Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
gewesen wäre. Weißt du, Eudoxia redete ständig über so etwas. Diese Bluttrinkerin konnte man nicht töten, und sie weigerte sich zu sagen, woher ihre großen Kräfte stammten. Eudoxia war das ein Rätsel – bis du nach Konstantinopel kamst und sie dich sah, Marius den Römer in den leuchtend roten Gewändern, der abends über den Platz schritt, bleich wie Marmor, doch mit dem Selbstbewusstsein eines sterblichen Mannes.«
    Sie hielt inne. Sie hob die Hand und legte sie an meine Wange. »Weine nicht. Das waren ihre Worte: ›Mit dem Selbstbewusstsein eines sterblichen Mannes.‹«
    »Woher hast du von Der Mutter und Dem Vater erfahren?«, fragte ich. »Und was bedeuten diese Worte für dich?«
    »Eudoxia sprach voller Staunen über sie. Sie sagte, du seiest unbesonnen oder verrückt. Aber weißt du, sie sagte erst dies und dann das Gegenteil, so war sie eben. Sie verfluchte dich, weil du Die Mutter und Den Vater nun hier in diese Stadt gebracht hattest, und doch wollte sie dich hier in ihrem Haus sehen. Und darum musste sie mich verbergen. Aber die Knaben ließ sie trotzdem hier, so wenig sorgte sie sich um die. Und ich wurde versteckt.«
    »Und Die Mutter und Der Vater? Weißt du, was es mit ihnen auf sich hat?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nur, dass du sie hast – oder hattest, als Eudoxia davon sprach. Sind sie die Ersten unserer Art?« Ich gab ihr keine Antwort. Aber ich glaubte ihr, dass sie nicht mehr wusste, so unwahrscheinlich das auch schien. Und nun tat ich es doch, drang ich in ihren Geist vor, nutzte meine Fähigkeit, um ihr Gestern und ihr Heute herauszufinden, ihre tiefsten Geheimnisse und ihre flüchtigsten Gedanken zu erfahren.
    Sie sah mich mit klaren, vertrauensvollen Augen an, als ob sie fühlte, was ich tat oder zu tun versuchte, und anscheinend wollte sie nichts vor mir verbergen.
    Aber erfuhr ich etwas? Nur, dass sie mir die Wahrheit gesagt hatte. Ich weiß sonst nichts über deine schöne Bluttrinkerin. Sie hatte Geduld mit mir, und dann spürte ich, wie tiefer Kummer wie eine Woge in ihr emporquoll. Ich habe Eudoxia geliebt. Du hast sie vernichtet. Und du kannst mich nun nicht allein zurücklassen. Ich stand auf und begann wieder im Zimmer umherzugehen. Die überladenen byzantinischen Möbelstücke schnürten mir die Luft ab. Die dicken gemusterten Wandbehänge schienen den Raum mit Staub zu sättigen. Und von diesem Gemach aus konnte man nicht einmal ein Stückchen Nachthimmel erspähen, denn es lag zu weit von dem Innenhof entfernt.
    Aber was wollte ich in diesem Augenblick eigentlich? Nur eines – von diesem Geschöpf befreit sein, nein, befreit davon, überhaupt von ihr zu wissen, befreit davon, sie wahrnehmen zu müssen. Davon, sie je erblickt zu haben.
    Jäh unterbrach ein Geräusch meine Gedankengänge, und ich merkte, dass Avicus und Mael endlich gekommen waren. Sie suchten sich ihren Weg durch die zahlreichen Räume bis zu diesem Gemach, traten ein und staunten, als sie diese wunderschöne junge Frau erblickten, die auf der Kante des riesigen, mit schweren Vorhängen versehenen Bettes saß. Ich blieb stumm, bis die beiden den Schock verarbeitet hatten. Avicus fühlte sich sogleich zu Zenobia hingezogen, wie zuvor zu Eudoxia, und dabei hatte sie noch nicht einmal ein Wort gesprochen.
    Mael sah ich an, dass er misstrauisch und ein wenig betroffen war. Er warf mir einen fragenden Blick zu. Ihn hatte die Schönheit der jungen Frau nicht verzaubert. Er war noch Herr über seine Gefühle Avicus trat näher an Zenobia heran, und während ich ihn beobachtete, während ich sah, wie seine Augen voller Leidenschaft aufloderten, da erkannte ich, wie ich aus dieser Situation herauskam, sah es ganz klar vor mir und fühlte gleichzeitig tiefes Bedauern darüber. Der feierliche Schwur, allein zu bleiben, lag mir so schwer auf der Seele, als hätte ich ihn um eines Gottes willen geleistet, und vielleicht war es ja auch so. Ich hatte ihn wegen Jener, die bewahrt werden müssen geleistet. Aber an die wollte ich jetzt nicht weiter denken, nicht in Zenobias Gegenwart.
    Was diese Kindfrau anging, nun, sie fühlte sich viel heftiger zu Avicus hingezogen – vielleicht auf Grund seiner sofortigen und ganz offensichtlichen Ergebenheit – als zu dem distanzierten, ein wenig misstrauischen Mael.
    »Danke, dass ihr gekommen seid«, sagte ich. »Ich weiß, dass ihr nicht vorhattet, einen Fuß in dieses Haus zu setzen.«
    »Was ist passiert, und wer ist dieses Geschöpf?«, fragte Mael. »Sie

Weitere Kostenlose Bücher