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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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überlassen könnte.
    Nein, Bianca war sicher vor mir.
    Ich wollte Amadeo, sonst niemanden. Ihn erzog ich, lehrte ich. Er war der kostbare Schüler für Das Blut. Die Nächte eilten dahin wie im Traum.
    Einige meiner Jungen besuchten nun die Hohe Schule. Einer unserer Lehrer starb. Vincenzo begann zu humpeln, und so stellte ich einen Assistenten ein, der die Gänge für ihn erledigte. Bianca hängte mehrere große Gemälde im Haus um. Die Luft war warm, alle Fenster standen offen, sodass wir ein großes Bankett oben auf dem Dach abhielten. Die Jungen sangen.
    In all der Zeit vergaß ich nie, die abdeckende Salbe auf meine Haut aufzutragen, um sie dunkler und menschlicher erscheinen zu lassen, nie versäumte ich, meine Hände damit einzureiben. Nie vergaß ich, als Blickfang edle Kleider und Juwelen anzulegen und Ringe zu tragen. Nie verharrte ich im Lichtkreis der Kerzen oder kam den Fackeln an den Haustüren oder in den Gassen zu nahe. Ich besuchte den Schrein Jener, die bewahrt werden müssen und verweilte dort in Nachdenken versunken. Ich schilderte Akasha meine Lage.
    Ich wollte dieses Kind – diesen Knaben, der nun zwei Jahre älter war als damals, als ich ihn entdeckt hatte –, und doch wünschte ich ihm alles andere, und meine Seele war im Zwiespalt, so wie Amadeos Herz. Nie zuvor hatte mich dieses Verlangen verzehrt, jemanden für mich, als meinen Gefährten, zum Bluttrinker zu machen, tatsächlich sogar einen jungen Menschen für diesen speziellen Zweck zu erziehen, ihn für Das Blut auszubilden, damit er der Beste seiner Art würde.
    Aber jetzt wollte ich es, und ich dachte jede wache Stunde nur daran, und der Anblick Der Mutter und Des Vaters in ihrer Kälte brachte mir keinen Trost. Es kam keine Antwort auf meine Gebete. Ich legte mich im Schrein nieder, und düstere, kummervolle Träume suchten mich heim.
    Ich sah den Garten, den ich seit Ewigkeiten auf die Wände malte, ich streifte wie immer darin umher, zwischen Bäumen, die sich unter der Last ihrer Früchte neigten. Amadeo kam und schritt an meiner Seite, und aus seinem Mund brach jäh ein eisiges, grausames Lachen.
    »Ein Opfer«, fragte er, »für Bianca? Wie kann das angehen?«
    Ich schreckte aus dem Schlaf und richtete mich auf, rieb mir die Oberarme und schüttelte den Kopf, um so auch den Traum abzuschütteln.
    »Ich weiß nicht«, flüsterte ich, als wäre er hier bei mir, als wäre sein Geist hierher zu mir geflogen. »Nur, als ich sie kennen lernte, war sie schon eine junge Frau, deren Erziehung vollendet war, die man ins gesellschaftliche Leben gezwungen hatte – eine Mörderin, ja, wirklich, eine Mörderin, eine Kindfrau, die schrecklicher Verbrechen schuldig ist. Und du, du warst ein hilfloser Knabe. Ich konnte dich formen, dich verändern, und ich tat es. Ja«, fuhr ich fort, »es stimmt, ich dachte, du wärest ein Maler, dachte, du hättest diese Gabe. Und ich weiß, dass sie immer noch in dir schlummert, und auch das verleitete mich. Aber letztlich weiß ich nicht, warum du mich so verwirrst und beunruhigst, ich weiß nur, dass es so ist.«
    Ich legte mich wieder zum Schlafen nieder, drehte mich auf die Seite, den Blick auf die glitzernden Augen Akashas, die schroffen Züge Enkils geheftet. Meine Gedanken wanderten durch die Jahrhunderte zurück zu Eudoxia; ich dachte an ihren grässlichen Tod. Ich sah wieder, wie ihr Körper am Boden des Schreins brannte, genau dort, wo ich jetzt lag.
    Ich dachte an Pandora. Wo ist meine Pandora? Und dann schlief ich endlich ein.
    Als ich zurück am Palazzo war, den ich üblicherweise über das Dach betrat, gefiel mir nicht, was ich vorfand, denn alle saßen feierlich bei Tisch, und Vincenzo erzählte ängstlich, dass ein »seltsamer Fremder« mich habe aufsuchen wollen, der nun im Vorraum unten warte und sich weigere einzutreten.
    Die Jungen, die dort beschäftigt gewesen waren, eines meiner Wandbilder fertig zu stellen, hatten den »seltsamen Fremden« schnell sich selbst überlassen. Nur Amadeo war geblieben, hatte lustlos an einer Kleinigkeit herumgewerkelt und dabei den »seltsamen Fremden« auf eine Weise betrachtet, die Vincenzo besorgt machte.
    Und zu allem Überfluss war auch noch Bianca zu Besuch gekommen, nämlich um mir etwas zu schenken, das sie mir aus Florenz mitgebracht hatte, ein kleines Bild von Botticellis Hand, und sie hatte ein paar unbehagliche Worte mit dem »seltsamen Fremden« gewechselt; bevor sie ging, hatte sie Vincenzo befohlen, ihn im Auge zu behalten. Ich begab mich

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