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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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aufmerksam werden, und es wäre zu qualvoll für mich, wenn er den Fuß über meine Schwelle setzte. Ich war in den Mann verliebt, unbestreitbar. Aber es gab ja eine wunderbare Alternative.
    Die herrliche, glanzvolle Stadt Venedig zog mich an, mit ihren dunklen, sich dahinwindenden Kanälen und den unbeschreiblich majestätischen Palästen, deren geöffnete Fenster die sanften Winde der Adria einließen.
    Mir schien, dort könnte ich einen ganz neuen, aufsehenerregenden Anfang machen, wenn ich mir das beste Haus zulegte, das verfügbar war. Dann würde ich mir eine Schar junger Lehrlinge beschaffen, damit sie mir die Farben anrührten und Grundierung auf die Wände auftrugen, denen ich mich dann nach bestem Können widmete. Zuvor allerdings würde ich eine paar Übungsstücke auf Holzpaneelen und Leinwand anfertigen, um meine künstlerischen Fähigkeiten wieder aufzufrischen. Was nun meine Identität anging – nun, ich wäre Marius de Romanus, ein geheimnisumwitterter, unschätzbar reicher Mann. Mit einfachen Worten: Wenn Bestechung nötig war, damit ich in Venedig Aufenthaltsrechte erhielt, würden ich bestechen. Anschließend hieße es, sich in kleinem Kreise freigebig zu zeigen; auch plante ich, meine Lehrlinge großzügig zu versorgen und ihnen außerdem die bestmögliche Erziehung und Ausbildung zukommen zu lassen.
    Weißt du, weder Florenz noch Venedig gehörten damals einem Land an. Beide waren mächtige Stadtstaaten, was bedeutete, dass ich wie durch einen Graben von Botticelli getrennt wäre, wenn ich in Venedig blieb, und ich unterläge strengen venezianischen Gesetzen, die alle Bürger Venedigs gehorsam einhalten mussten. Was meine äußere Erscheinung betraf, beschloss ich, äußerst vorsichtig zu sein. Stell dir die Wirkung auf den menschlichen Geist vor, wenn ich mich in meiner ganzen eisigen Kälte offenbarte, ich, ein Bluttrinker von fünfzehnhundert Jahren mit schneeweißer Haut und leuchtend blauen Augen. Deshalb waren diese Abdeckmittel keine unbedeutende Angelegenheit. Nachdem ich mir in der Stadt Zimmer gemietet hatte, besorgte ich mir in einem Laden, der Düfte und Schminke feilbot, feinste tönende Salben und trug sie auf meine Haut auf. Das Ergebnis begutachtete ich gründlich in den klarsten Spiegeln, die es zu jener Zeit gab. Bald fand ich eine Mischung, die hervorragend geeignet war, um nicht nur meinen eisigen Teint dunkler zu machen, sondern auch die ganz kleinen Fältchen und Linien in meinem Gesicht wieder sichtbar vortreten zu lassen. Ich hatte gar nicht gewusst, dass diese menschlichen Linien überhaupt noch vorhanden waren, und war ganz entzückt, sie zu entdecken. Mir gefiel das Bild, das sich mir im Spiegel zeigte, ganz gut. Auch war der Duft der Salben recht angenehm, und ich dachte, dass ich mir diese Salbenmixtur regelmäßig herstellen lassen könnte, damit ich sie stets zur Hand hatte, wenn ich mich erst einmal im eigenen Haus niedergelassen hatte.
    Bis zur endgültigen Vollendung des Planes vergingen einige Monate. Das lag vor allem daran, dass ich mich in einen bestimmten, wunderschönen Palazzo verliebt hatte, dessen Fassade aus glitzernden Marmorplatten bestand. Bögen im maurischen Stil schmückten ihn, und die weiten Räume waren luxuriöser ausgestattet als alles, was ich bisher gesehen hatte, ob als Bluttrinker oder zu meinen Lebzeiten als Mensch. Die hohen Decken ließen mich staunen. So etwas hatten wir im alten Rom nicht gekannt, zumindest nicht in Privathäusern. Und auf dem flachen Dach war ein hübscher Garten angelegt, von dem aus man das Meer sehen konnte.
    Kaum dass die Tinte auf der Urkunde getrocknet war, ging ich daran, Mobiliar zu erwerben – kassettierte Bettgestelle, Schreibpulte, Stühle, Tische und was sonst gebraucht wurde, einschließlich golddurchwebter Vorhänge für alle Fenster –, alles so kostbar, wie man es sich nur vorstellen konnte. Um das Ganze zu organisieren, stellte ich einen gewandten Alten namens Vincenzo ein, der von freundlicher Wesensart und bei äußerst guter Gesundheit war. Ich hatte ihn, beinahe wie einen Sklaven, von einer Familie übernommen, die keine Verwendung mehr für ihn hatte und ihn nur noch – beschämend vernachlässigt – bei sich behielt, weil er die Söhne des Hauses erzogen hatte.
    In Vincenzo sah ich genau den Hausvorstand, den ich benötigte, wenn ich mein Vorhaben durchführen wollte, Lehrlinge bei ihren Meistern auszulösen, Knaben, die schon erlerntes Geschick für die Aufgaben mitbrachten, die ich

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