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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Schließlich nahm der Jüngling für beide das Wort, mit wankendem Mut zwar, doch Mut war es.
    »Tu Botticelli nichts an!«, forderte er mich auf. »Tu ihm nichts an! Nimm dir den Abschaum, ja, nur zu gerne! Aber nicht Botticelli, nie und nimmer.«
    Ich lachte traurig und leise, ließ den Kopf in den Nacken sinken und lachte und lachte.
    »Ich tu ihm nichts«, sagte ich, »ich liebe ihn nicht weniger als ihr. Und nun verschwindet! Oder, glaubt mir, ihr beide werdet keine weitere Nacht erleben. Geht!«
    Zurück in der Gruft in den Bergen, weinte ich um Botticelli. Ich schloss die Augen und trat in den Garten ein, wo Flora ihre zarten Rosen auf den Teppich aus Gras und Blüten streute. Ich streckte die Hand aus und berührte das Haar einer jugendlichen Grazie.
    »Pandora«, flüsterte ich. »Pandora, dies ist unser Garten. Sie alle waren schön wie du.«

 
     
     
17
     
    I n den darauf folgenden Wochen füllte ich den Schrein in den Alpen mit vielen neuen Kostbarkeiten.
    Ich kaufte goldene Lampen und Weihrauchgefäße. Auf den Märkten in Venedig erwarb ich edle Teppiche und goldene Seidenstoffe aus China.
    Bei florentinischen Näherinnen bestellte ich neue Gewänder für die Unsterblichen Eltern und kleidete sie dann voller Sorgfalt damit, nachdem ich sie von den Fetzen befreit hatte, die schon längst hätten verbrannt werden sollen.
    Währenddessen erzählte ich ihnen behutsam von den Wundern, die ich in der sich wandelnden Welt gesehen hatte. Ich zeigte ihnen schöne gedruckte Bücher und erklärte ihnen dabei die geniale Erfindung der Druckerpresse. In Florenz hatte ich auch einen flämischen Wandteppich erstanden, den ich über den Türen des Schreins aufhängte, und ich schilderte ihnen das Motiv darauf in allen Einzelheiten; so konnten sie ihn, wenn sie wollten, mit ihren scheinbar blinden Augen betrachten. Dann verpackte ich in Florenz meine Farbpigmente und das Öl und sonstige Malutensilien, die meine Bediensteten für mich erworben hatten, und brachte sie ins Gebirge in den Schrein, wo ich mich daranmachte, die Wände mit Gemälden in dem neuen Stil zu bedecken.
    Ich versuchte nicht mehr, Botticelli zu imitieren. Allerdings wandte ich mich wieder dem alten Motiv des Gartens zu, das mir Jahrhunderte zuvor so lieb gewesen war, und bald war ich wieder dabei, meine Venus, meine Grazien, meine Flora zu malen, und ich fügte in das Werk all die winzigen Details ein, die nur ein Bluttrinker wahrnehmen kann.
    Wo Botticelli das saftiggrüne Gras mit einem bunten Blumenteppich betupft hatte, brachte ich die kleinen Insektentierchen ans Licht, die sich unabänderlich darin verbargen, und darunter natürlich auch die buntesten und schönsten, die Schmetterlinge und vielfarbigen Nachtfalter. In der Tat verlor sich mein Stil in erschreckend ausufernden Einzelheiten, und bald waren Die Mutter und Der Vater von einem berauschenden Zauberwald umgeben, dem die Ei-Tempera-Farben einen Glanz verliehen, wie ich ihn in der Vergangenheit nie zustande gebracht hatte. Wenn ich mich gründlich hineinvertiefte, wurde mir selbst ein wenig schwindelig, und meine Gedanken schweiften zu Botticellis Garten, ja selbst zu dem Garten, von dem ich einst in Rom geträumt, den ich damals gemalt hatte – und dann musste ich mich aufrütteln und zur Ordnung rufen, weil ich nicht mehr wusste, wo ich gerade war.
    Die Königlichen Eltern schienen noch härter, aber auch unnahbarer denn je zu sein. Keine Spur von dem Schreckensfeuer war an ihnen mehr zu entdecken, ihre Haut war von reinstem Weiß. Und dass sie sich bewegt hatten, war so lange her, dass ich mich langsam fragte, ob ich alles, was geschehen war, nicht geträumt hatte – ob ich mir die Opferung Eudoxias nicht nur eingebildet hatte –, aber ich war inzwischen ganz versessen darauf, dem Schrein immer wieder für längere Zeit zu entkommen. Mein letztes Geschenk an Die Göttlichen Eltern – nachdem ich die Gemälde fertig gestellt und Akasha und Enkil mit neuen Schmuckstücken versehen hatte – war ein Gestell mit hundert Bienenwachskerzen, die ich mittels der Gabe des Feuers alle auf einmal für sie entzündete. Natürlich sah ich in den Augen der beiden keine Reaktion, dennoch bereitete es mir große Freude, ihnen dieses Spektakel darzubieten; und während die Kerzen herunterbrannten, blieb ich diese letzte Stunde bei ihnen und erzählte ihnen mit leiser Stimme von den Wundern der Städte Florenz und Venedig, die mir inzwischen so lieb geworden waren. Ich schwor ihnen, dass ich

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