Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
fantastisch, sie in so guter Verfassung zu sehen. Als ich die Rechnung beglich, zog sie Onkel Vervains goldene Taschenuhr hervor.
    »Das hätte ich beinahe vergessen«, sagte sie. Die Uhr war auf Hochglanz poliert und öffnete sich auf Fingerdruck mit einem hörbaren Schnappen. »Man kann sie natürlich nicht mehr vollständig reparieren«, erklärte sie, während sie sie liebevoll in der Hand hielt. »Aber ich finde es schön, sie zu besitzen. Siehst du? Die Zeiger sind bei zehn vor acht stehen geblieben.«
    »Glaubst du, dass das ein Hinweis ist?«, fragte ich vorsichtig. »Ich meine, blieb sie zum Zeitpunkt ihres Todes stehen?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Merrick mit einem kleinen Achselzucken. »Cold Sandra vergaß immer, sie aufzuziehen. Ich glaube, sie trug sie nur aus Gefühlsduselei immer in ihrer Tasche mit sich herum. Es ist eigentlich ein Wunder, dass sie sie nicht versetzt hat. Sie hat schon ganz andere Sachen versetzt.« Merrick steckte die Uhr wieder in ihre Handtasche und lächelte mich beschwichtigend an.
    Ich begleitete sie auf der langen Fahrt zum Flughafen und ging mit ihr bis zum Flugzeug. Kein Gefühlsüberschwang, bis zum letzten Augenblick. Wir waren zwei zivilisierte Menschen, die sich Lebewohl sagten und die sich bald schon wiedersehen würden.
    Doch dann riss etwas in mir auf. Es war ein süßes und gleichzeitig schreckliches Gefühl, und ich konnte es nicht unterdrücken. Ich nahm Merrick in die Arme.
    »Mein Schatz, meine Liebste«, sagte ich zu ihr, durchaus in dem Gefühl, mich zum Narren zu machen, weil meine ganze Seele nach ihrer Jugend, ihrer Hingabe verlangte. Sie widerstrebte nicht im Mindesten und gab sich meinen Küssen hin, dass es mir das Herz brach.
    »Es wird nie einen anderen geben«, flüsterte sie mir ins Ohr. Ich weiß noch, dass ich sie ein Stück von mir schob und bei den Schultern fasste. Dann wandte ich mich ab und ging schnell davon, ohne auch nur einen einzigen Blick zurückzuwerfen. Was tat ich dieser jungen Frau nur an? Ich hatte gerade meinen siebzigsten Geburtstag hinter mir. Und sie war nicht einmal fünfundzwanzig. Aber während der langen Fahrt zurück zum Mutterhaus wurde mir bewusst, dass ich mich einfach nicht in die geziemenden Schuldgefühle versenken konnte, und wenn ich mich noch so sehr bemühte.
    Ich liebte Merrick genauso, wie ich einst Joshua geliebt hatte, den Jüngling, für den ich der großartigste Liebhaber der Welt war. Auch Merrick war eine ständige Quelle der Versuchung für mich, und immer hatte ich sie geliebt, und nichts konnte mich je dazu bringen, diese Liebe mir selbst oder ihr oder Gott gegenüber zu verleugnen.
    In den folgenden Jahren lebte Merrick in Ägypten, aber etwa zweimal im Jahr, auf dem Weg nach Hause, nach New Orleans, machte sie in London Halt. Bei einem dieser Besuche wagte ich die kühne Frage, warum sie sich nicht für die Geschichte der Maja interessiere.
    Die Frage irritierte sie, glaube ich. Sie dachte nicht gern an den Dschungel und sprach noch weniger gern davon. Sie fand, dass mir das klar sein musste, doch sie reagierte gelassen. Sie erklärte, dass sich ihr beim Studium der Geschichte Mittelamerikas zu viele Hindernisse in den Weg stellten, besonders, was die verschiedenen Dialekte betraf, die ihr alle unbekannt waren. Außerdem fehlte ihr die Erfahrung in der archäologischen Feldarbeit dort. Ihre Ausbildung hatte sie nach Ägypten geführt, sie kannte die Schrift, die Legenden und die Geschichte des Landes. Sie wollte dort bleiben.
    »Magie ist überall gleich«, sagte sie immer wieder. Aber das hielt sie nicht davon ab, sie zu ihrem Lebenswerk zu machen. Es gibt noch ein Puzzlestück zu dem Rätsel Merrick. Während sie in dem Jahr nach unserem Trip in den Dschungel in Ägypten arbeitete, sandte Aaron mir eine merkwürdige Nachricht, die ich nie vergessen werde.
    Er teilte mir mit, dass die Nummernschilder des Wagens, den man im Sumpf gefunden hatte, die Behörden zu jenem Gebrauchtwagenhändler geführt hatten, der seine Kundinnen, Cold Sandra und Honey, ermordet hatte. Der nicht sesshafte Mann hatte ein langes Vorstrafenregister, so dass es nicht schwer gewesen war, ihn aufzuspüren. Aggressiv und von Natur aus gefühllos, war der Schurke im Laufe der Jahre in unregelmäßigen Ab ständen in die Autohandlung zurückgekehrt, wo er damals seine Opfer kennen lernte, und eine Menge Leute wussten, wer er war, und konnten ihn mit dem im Sumpf gefundenen Auto in Zusammenhang bringen.
    Es dauerte nicht lange,

Weitere Kostenlose Bücher