Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir
ich im Dämmerlicht leben, denn wo sie ist, gibt es eigentlich keine Dämmerung.
Sybelle begleitet mich oft, wenn ich jage. Sie mag es, mich trinken zu sehen. Ich hatte das noch nie einem Sterblichen erlaubt. Sie will mir immer helfen, die Reste zu beseitigen, aber ich bin stark und flink und kann das gut allein, so schaut sie meistens nur zu. Benji nehme ich nicht so gern mit auf diese Ausflüge, denn er wird kindlich wild und aufgeregt, und es tut ihm nicht gut. Bei Sybelle hat es hingegen gar keine Wirkung. Ich könnte noch mehr erzählen: wie wir das Verschwinden ihres Bruders erklärt haben, dass ich immense Summen Geldes auf die beiden übertragen und ihnen einen Anteil an dem Hotel, in dem sie wohnen, gekauft habe, auch mehrere gute Flügel zusätzlich, und dass ich mir in sicherer Entfernung vom Hotel einen Unterschlupf samt Sarg geschaffen habe, unauffindbar, einbruchsicher und unzerstörbar, obwohl ich häufiger in der Kammer schlafe, die sie mir in ihrem Apartment gaben, in dem die Samtvorhänge fest über dem zum Lichtschacht führenden Fenster schließen. Aber zur Hölle damit!
Du weißt, was du endlich erfahren sollst.
Was bleibt uns, als zu dem Augenblick zu kommen, der mich hierher brachte, in die Höhle der Vampire, mit meinem Bruder und meiner Schwester zur Seite, um endlich Lestat zu sehen.
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D as ist alles ein bisschen zu einfach, nicht wahr? Ich meine damit meine Verwandlung von dem inbrünstigen Kind vor der Kathedrale zu dem fröhlichen Monster, das eines Tages beschloss, es wäre an der Zeit, in den Süden zu reisen und seinen alten Freund zu sehen. Du weißt, warum ich herkam.
Als ich eintraf, warst du in der Kapelle. Du grüßtest mich mit unverhohlenem Wohlwollen, so froh warst du, mich zu sehen. Louis weinte fast.
Die anderen zerrauften, jungen Vampire, die sich herumdrückten, zwei Jungen und ein Mädchen, glaube ich, - ich weiß nicht, wer sie waren, nur, dass sie später verschwanden.
Ich war entsetzt, ihn völlig ungeschützt da liegen zu sehen. Und seine Mutter Gabrielle, in einer entfernten Ecke, starrte mich nur an, kalt, wie sie alles ansieht, als hätte sie nie von menschlichen Gefühlen gewusst.
Über die Anwesenheit der jungen Streuner war ich ebenfalls entsetzt und dachte sofort an meine beiden. Die Alten durften sie ruhig sehen, die Legenden, die alten Kämpen, dich, David, und unseren lieben Louis, Pandora und auch Marius, das machte mir keine Angst. Aber meine Kinder hätten nicht diesen gewöhnlichen Vampir-Plebs sehen sollen, und ich wunderte mich, was wahrscheinlich arrogant war, wie diese jungen Dinger überhaupt zustande kommen konnten. Wer hatte sie gemacht, und wann?
Da erwachte vermutlich das strenge, alte Kind der Finsternis in mir, der Ordensmeister, der einst bestimmte, wann und an wen das dunkle Blut weiterzugeben war. Aber diese alte Gewohnheit, Autorität auszuüben, ist betrügerisch und im besten Falle lästig. Ich hasste diese Mitläufer, weil sie Lestat betrachteten, als wäre er ein Jahrmarktsspektakel, ich wollte das nicht haben. Wut überfiel mich, der Wunsch zu zerstören. Aber wir haben heute keine Regeln mehr, die derart rasches Handeln erlauben. Und wer war ich, unter diesem Dach einen Tumult auszulösen? Ich wusste zwar nicht, dass du hier lebst, David, aber der Hausherr hatte dir sicher die Aufsicht über dieses Haus überlassen, und du ließest es zu, dass diese Rüpel um Lestat kreisten, obwohl ich bemerkte, dass keiner besonders nahe heranging.
Natürlich waren alle neugierig wegen Benji und Sybelle. Ich sagte den beiden leise, dass sie an meiner Seite bleiben sollten. Sybelle dachte sowieso nur daran, ob hier wohl irgendwo ein Klavier war, auf dem sie der Appassionata ganz neue Töne entlocken konnte. Und Benji schritt einher wie ein kleiner Krieger, mit Kulleraugen, aber fest zusammengepresstem, strengem, stolzem Mund.
Die Kapelle fand ich wunderschön. Wie auch nicht? Reine, weiß verputzte Wände, eine sanft gewölbte Decke und eine tiefe Nische, in der wohl einst der Altar gestanden hatte. Sie bewirkte, dass die Schritte hier köstlich widerhallten.
Die bunten Glasfenster glitzerten im Licht der Straßenlaternen in allen Farben, und das schlichte Muster gefiel mir genauso wie die schwarzen Buchstaben mit den Namen der einstigen Stifter. Ich mochte auch die alten Gipsstatuen, die ich mit dir zusammen von New York hergeschafft hatte. Damals hatte ich sie kaum angeschaut. Ich hatte mich vor den glasigen Augen gehütet wie vor
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