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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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mehr von diesem wundersamen Licht. Denk nicht daran.«
    »Nein, gnädiger Herr? Und wem zum Troste muss ich meinen Geist so sauber auskehren? Wer liegt denn hier im Sterben?« Er schüttelte den Kopf.
    »Nun macht schon, presst Euch ein paar blutige Tränen aus den Augen«, keuchte ich. »Und auf welche Art von Tod hofft Ihr für Euch
    - gnädiger Herr? Denn Ihr habt mir doch selbst erzählt, dass auch Ihr durchaus sterben könnt. Erklärt’s mir, los! Das heißt, wenn denn noch Zeit ist, ehe das Licht, das letzte, das ich noch zu sehen bekomme, vor meinen Augen erlischt, und die Erde das irdische Juwel verschlingt, das Ihr für so fehlerhaft hieltet!«
    »Niemals fehlerhaft«, hauchte er.
    »Kommt schon, wohin wollt Ihr gehen? Noch ein paar tröstliche Worte, bitte! Wie viele Minuten bleiben mir?«
    »Ich weiß es nicht«, flüsterte er. Er wandte sich ab und senkte den Kopf. Nie zuvor hatte ich ihn so verloren gesehen.
    »Zeigt mir Eure Hand«, murmelte ich schwach. »Es gibt heimliche Hexen, sie haben mir in den düsteren Ecken der Tavernen gezeigt, wie man aus der Hand liest. Ich werde Euch sagen, wann Ihr sterben müsst. Gibt mir Eure Hand.«
    »Du kommst zu spät«, sagte er. »Die Linien sind alle fort.« Er hielt mir die Handfläche hin. »Die Zeit hat ausradiert, was Menschen Schicksal nennen. Ich habe keines mehr.«
    »Es tut mir Leid, dass Ihr überhaupt gekommen seid«, sagte ich und drehte mich weg von ihm, lehnte den Kopf gegen das kühle, frische Leinen des Kissens. »Würdet Ihr mich nun wohl verlassen, mein geliebter Lehrer? Ich möchte lieber einen Priester haben und meine alte Pflegerin, wenn Ihr sie nicht nach Hause geschickt habt. Ich habe Euch immer von ganzem Herzen geliebt, aber ich will nicht in Eurer übermenschlichen Gegenwart sterben.«
    Durch einen Nebel sah ich seine Konturen, als er sich mir näherte. Ich spürte, wie seine Hände mein Gesicht umfingen, damit ich ihn anschaute. Ich sah das Glimmen seiner blauen Augen, eisige Flammen, undeutlich, doch mit wildem Feuer.
    »Gut denn, mein Schöner. Dies ist der Augenblick. Willst du mit mir kommen und wie ich sein?« Seine Stimme tönte voll und beruhigend, obwohl tiefe Pein darin klang.
    »Ja, ich gehöre Euch, auf immer und ewig.«
    »Und willst auf ewig und im Geheimen vom Blut der Übeltäter dich nähren, wie ich es tue, und willst diese Geheimnisse wahren bis zum Ende aller Zeiten, wenn es sein muss?«
    »Ja, das werde ich. Ich will es.«
    »Und willst von mir alles lernen, was ich dich lehren kann?«
    »Ja, alles.« Er hob mich aus dem Bett. Als ich gegen seine Brust sank, drehte sich alles in meinem Kopf, und der Schmerz bohrte so stark darin, dass ich einen leisen Schrei ausstieß.
    »Nur noch eine kleine Weile, mein Liebster, mein junger, wunder Liebster«, flüsterte er mir ins Ohr.
    Nachdem er mir sanft die Kleider ausgezogen hatte, senkte er mich in das warme Wasser des Bades und lehnte ganz vorsichtig meinen Kopf gegen den gefliesten Rand. Ich ließ meine Arme im Wasser treiben und fühlte es gegen meine Schultern schwappen. Mit den Händen schöpfte er das Wasser über meine Glieder. Zuerst wusch er mir das Gesicht, anschließend meinen Leib. Seine harten, seidigen Finger tasteten über mein Gesicht.
    »Nicht ein winziges Härchen von einem Bart ist zu sehen, und doch bist du da unten bestückt wie ein ganzer Mann. Und nun musst du dich über die fleischlichen Freuden erheben, die du so geliebt hast.«
    »Das werde ich, ich will es«, flüsterte ich. Ein entsetzliches Brennen fuhr über meine Wange. Der Schnitt dort riss weit auf. Ich wollte mit der Hand danach tasten, doch Marius hielt sie fest. Es war nur sein Blut, das er in die schwärende Wunde hatte tropfen lassen. Und während das Fleisch noch kribbelte und brannte, fühlte ich schon, wie sich der Schnitt schloss. Den Kratzer an meinem Arm und den noch kleineren auf meinem Handrücken behandelte er genauso. Mit geschlossenen Augen gab ich mich der zauberischen, lähmenden Wonne seines Blutes hin. Abermals kam seine Hand, glitt sachte über meine Brust, über meine Geschlechtsteile, untersuchte zuerst das eine, dann das andere Bein, vielleicht auf der Suche nach dem kleinsten Riss oder Makel der Haut. Wieder einmal übermannten mich diese wahnsinnigen, bebenden Schauer der Lust.
    Ich merkte, dass er mich aus dem Wasser hob und warm einwickelte. Dann kam der plötzliche Luftzug, der mir zeigte, dass er mich schneller als das Auge sehen konnte - davontrug. Der

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