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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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herkamen, die sie bekämpfte, bis die Stadt ihr wieder allein gehörte.« Ich nickte, während ich all dem lauschte, und sie sprach so traumverloren und bekümmert, dass es mich ganz traurig machte. Was sie erzählte, entsprach ganz meinen Vermutungen.
    »Wie wirst du zurechtkommen, wenn ich dich hier zurücklasse?«, fragte ich.
    »Gar nicht«, antwortete sie. Sie sah mir in die Augen. »Du kannst mich nicht verlassen! Du musst dich um mich kümmern. Ich bitte dich. Ich weiß gar nicht, was es heißt, allein zu sein.« Ich fluchte leise in mich hinein. Sie hörte es, und ich sah den verletzten Ausdruck, den ihr Gesicht annahm. Ich stand auf und schritt im Zimmer umher. Ich warf einen Blick zurück auf sie, auf diese Kindfrau mit dem verletzlichen Mund und dem langen, locker herabfallenden Haar. »Wie heißt du?«, fragte ich.
    »Zenobia«, antwortete sie. »Wieso kannst du das nicht in meinen Gedanken lesen? Sie konnte immer meine Gedanken lesen.«
    »Das könnte ich auch«, sagte ich, »wenn du nichts dagegen hast. Aber ich möchte lieber deine Stimme hören. Deine Schönheit verwirrt mich. Wer machte dich zum Vampir?«
    »Einer ihrer Sklaven. Der, der Asphar hieß. Er ist ebenfalls tot, nicht wahr?«, fragte sie. »Sie sind alle tot. Ich sah die Asche.« Mit einer vagen Geste deutete sie zu den übrigen Räumen. Dabei murmelte sie ein paar Namen vor sich hin.
    »Ja«, sagte ich, »sie sind alle tot.«
    »Du hättest auch mich niedergemacht, wenn ich dabei gewesen wäre«, sagte sie mit der gleichen verwunderten, schmerzerfüllten Miene.
    »Vielleicht«, sagte ich. »Aber es ist vorbei. Es war eine Schlacht. Und es ändert sich alles, wenn die Schlacht vorbei ist. Hat sich noch jemand versteckt?«
    »Nein«, antwortete sie wahrheitsgemäß, »nur ich, zusammen mit einem sterblichen Sklaven, und der war auch verschwunden, als ich heute Abend erwachte.«
    Ich muss sehr niedergeschlagen ausgesehen haben, und genau so fühlte ich mich auch. Sie drehte sich um, griff mit langsamen, wie benommenen Bewegungen unter das schwere Polster am Kopfende des Bettes und zog einen Dolch hervor. Dann stand sie auf und kam zu mir. Sie hob den Dolch mit beiden Händen, sodass die Spitze auf meine Brust wies. Sie starrte vor sich hin. Das lange Haar fiel in Wellen auf ihre Schultern.
    »Ich sollte Rache üben«, sagte sie, »aber du wirst mich abwehren, wenn ich es versuche.«
    »Lass es sein«, sagte ich in dem gleichen ruhigen Ton, in dem ich die ganze Zeit über zu ihr gesprochen hatte. Sanft schob ich den Dolch zur Seite. Dann legte ich meinen Arm um sie und führte sie zurück zum Bett.
    »Warum gab dir nicht Eudoxia selbst das Blut?«, fragte ich. »Ihr Blut war für uns zu mächtig. So sagte sie. Alle ihre Bluttrinker-Sklaven hatte sie jemandem fortgenommen, oder ein anderer hatte sie unter ihrer Anleitung geschaffen. Sie sagte, ihr Blut dürfe mit niemandem geteilt werden. Schweigen und große Stärke gingen damit einher. Wenn man einen zum Bluttrinker macht, kann man anschließend seine Gedanken nicht mehr wahrnehmen. Das sagte sie uns. Deshalb schuf Asphar mich, und danach konnte ich ihn nicht hören und er mich nicht. Sie musste uns in Abhängigkeit halten, und das ging nur, wenn wir nicht ihrem mächtigen Blut entstammten.«
    Eudoxia war die Lehrerin gewesen, das schmerzte mich nun, und dass sie tot war, auch.
    Das junge Geschöpf betrachtete mich forschend, und dann fragte sie mit ganz kindlicher Stimme: »Warum willst du mich nicht? Was kann ich tun, damit du mich willst?« Sie fuhr in zärtlichem Ton fort: »Du bist sehr schön mit deinem blassgoldenen Haar. Wirklich, du siehst aus wie ein Gott, so groß und mit deinen blauen Augen. Selbst Eudoxia fand dich schön. Das sagte sie zu mir. Ich durfte dich ja nicht sehen, aber sie sagte mir, dass du den Nordmännern glichest. Sie beschrieb, wie du in deinen roten Gewändern umhergingst…«
    »Sprich bitte nicht weiter«, sagte ich. »Du musst mir nicht schmeicheln. Das nützt nichts. Ich kann dich nicht mitnehmen.«
    »Warum nicht?«, fragte sie. »Weil ich von Der Mutter und Dem Vater weiß?«
    Ich war schockiert. Vielleicht sollte ich doch ihre Gedanken lesen, alle, ihren Geist plündern, ihr ganzes Wissen an den Tag bringen, dachte ich, aber ich mochte es nicht tun. Ich wollte dieses Gefühl intimer Nähe mit ihr nicht erleben. Ihre Schönheit war zu viel für mich, ich konnte es nicht verleugnen.
    Anders als meine makellose Pandora strahlte dieses liebliche Ding

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