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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Grund hielt ich als junges Mädchen die Bibel für wahr - weil sie dieses gewisse Etwas hatte. Doch in meinem Leben finden sich immer wieder solche Muster. Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis: Genau an dem Tag, an dem ich mir als Kind wünschte, meine Mutter wäre tot, verschwand sie für immer aus meinem Leben. Ich könnte dir noch mehr Beispiele dieser Art aufzählen. Aber was ich eigentlich sagen will, ist, daß ich von dir lernen will. Du hast also Notre-Dame betreten, und Gott erschlug dich nicht.«
    »Ich werde dir sagen, was ich wirklich amüsant fand«, sagte ich. »Das war vor zweihundert Jahren in Paris, vor der Revolution. Es gab damals schon Vampire in Paris, sie lebten auf einem riesigen Friedhof, Les Innocents, der ist längst dahin. Doch damals lebten sie dort in den Katakomben unter den Grabstätten. Und sie fürchteten sich, Notre-Dame zu betreten. Als sie mich hineingehen sahen, dachten sie ebenfalls, jetzt werde Gott mich erschlagen.«
    Sie betrachtete mich ziemlich gelassen.
    »Damals habe ich ihren Glauben zerstört. Sie glaubten an Gott und den Teufel, obwohl sie doch Vampire waren. Irdische Wesen wie ich, halb Dämon, halb Mensch, ungebildet, fehlbar, und sie glaubten, Gott werde sie strafen.«
    »Und ehe du kamst, hatten sie tatsächlich einen Glauben?«
    »Ja, eine regelrechte Religion hatten sie. Sie hielten sich für Diener des Teufels, glaubten, sie seien dazu ausersehen. Sie waren Vampire, aber sie führten ein elendes Dasein, das sie bewußt als eine Strafe ansahen. Man könnte vielleicht sagen, ich war ein Fürst. In einem roten, mit Wolfspelz gefütterten Mantel streifte ich großspurig durch Paris; doch dieser Mantel, der gehörte zu meinem menschlichen Leben. Beeindruckt dich das, daß Vampire gläubig waren? Durch mich änderte sich alles für sie. Ich glaube, das haben sie mir niemals verziehen, die paar, die überlebten, wenigstens nicht. Es gibt nämlich nicht mehr sehr viele von uns.«
    »Einen Moment«, unterbrach sie mich. »Ich möchte dir zuhören, aber ich muß dich zuerst etwas fragen.«
    »Ja?«
    »Mein Vater - wie geschah das? Ging es schnell und…«
    »Ich kann dir versichern, es war absolut schmerzlos«, sagte ich, indem ich mich ihr zuwandte und sie ansah.
    »Er hat es mir selbst bestätigt. Kein Schmerz.«
    Sie sah aus wie eine Eule - blaß und mit riesigen dunklen Augen, so daß sie sogar ein bißchen angsteinflößend wirkte. Ich meine, so wie sie aussah und da sie eine solche Stärke ausstrahlte, hätte sie einen Sterblichen leicht einschüchtern können.
    »Dein Vater starb in einer Art Ohnmacht«, erklärte ich, »ekstatisch und erfüllt mit wilden Phantasien, bis er das Bewußtsein verlor. Sein Geist hatte den Körper schon verlassen, noch ehe sein Herz aufhörte zu schlagen. Wenn ich seinem Körper Gewalt angetan habe, so hat er es nicht gespürt. Wenn erst das Blut fließt, wenn ich trinke… nein, er hat nicht gelitten.«
    Ich drehte mich ganz ihr zu, ich wollte ihr ins Gesicht sehen. Sie saß mit untergeschlagenen Beinen, der Rocksaum entblößte ihre weißen Knie.
    »Hinterher habe ich zwei Stunden mit Roger gesprochen«, fuhr ich fort. »Zwei ganze Stunden. Er kam nur aus einem einzigen Grund zurück, nämlich, um sicherzustellen, daß ich auf dich achtgeben würde, damit seine Feinde dich nicht erwischen oder die Behörden und all die Leute, zu denen er Verbindung hatte. Und er wollte, daß sein Tod dich nicht mehr als nötig schmerzen sollte.«
    »Warum sollte Gott das tun?« flüsterte sie.
    »Was hat Gott damit zu tun? Hör zu, ich weiß nichts von Gott. Ich habe es schon gesagt. Ich betrat Notre-Dame, und nichts ist passiert, niemals, bis heute nicht…«
    Nun, das war ja wohl eine Lüge. Was war mit ihm? Türenschlagend hierherzukommen in seiner Tarnung als der Unauffällige, der arrogante Hund, wie konnte er es wagen?
    »Wie kann das Gottes Plan sein?« fragte sie.
    »Du meinst das wirklich ernst, nicht wahr? Sieh mal, ich könnte dir jede Menge solcher Geschichten erzählen. Diese Geschichte von den Pariser Vampiren, die an den Teufel glaubten, ist nämlich erst der Anfang! Weißt du, da… da…«
    Ich brach ab.
    »Was ist los?«
    Dieses Geräusch. Diese langsamen, gemessenen Schritte! Kaum hatte ich voller Mißachtung und Zorn an ihn gedacht, hörte ich auch schon seine Schritte.
    »Ich… wollte sagen…« Verzweifelt kämpfte ich, wollte ihn ignorieren. Doch ich hörte sie herannahen, sie drangen in mein Bewußtsein, undeutlich noch, aber

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