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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sehen sollten! Und ihr Haar! Ich glaube, ich war verliebter in ihr Haar als sie selbst.«
    »Das kann kaum möglich sein«, sagte ich leise. Ich sah ihr Bild in seinem Geist, und es mischte sich mit dem, das ich von ihr hatte.
    »Avicus hielt sich ans Lernen«, sagte er leicht verächtlich. »Er beherrschte schließlich das Griechische. Er las alles, was ihm unter die Finger kam. Du warst immer sein anfeuerndes Vorbild. Er imitierte dich. Er kaufte Bücher, ohne zu wissen, um was es sich handelte. Und er las ununterbrochen.«
    »Wer weiß? Vielleicht wusste er es ja doch«, meinte ich.
    »Ich weiß es besser!«, antwortete Mael. »Ich kenne euch beide, und er war ein Schwachkopf, der Gedichtbände und Geschichtsbücher sinnlos zusammenraffte. Er hielt nicht mal nach etwas Besonderem Ausschau. Er liebte Worte und Phrasen um des Klangs willen.«
    »Und wo und wie verbrachtest du die Stunden, Mael?«, fragte ich, und es klang kälter, als ich eigentlich wollte.
    »Ich jagte in den dunklen Hügeln außerhalb der Stadt«, entgegnete er. »Machte mich über Soldaten her. Du weißt schon, jagte die grausamen Übeltäter. Ich war der Vagabund, und die beiden zogen sich an, als gehörten sie zum kaiserlichen Hof.«
    »Haben sie je jemanden zum Bluttrinker gemacht?«
    »Nein!«, sagte er abfällig. »Wer wollte das wohl?« Ich reagierte nicht darauf, sondern fragte: »Und du? Du auch nicht?«
    »Nein«, sagte er. Er zog die Brauen zusammen und fragte: »Wo fände ich eine so starke Persönlichkeit?« Er wirkte etwas ratlos. »Woher sollte ich wissen, dass ein Mensch zäh genug wäre, um als Bluttrinker zu überdauern?«
    »So streifst du also allein durch die Welt.«
    »Irgendwann finde ich einen anderen Bluttrinker als Gefährten«, sagte er. »Schließlich habe ich in Rom diesen vermaledeiten Santino gefunden. Ich könnte einen von den Satansanbetern verführen. Die können doch nicht alle dieses elende Leben in den Katakomben mögen, mit ihren schwarzen Kutten und den düsteren lateinischen Gesängen.«
    Ich nickte. Er war bereit, ins Bad zu steigen. Ich wollte ihn nicht länger aufhalten. Als ich dann sprach, bemühte ich mich um Herzlichkeit. »Du siehst, das Haus ist riesig. Oben im ersten Stock, hinten rechts, ist ein abschließbarer Raum ohne Fenster. Wenn du willst, kannst du da am Tage schlafen.« Er lachte verächtlich auf. »Es ist schon gut mit den Kleidern, mein Freund; gib mir vielleicht noch ein paar Stunden zum Ausruhen.«
    »Das ist mir recht. Bleib hier, wo die andern dich nicht sehen. Da drüben ist das Bad, du kannst es benutzen. Ich komme wieder zu dir, wenn die Knaben alle schlafen.«
    Aber er tauchte zu früh auf. Er kam aus dem Schlafgemach in den großen Salon, als ich dort gerade Riccardo und Amadeo für den Abend entließ, mit der strengen Ermahnung, dass sie zu Bianca gehen dürften, aber sonst nirgends hin.
    Amadeo sah ihn. Für ein paar fatale Augenblicke sah er ihn abermals. Und ich wusste, etwas tief in ihm erkannte, was Mael wirklich war. Aber wie so vieles in Amadeos Kopf lief auch das unbewusst ab, und so machten sich die Jungen nach eine paar schnellen Küssen zu Bianca auf, um ihr vorzusingen und sich von allen umschmeicheln zu lassen.
    Ich war ungehalten, weil Mael sich aus dem Schlafzimmer gewagt hatte, aber ich sagte nichts.
    »Also wirst du aus ihm einen Bluttrinker machen«, sagte er, indem er auf die Tür deutete, durch die die beiden Knaben verschwunden waren. Er lächelte.
    In mir schwelte stille Wut. Ich warf ihm einen giftigen Blick zu. Wie stets in einer solchen Situation war ich zu keinem Wort fähig. Er stand da, lächelte ein unheilvolles Lächeln, und dann sagte er: »Marius mit den vielen Namen und den vielen Häusern und den vielen Leben. So hast du dir also einen schönen Knaben erwählt.«
    Ich ließ die Worte an mir abgleiten. Wie hatte er in meinem Geist lesen können, dass ich Amadeo begehrte? »Du bist sorglos geworden«, sagte er leise. »Hör auf mich, Marius. Ich will dir nicht zu nahe treten, aber du bewegst dich sehr unvorsichtig unter den Sterblichen. Und der Knabe ist sehr jung.«
    »Sag kein Wort mehr«, antwortete ich, während ich mit aller Gewalt meinen Zorn zügelte.
    »Vergib mir«, bat er. »Ich habe nur meine Meinung gesagt.«
    »Das weiß ich, aber ich will nichts mehr hören.« Ich betrachtete ihn von oben bis unten. Er sah in seinem neuen Aufzug recht stattlich aus, obwohl hier und da etwas falsch geknöpft und unordentlich geschnürt war, aber ich

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