfnis, den Stammsitz zu verlassen, und Aaron wußte das. Am Freitag der Woche, nur drei Tage nach ihrer Ankunft, wurde sie als Novizin in den Orden aufgenommen. Ihr wurde großzügige finanzielle Unterstützung gewährt, ein privater Wohnraum gleich neben ihrem Schlafzimmer, ein Fahrer rund um die Uhr und ein komfortables altes Auto. Sie kündigte ihre Stelle beim Britischen Museum so schnell wie möglich. Das Reglement war einfach. Ihre Ausbildung würde zwei Jahre dauern, wobei sie jederzeit bereit zu sein hatte, mit anderen Mitgliedern durch die Welt zu reisen. Freilich durfte sie mit Familienmitgliedern und Freunden über den Orden sprechen. Aber alle Beobachtungsobjekte, alle Akten und die damit verbundenen Einzelheiten mußten vertraulich bleiben. Und sie durfte keine einzige Zeile über die Talamasca veröffentlichen. Sie durfte sie in der Öffentlichkeit nicht einmal erwähnen.
    Ihre besondere Aufgabe bestand darin, in den Archiven alte

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