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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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als hübsche Dreingabe empfand. Aber so schlaff, wie es war, fühlte es sich bemerkenswert ekelhaft an, und ich wollte das Ding nicht berühren. Ich mußte mich daran erinnern, daß dieses Organ nun mir gehörte. Reizend!
    Und was war mit diesem Geruch, den es verströmte, und mit dem Geruch, der aus den Haaren ringsherum kam? Ah, auch der ist deiner, Baby! Jetzt laß das Ding arbeiten.
    Ich schloß die Augen und begann sehr unbestimmt zu pressen; vielleicht tat ich es zu heftig, denn stinkender Urin schoß in hohem Bogen aus dem Ding hervor. Ich verfehlte die Toilettenschüssel und bespritzte den weißen Rand.
    Ekelhaft. Ich trat zurück, zielte genauer und sah mit angewiderter Faszination zu, wie der Urin die Schüssel füllte und Blasen auf der Oberfläche schäumten; der Gestank wurde immer stärker und widerlicher, bis ich ihn nicht mehr ertragen konnte. Endlich war die Blase entleert. Ich stopfte das schlaffe, widerliche Ding in die Hose, zog den Reißverschluß hoch und schlug den Toilettendeckel zu. Ich zog am Griff der Spülung. Weg war der Urin - bis auf die Spritzer auf der Klobrille und auf dem Boden.
    Ich versuchte tief Luft zu holen, aber der ekelhafte Geruch war überall. Ich hob die Hände und bemerkte, daß er auch auf meinen Fingern war. Sofort drehte ich den Hahn am Waschbecken auf, griff nach der Seife und machte mich an die Arbeit. Immer wieder schäumte ich mir die Hände ein, aber nie hatte ich das Gefühl, daß sie wirklich sauber waren. Die Haut war viel poröser als meine übernatürliche Haut; sie fühlte sich schmutzig an, erkannte ich. Dann fing ich an, an den häßlichen Silberringen zu ziehen.
    Trotz des vielen Seifenschaums wollten sie nicht abgehen. Ich versuchte mich zu erinnern. Ja, der Schweinehund hatte sie schon in New Orleans getragen. Wahrscheinlich hatte er sie ebenfalls nicht abbekommen, und jetzt saß ich da mit den Dingern! Ich hatte alle Geduld verloren, aber ich konnte nichts weiter tun, bis ich einen Juwelier gefunden hätte, der sie mit einer kleinen Säge oder Zange oder mit sonst einem Werkzeug würde entfernen können. Der bloße Gedanke daran machte mich so nervös, daß alle meine Muskeln sich in schmerzhaftem Krampf zusammenzogen und wieder entspannten. Ich befahl mir, damit aufzuhören.
    Ich spülte mir die Hände ab, wieder und wieder, lächerlich oft, und dann raffte ich das Handtuch an mich und trocknete sie ab, wiederum angeekelt von ihrer absorbierenden Oberflächenbeschaffenheit und von den Schmutzresten an den Nägeln. Guter Gott, weshalb hatte dieser Kerl sich die Hände nicht richtig saubergemacht?
    Ich schaute auf die Spiegelwand am Ende des Badezimmers und sah dort einen wahrhaft abscheulichen Anblick: einen großen nassen Fleck vorn an meiner Hose. Das blöde Organ war nicht trocken gewesen, als ich es in die Hose zurückgestopft hatte!
    Nun, in alten Zeiten hatte ich mir darüber nie den Kopf zerbrochen, nicht wahr? Aber damals war ich ein dreckiger Landedelmann gewesen, der im Sommer gebadet hatte, wenn es ihm in den Sinn gekommen war, in eine Bergquelle zu springen.
    Aber dieser Urinfleck an meiner Hose konnte unmöglich bleiben! Ich verließ das Badezimmer, tätschelte dem geduldigen Mojo im Vorbeigehen den Kopf und ging ins Schlafzimmer; dort riß ich den Kleiderschrank auf und suchte eine neue Hose heraus, eine bessere sogar, aus grauer Wolle. Sofort streifte ich die Schuhe ab und zog mich um.
    So, was jetzt? Nun, etwas essen, dachte ich, und ich merkte, daß ich Hunger hatte! Ja, genau das war das Unbehagen, das ich seit Beginn dieser kleinen Saga empfunden hatte, von der vollen Blase und einem allgemeinen Schweregefühl einmal abgesehen.
    Essen. Aber du weißt, was passieren wird, wenn du ißt? Du wirst wieder in dieses Badezimmer oder in irgendein anderes Badezimmer gehen und dich all der verdauten Nahrung entledigen müssen. Bei dem Gedanken hätte ich fast gewürgt.
    Ja, ich brauchte mir die menschlichen Exkremente, die aus meinem Körper kommen würden, nur vorzustellen, und schon glaubte ich, ich müßte mich übergeben. Ich blieb regungslos auf dem Fußende des niedrigen, modernen Bettes sitzen und bemühte mich, meine Empfindungen in den Griff zu bekommen.
    Ich sagte mir, dies seien doch die simpelsten Aspekte des menschlichen Daseins; ich dürfe nicht zulassen, daß sie mir die größeren Fragen verdunkelten. Überdies rührte ich mich auf wie ein vollendeter Feigling und nicht wie der dunkle Held, der ich zu sein behauptete.

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