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Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir

Titel: Chronik der Vampire 06 - Armand der Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ich muss es einfach haben«, flüsterte ich. »Diebesblut hat Kraft, ist es nicht so, edler Herr?«
    »Ach, Kind!«, rief er aus, und alle Entschlusskraft war dahin, »kommt Gottes Gerechtigkeit in so ungewöhnlicher Gestalt über mich?« Scharf schmeckte es, prickelnd und merkwürdig üppig, dieses menschliche Blut, das gewürzt war mit dem Wein, den er getrunken, und den Kräutern, die sein Mahl enthalten hatte, und im Licht der Lampen hatte es beinahe eine purpurne Farbe. Es floss über meine Finger, ehe ich Zeit hatte, es aufzuschlecken.
    Schon beim ersten Schluck spürte ich, wie sein Herz stehen blieb. »Geh es langsam an, Amadeo«, mahnte mein Herr flüsternd. Ich hielt mich zurück, und das Herz erholte sich.
    »So ist’s gut, sauge langsam, langsam, so dass das Herz dir das Blut entgegenpumpt, ja, ja, und sei behutsam mit deinen Fingern, damit er nicht unnötig leidet. Schließlich erleidet er schon das schlimmste Geschick, das es gibt, weil er weiß, dass er sterben muss.« Zusammen wanderten wir über den schmalen Kai. Kein Grund mehr, auf mein Gleichgewicht zu achten, auch wenn mein Blick sich in dem murmelnden, plätschernden Wasser verlor, das durch die steinernen Verbindungskanäle, die von der fernen See herführten, in Bewegung gehalten wurde. Ich hätte gern das feuchte, grüne Moos auf den Steinen berührt.
    Dann standen wir auf einer kleinen, verlassenen Piazza, vor den Portalen einer hohen, steinernen Kirche, die nun verriegelt waren. Alle Fenster waren dunkel, alle Türen verschlossen. Sperrstunde. Ruhe. »Noch einmal, mein Süßer, wegen der Kraft, die es dir verleihen wird«, sagte mein Herr, und seine tödlichen Fangzähne stießen in meine Haut, während seine Hände mich festhielten.
    »Würdest du mich überlisten? Würdest du mich töten?«, hauchte ich, als ich mich wiederum hilflos ihm ausgeliefert fühlte. Wie sehr ich meine übernatürlichen Kräfte auch anstrengte, es reichte nicht, seinem Griff zu entkommen.
    In einer gewaltigen Flutwelle wurde das Blut aus mir herausgesogen, bis meine Arme zitternd an mir herunterbaumelten, und meine Füße strampelten, als hinge ich am Galgen. Ich mühte mich verzweifelt, bei Bewusstsein zu bleiben. Ich stieß und schubste ihn. Doch das Blut floss und floss aus mir, aus all meinen Gefäßen heraus, hin zu ihm. »Und nun, Amadeo, hol es dir wieder von mir zurück.«
    Er versetzte mir einen kräftigen Stoß gegen die Brust. Das holte mich fast von den Füßen. Ich war so schwach, dass ich vornüber stolperte und erst im letzten Augenblick seinen Umhang erwischte. Ich zog mich hoch und klammerte mich mit dem linken Arm an seinen Hals. Er trat einen Schritt zurück, richtete sich hoch auf, um es mir recht schwer zu machen. Aber er hatte mich zu sehr herausgefordert, und ich war fest entschlossen, seiner Lektion zu spotten.
    »Fein, fein, mein liebster Herr«, sagte ich, während ich abermals seine Haut aufriss. »Jetzt habe ich dich, und ich werde dir jeden Tropfen aussaugen, wenn du nicht sehr schnell bist - sehr schnell!« Erst in diesem Augenblick merkte ich es. Ich hatte jetzt auch kleine Fangzähne!
    Er begann, leise zu lachen, und ich war endgültig hingerissen, weil der, von dem ich mich nährte, unter dem Ansturm dieser neuen Zähne auch noch lachte.
    Mit aller Kraft versuchte ich ihm das Herz aus der Brust zu reißen. Ich hörte seinen Aufschrei, dann sein erstauntes Lachen. Ich saugte sein Blut unaufhaltsam in mich hinein, und schluckte mit lauten, unanständigen Glucksern.
    »Los doch, ich will dich noch einmal schreien hören!«, flüsterte ich unter gierigen Schlucken, während ich die Wunde mit den Zähnen, diesen scharfen, langen, genau für eine solche Schlächterei gedachten Fangzähnen, die ich nun besaß, noch weiter aufriss. »Los, edler Herr, bitte um Gnade!«
    Sein Gelächter war entzückend.
    Ich sog sein Blut Zug um Zug in mich hinein, froh und stolz über sein hilfloses Lachen, über die Tatsache, dass er auf die Knie gesunken war, und ich ihn immer noch an der Kehle hafte, und dass er nun die Arme zu Hilfe nehmen musste, um mich fortzustoßen.
    Schließlich verkündete ich: »Ich kann keinen Tropfen mehr trinken!« und ließ mich auf das Pflaster fallen.
    Der frostige Himmel war schwarz, gespickt mit weiß gleißenden Sternen. Ich hielt den Blick darauf gerichtet und genoss ganz bewusst das Gefühl der Steine unter meinem Körper, der Härte, die ich unter Kopf und Rücken fühlte. Keinen Gedanken mehr zu verschwenden an den

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