Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
Höhen des Himmels, um es Ihm zu sagen? Und war Er jemals überrascht oder ahnungslos? Hatte je eine der Neuigkeiten, die ich Seiner ewigen und allwissenden Aufmerksamkeit nahebrachte, Aufklärung oder Verwirrung bewirkt?«
    Erneut stieß er einen Seufzer aus, schien am Rande eines fürchterlichen Ausbruchs, dessen Gewalt die vorherigen verblassen lassen würde. Doch dann beruhigte er sich wieder und versank in Grübeln.
    Wir gingen weiter. Die Flora veränderte sich, Mammutbäume machten schlankeren, zierlicheren Arten Platz, und hier und da gab es Flecken mit saftigem, wehendem Gras.
    Mit dem leichten Wind erreichte uns der Geruch von Wasser. Memnochs blondes Haar, so schwer es auch war, wehte von seinen Schläfen. Der Wind kühlte mir Kopf und Hände, doch nicht mein Herz.
    Durch die Bäume blickten wir auf ein dichtbewachsenes, wildes Tal. In der Feme konnte ich Berge und grüne Hänge erkennen, auf denen vereinzelt neben struppigem Gebüsch auch Buchweizen oder anderes wildes Getreide stand. Der Wald zog sich die Hügel und Berge hinauf bis zu den felsigen Höhen. Und als wir uns dem Tal näherten, sah ich durch die Zweige das Blinken und Schimmern eines Gewässers.
    Als wir aus dem älteren Teil des Waldes heraustraten, lag vor uns wunderbares, fruchtbares Land. Gelbe und blaue Blumen wuchsen hier im Überfluß, woben einen leuchtenden Farbenteppich. Es gab Oliven- oder Obstbäume, und ihre tief herabhängenden knorrigen Zweige ließen erkennen, daß von ihnen seit Generationen Früchte geerntet worden waren. Und alles strahlte in herrlichstem Sonnenlicht.
    Wir schritten durch das hohe Gras bis zum Wasser, das sanft, ohne Gezeiten, schien mir, in kleinen Wellen ans Ufer spülte; und wenn es hell und klar zurückwich, glitzerten die Kiesel und Steine im Licht.
    Ich konnte weder rechts noch links ein Ende der Uferlinie erkennen, doch in der Feme sah ich die felsigen Hügel zum Wasser hinabreichen wie die Wurzeln riesiger Bäume.
    Ich schaute umher. Überall felsige Hügel, die sich in der Feme zu Bergen erhoben, sanfte Anhöhen und Haine voller Obstbäumen, aber auch dunkle Höhlenschlünde.
    Memnoch sagte nichts. Er war niedergeschlagen und traurig und starrte auf das Gewässer hinab und zum fernen Horizont, wo das Wasser sich den Weg durch die Berge, die es einzuschließen drohten, erzwang und weiter hinten sich unserer Sicht entzog.
    »Wo sind wir?« fragte ich leise.
    Er ließ sich Zeit mit der Antwort. Schließlich sagte er. »Von den Offenbarungen der Evolution habe ich dir fürs erste alles, was ich sah, berichtet - wenn es auch nur ein magerer Überblick über all das ist, was du erfahren wirst, wenn du stirbst. Was nun noch fehlt, ist der Kernpunkt meiner Geschichte, und ich würde ihn dir gerne hier erzählen. Hier an diesem wunderbaren Ort, obwohl die Flüsse schon längst in der Erde versickert sind, vergangen wie die Männer und Frauen, die damals hier umherstreiften. Und um deine Frage zu beantworten, laß mich dir sagen: Hier, an dieser Stelle war es, wo Er mich schließlich hinabstieß aus dem Himmel. Dies ist der Ort meines Falls.«

Kapitel 12
    G ott rief: ›Warte!‹, und so sah ich mich an den Himmelstoren aufgehalten, zusammen mit meinen Gefährten, also den Engeln, die sich mir gewöhnlich anschlössen. Michael, Gabriel und Uriel, die nicht zu ihnen gehörten, waren auch da.
    ›Memnoch, mein Ankläger, sagte Gott. Er sprach die Worte mit der für ihn charakteristischen Sanftmut, und er strahlte in gleißendem Licht. ›Bevor du nun den Himmel betrittst und deine Schmähungen ausstößt, sollst du dich wiederum auf die Erde hinabbegeben. Nutze jede Gelegenheit, alles die Menschen Betreffende sorgfältig und ehrfürchtig zu studieren, denn dann kannst du, wenn du zu mir zurückkommst, meine Worte besser auffassen und verstehen. Ich sage dir nun, daß die Menschheit ein Teil der Natur und den Naturgesetzen unterworfen ist, deren Entfaltung du mit ansehen konntest. Niemand außer mir sollte das besser verstehen als du.
    Doch geh, sieh selbst. Dann, und erst dann, will ich im Himmel eine Zusammenkunft einberufen, an der alle Engel teilnehmen sollen, Engel aller Rangstufen und jeglicher Wesensart, und dann will ich hören, was du zu sagen hast. Nimm diejenigen mit, die gleich dir nach Antworten suchen, und laß die Engel bei mir zurück, die nie einen anderen Wunsch, ein anderes Interesse oder einen anderen Gedanken hatten, als in meinem Licht zu leben.«
    Wir gingen langsam den schmalen

Weitere Kostenlose Bücher