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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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im Himmel hast du es bewiesen.‹
    ›Doch ich brachte nur so wenige! Herr, wenn Du doch nur aus Fleisch und Blut wärest, wenn Du doch nur hinabgegangen wärest wie ich -‹
    »Memnoch, Vorsicht!‹
    ›Nein, Herr, vergib mir, aber meine tiefgreifendsten Gedanken will ich Dir nicht vorenthalten, und diese Überlegungen in Sachen Logik sagen mir: Gingest Du leibhaftig hinab, wie ich es tat, würdest Du diese Geschöpfe besser kennenlernen.
    Denn Du glaubst, Du kennst sie, doch Du kennst sie nicht!‹
    Keine Antwort.
    ›Herr, Dein Licht durchdringt den menschlichen Leib nicht. Es verwechselt ihn mit dem des Tieres, und so war es schon immer! Herr, Du magst alles wissen, jedoch weißt Du nicht jede kleinste Kleinigkeit! Das kann nicht sein, sonst überließest Du diese Seelen in Scheol nicht ihren Höllenqualen. Und Du würdest es nicht zulassen, daß die Menschen auf der Erde leiden, ohne die Zusammenhänge zu verstehen. Das glaube ich nicht! Ich glaube, das könntest Du nicht! Ich glaube es einfach nicht.‹
    ›Memnoch, ich habe es nicht nötig, mich zu wiederholen.‹
    Darauf antwortete ich nicht.
    ›Ich gehe sehr freundlich mit Dir um‹, sagte Gott.
    ›Ja, das tust Du, aber Du irrst in dieser Angelegenheit, denn immerdar und in Ewigkeit brächte man Dir Lobgesänge dar! Und Herr - diese Seelen dort unten könnten zu Dir kommen, Dir Lob und Preis zu singen!‹
    ›Ich brauche die Hymnen nicht, Memnoch‹, sagte Er.
    ›Warum singen wir dann?‹
    ›Du, du von all meinen Engeln, bist der einzige, der mich anklagt! Der kein Vertrauen in mich hat. Nun, diese Seelen, die du von Scheol hierherbrachtest, vertrauen mir im Gegensatz zu dir! Daß sie der Weisheit Gottes vertrauten, gehörte doch gerade mit zu deinen Auswahlkriterien!‹
    Doch er konnte mich nicht zum Schweigen bringen: ›Herr, als ich in menschlicher Verkörperung auf Erden wandelte, machte ich eine Erfahrung, die all meine vorherigen Vermutungen bestärkte, und alles, was ich seither sah, hat es bestätigt.
    Was erwartest Du, Herr, soll ich Dir Lügen erzählen? Meine Zunge Dinge sagen lassen, die schlichte Unwahrheiten sind? Herr, mit der Menschheit hast Du etwas geschaffen, das Du selbst nicht völlig durchschaust! Es gibt keine andere Erklärung, denn wenn es eine gäbe, dann gäbe es die Natur nicht und die Naturgesetze.‹ ›Geh mir aus den Augen, Memnoch. Entfeme dich von mir, geh hinab auf die Erde, und misch dich in nichts ein, hörst du?‹
    ›Herr, probiere es selbst aus. Begib Dich ins Fleisch, wie ich es tat. Du, der Du alles vollbringen kannst, hülle Dich in Fleisch -‹
    ›Schweig, Memnoch.‹
    ›Oder wenn Du es nicht wagst, wenn es des Schöpfers nicht würdig ist. Seine Schöpfung bis in die kleinste Zelle zu verstehen, dann laß alle Lobgesänge verstummen, von Menschen und Engeln! Laß sie verstummen, da Du sagst, Du brauchst sie nicht, und dann sieh, was Deine Schöpfung Dir bedeutet!‹ ›Ich verstoße dich, Memnoch!‹ verkündete Er, und im gleichen Augenblick erschien vor meinen Augen wieder der gesamte Himmel mitsamt seinen Millionen geretteter Seelen, mitsamt allen Engeln, und vor mir standen Michael und Raphael und sahen mit Entsetzen, wie ich zurückgedrängt wurde, durch die Tore gezwungen wurde und hinein in den wirbelnden Sturm.
    ›Du hast kein Erbarmen mit Deiner Schöpfung, Mein Gott!‹ brüllte ich aus voller Lunge, um das Dröhnen der bedrückenden Gesänge zu übertönen. ›Die Menschen, nach Deinem Bilde geschaffen, haben recht, Dich zu verachten, denn neun von zehn wären besser nie geboren worden!‹«
    Memnoch hielt inne.
    Er runzelte ganz leicht die Stirn, gerade nur einen Moment lang ein kleines, absolut symmetrisches Stirnrunzeln, dann neigte er den Kopf, als lausche er auf etwas. Schließlich wandte er sich langsam mir zu.
    Ich hielt seinem Blick stand.
    »Genau das hättest du doch auch getan, nicht wahr?« fragte er.
    »Gott steh mir bei«, sagte ich. »Ich weiß es wirklich nicht.«
    Die Landschaft veränderte sich. Noch während wir einander ansahen, füllte sich die Welt mit neuem Leben. Ich bemerkte Menschen in der näheren Umgebung, Männer mit Ziegen- und Schafherden, und in weiter Feme sah ich die Mauern einer Stadt und oberhalb davon eine kleine Siedlung auf einem Hügel. Tatsächlich befanden wir uns nun in einer recht bevölkerten Welt, archaisch zwar, doch so ganz anders als die heutige war sie auch wiederum nicht.
    Natürlich konnten uns diese Leute weder hören noch sehen. Das wußte

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