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Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs

Titel: Chronik der Vampire 07 - Merrick oder die Schuld des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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besonders irritierend. Im Herbst jenes schicksalsträchtigen Jahres, als sie fünfundzwanzig geworden war, schrieb Merrick mir wegen einer Reise zu der Höhle. Ich will hier versuchen, ihre Worte wiederzugeben:
     
    »David, ich kann keine Nacht mehr durchschlafen, ohne von meinem Großonkel Vervain zu träumen. Aber immer seltener bin ich in der Lage, mich an den Kern dieser Träume zu erinnern. Ich weiß nur, dass er von mir verlangt, noch einmal die Höhle in Mittelamerika aufzusuchen, in der ich als Kind schon einmal war. David, ich muss die Reise einfach machen! Nichts kann das verhindern. Die Träume sind zu einer Art Besessenheit geworden, und ich bitte dich, mich nicht mit logischen Einwänden gegen diese Fahrt zu bombardieren, von der du weißt, dass ich sie antreten muss.«
     
    Dann schrieb sie über ihre kostbaren Altertümer.
     
    »Ich habe mich durch den so genannten Olmekenschatz gewühlt und weiß nun, dass er gar nicht von den Olmeken stammt. Leider kann ich die wahre Herkunft nicht identifizieren, obwohl ich jedes Fachbuch, jeden Katalog über Artefakte aus jener Gegend besitze. Was den Ort selbst betrifft, so verfüge ich nur über meine Erinnerungen und einige schriftliche Anmerkungen von meinem Onkel und außerdem über die Unterlagen von Matthew Kemp, meinem einstigen geliebten Stiefvater. Ich möchte, dass du mich auf der Reise begleitest, auch wenn wir uns sicherlich nicht ohne weitere Begleitung aufmachen können. Bitte antworte so schnell wie möglich, ob du mitkommen willst. Wenn nicht, werde ich auf eigene Faust eine Expedition zusammenstellen.«
     
    Immerhin war ich fast siebzig Jahre alt, als ich diesen Brief erhielt. Merricks Worte stellten eine echte Herausforderung für mich dar, und zwar eine sehr unwillkommene. Obwohl ich mich nach dem Dschungel und den Erfahrungen, die er bot, sehnte, war ich doch besorgt, dass eine solche Fahrt über meine Kräfte gehen würde. Merrick erklärte weiterhin, dass sie lange Stunden mit der Sichtung der Gegenstände verbracht habe, die auf der damaligen Tour gefunden worden waren.
    »Sie sind tatsächlich aus früherer Zeit als das, was die Archäologen olmekisch nennen«, schrieb sie, »obwohl sie viele für die olmekische Kultur typische Spuren aufweisen - olmekähnlich wäre vielleicht das Wort für diesen Stil. Bei den Artefakten überwiegen Stilelemente, die wir dem asiatischen oder chinesischen Raum zuordnen würden, und dann ist da noch die Sache mit den fremdartigen Höhlenmalereien, die Matthew einigermaßen deut lich fotografieren konnte. Ich muss das Ganze einfach selbst untersuchen. Ich muss versuchen, abschließend zu klären, welche Beziehungen mein Großonkel zu diesem Teil der Welt hatte.«
    Ich rief Merrick noch am selben Abend von London aus an. »Hör zu, ich bin einfach zu alt, um mich noch einmal in den Dschungel aufzumachen«, sagte ich, »wenn er überhaupt noch existiert. Du weißt, überall werden die Regenwälder abgeholzt. Es könnte schon alles landwirtschaftlich genutzt sein. Außerdem gleichgültig, wie das Terrain aussieht, ich wäre zu langsam für dich.«
    »Aber ich möchte, dass du mich begleitest«, sagte sie schmeichelnd. »David, bitte tu’s doch! Wir richten uns in unserer Geschwindigkeit nach dir, und den Aufstieg zum Wasserfall bewältige ich allein, ohne dich.
    David, du warst vor Jahren im Amazonas-Urwald. Du weißt, was einen erwartet. Stell dir nur vor, wie es heute ist, mit jeder erdenklichen modernen Bequemlichkeit! Kameras, Scheinwerfer, Campingzubehör - wir werden jeden Schnickschnack haben. David, komm mit! Wenn du willst, kannst du ja in dem Dorf bleiben. Ich gehe allein zu dem Wasserfall. Mit einem modernen Vierradantrieb ist das ein Klacks.« Nun, es war mitnichten ein Klacks.
    Eine Woche später landete ich in New Orleans, entschlossen, ihr die Expedition auszureden. Man brachte mich ohne Umwege ins Mutterhaus, und ich war ein wenig irritiert, dass weder Aaron noch Merrick mich am Flughafen abgeholt hatten.

12
    Aaron empfing mich an der Tür.
    »Merrick ist in ihrem Haus in der Stadt. Der Hausmeister sagt, sie trinkt schon die ganze Zeit. Sie will nicht mit ihm reden. Ich habe seit heute Morgen stündlich bei ihr angerufen. Sie geht nicht ans Telefon.«
    »Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt?«, wollte ich wissen. Ich war zutiefst betroffen.
    »Warum? Du hättest dir nur während des ganzen langen Fluges Sorgen gemacht. Ich wusste ja, dass du unterwegs bist. Ich weiß, dass du der Einzige

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