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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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kopfschüttelnd rückwärts. »Wir haben die Reinheit Satans! Du kannst mich nicht verlocken, das aufzugeben, nicht mit all deiner Macht und all deinen Künsten. Und ich entbiete dir ein Willkommen.«
    Ich hatte etwas in ihm entfacht, ich sah es in seinen schwarzen Augen. Er fühlte sich von mir, von meinen Worten angezogen, aber er konnte es nicht zugeben.
    »Aus euch wird nie ein Heer werden«, sagte ich. »Die Welt wird es nicht zulassen. Ihr seid ein Nichts. Gebt eure Kostümierung auf. Und macht nicht weiter neue Bluttrinker für euren kindischen Kreuzzug.«
    Abermals rückte er näher, als wäre ich ein Licht und er eine Motte. Er schaute mir in die Augen, zweifellos in dem Versuch, meine Gedanken zu lesen, ohne aber mehr als das, was ich in Worte gefasst hatte, zu finden.
    »Wir besitzen solch erstaunliche Gaben«, sagte ich, »und es gibt so viel zu sehen, zu lernen! Komm, begleite mich in die Papstkapelle, damit du die Gemälde siehst, von denen ich sprach.« Er schob sich noch näher heran, und sein Gesichtsausdruck wechselte.
    »Jene, die bewahrt werden müssen«, sagte er, »was sind sie?« Es war wie ein heftiger Schlag – dass wieder einmal jemand das Geheimnis kannte, ein Geheimnis, das ich tausend Jahre lang so gut gehütet hatte.
    »Das wirst du nie erfahren«, antwortete ich. »Nein, hör doch! Sind sie etwas Irdisches, oder sind sie heilig?«, fragte er.
    Ich griff nach ihm, aber mit unerwarteter Flinkheit entwischte er mir.
    Ich rannte ihm nach, packte ihn, riss ihn herum und zerrte ihn zum Kopf der schmalen Treppe, die den Hügel hinabführte.
    »Komm mir nie wieder in die Nähe, hörst du!«, drohte ich. Er wehrte sich verzweifelt gegen mich. »Wenn ich will, kann dich mit der Kraft meiner Gedanken töten! Und warum tue ich es nicht? Warum verzichte ich darauf, euch alle umzubringen, euch elende Ratten? Weil ich die Gewalttätigkeit und Grausamkeit einer solchen Tat verabscheue, obwohl ihr viel übler seid als der Sterbliche, der wegen meines Durstes heute Nacht sterben musste.« Er versuchte sich wild strampelnd von mir loszureißen, aber er hatte natürlich nicht die geringste Chance.
    Warum habe ich ihn nicht vernichtet? War meine Seele immer noch erfüllt von diesen wunderbaren Gemälden? War mein Geist zu sehr auf die Welt der Sterblichen eingestimmt, um sich wieder in diesen bodenlosen Schmutz hinabziehen zu lassen? Ich weiß es nicht. Eines weiß ich jedoch, dass ich ihn die Steinstufen hinunterstieß, sodass er sich mehrmals elendig und ungeschickt überschlug, bis er dann unten mühsam auf die Füße kam. Er schaute mich wütend, mit hassverzerrtem Gesicht an. »Ich verfluche dich, Marius!« Er zeigte mit diesen Worten erstaunlichen Mut. »Ich verfluche dich und dein geheimes Wissen über Jene, die bewahrt werden müssen!« Sein Aufbegehren verblüffte mich.
    »Ich warne dich, Santino«, sagte ich, auf ihn niederschauend, »halte dich von mir fern. Seid Wanderer im Weltenlauf, nehmt mit offenen Augen den Glanz und die Schönheit alles Menschlichen wahr. Seid wahre Unsterbliche! Nicht Anbeter des Satans! Nicht Diener eines Gottes, der euch in eine christliche Hölle verbannen will. Aber was immer ihr tut, bleibt mir vom Leibe, euch selbst zuliebe.« Er stand wie festgewurzelt in seiner Wut und schaute zu mir hoch. Und dann kam mir der Einfall, ihm eine kleine Warnung zukommen zu lassen, zumindest wollte ich den Versuch wagen. Ich schürte die Gabe des Feuers in mir, spürte, wie sie machtvoll aufloderte, und dämpfte sie sorgfältig, dann schickte ich sie Santino entgegen und ließ sie am Saum seiner Mönchskutte lecken. Sofort fing der Stoff um seine Füße an zu glimmen, und er tat entsetzt einen Sprung rückwärts. Ich ließ die Kraft versiegen. Um und um drehte er sich in seinem Schrecken, riss sich die versengte Kutte vom Leib und stand nur mit einer langen weißen Tunika bekleidet da, den Blick starr auf den qualmenden Stoff am Boden geheftet.
    Abermals schaute er mich an, furchtlos wie zuvor, aber wutentbrannt wegen seiner Hilflosigkeit.
    »Nun weißt du, was ich dir antun könnte«, sagte ich, »komm mir also nie wieder in die Nähe.« Und dann ließ ich ihn stehen und ging fort. Ich zitterte, wenn ich nur an ihn und seine Anhänger dachte. Ich zitterte bei dem Gedanken, dass ich vielleicht nach all diesen Jahren die Gabe des Feuers wieder benutzen müsste. Ich zitterte in der Erinnerung daran, wie ich Eudoxias Sklaven vernichtet hatte. Es war noch nicht einmal Mitternacht. Mich

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