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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Blick ruhte auf dem Gemälde. Wieder presste ich seine Lippen gegen meine Kehle.
    »Trink«, sagte ich. Aber der Rat war nicht mehr nötig. Er klammerte sich an mich. Er kannte Das Blut, wie ich ihn nun kannte.
    Wie oft wir unser Blut austauschten, weiß ich nicht mehr. Ich weiß nur, dass ich es seit jener Nacht in dem Druidenhain nie mehr so bis zur Vollkommenheit getan hatte, und deshalb überließ ich nichts dem Zufall und sorgte dafür, dass Amadeo, mein Zögling, so stark wie irgend möglich wurde. Und während er von mir trank, übermittelte ich ihm meine Lehren, meine Geheimnisse. Ich ließ ihn wissen, welche Gaben sich ihm eines Nachts eröffnen würden. Er erfuhr von meiner einstigen Liebe zu Pandora. Er erfuhr von Zenobia, von Avicus und Mael. Er erfuhr alle meine Geheimnisse, nur das eine, letzte nicht. Das behielt ich für mich.
    Und ich danke den Göttern, dass ich es für mich behielt. Dass ich es in meinem Herzen verschlossen hielt!
    Noch ehe der Morgen graute, war es vollbracht. Amadeos Haut war seltsam bleich, und seine dunklen Augen strahlten in einem feurigen Licht. Ich ließ meine Finger durch sein rötliches Haar gleiten. Abermals lächelte er mich an, wissend, mit dieser Miene stillen Triumphes.
    »Es ist jetzt vollbracht, Herr«, sagte er, als spräche er mit einem Kind.
    Und gemeinsam schritten wir zurück ins Schlafzimmer, wo er seine hübschen Samtkleider anlegte, ehe wir hinausgingen zum Jagen. Ich lehrte ihn, sein Opfer zu finden, indem er die Gabe des Geistes nutzte, um die Übeltäter zu erkennen, und dann stand ich ihm während der kurzen Zeit bei, in der sein Körper starb. Seine Kräfte waren schlicht gesagt ungeheuer. In nicht allzu langer Zeit würde er die Gabe des Schwebens beherrschen; seine Kraft war jetzt schon jeder Probe gewachsen. Und er konnte nicht nur die Gedanken der Sterblichen lesen, er konnte sogar einen Bannzauber wirken.
    Natürlicherweise war mir sein Geist verschlossen, wenn ich das auch immer noch nicht ganz akzeptieren mochte. Es war schon bei Pandora so gewesen, und doch hatte ich gehofft, dieses Mal wäre es anders, deshalb hatte ich es ihm nur zögernd erklärt. Nun musste ich also in seinem Gesichtsausdruck, seinen Gesten lesen und in der unergründlichen Tiefe seiner geheimnisvollen, ein wenig grausamen braunen Augen. Und natürlich war er nie schöner gewesen. Und nachdem dies alles vollbracht war, nahm ich ihn mit mir in den goldgeschmückten Raum, wo uns die beiden steinernen Sarkophage erwarteten, und ich sagte ihm, dass er hier bei Tage schlafen musste.
    Es schreckte ihn nicht. Eigentlich schreckte ihn gar nichts.
    »Was denkst du nun über deine Träume, Amadeo?«, fragte ich, während ich ihn im Arm hielt. »Was denkst du über deine Priester und die ferne gläserne Stadt?«
    »Herr, ich bin im Paradies«, antwortete er. »Venedig in seiner ganzen Schönheit war doch nichts anderes als das Präludium zu Dem Blut.«
    Wie schon tausendmal zuvor gab ich ihm den blutigen Kuss, und er nahm ihn entgegen und zog sich dann lächelnd zurück.
    »Wie anders dieser Kuss nun ist«, meinte er. »Süßer oder herber?«, fragte ich.
    »Oh, süß, sehr süß, denn du hast mein heißestes Verlangen erfüllt. Du zerrst mich nicht mehr herzlos am blutigen Faden hinter dir her.«
    Ich zerdrückte ihn fast in meiner liebevollen Umarmung.
    »Amadeo, mein Liebster«, flüsterte ich, und mir kam es vor, als ob die endlosen Jahrhunderte, die ich durchgestanden hatte, nur eine Vorbereitung auf das hier gewesen wären. Alte Bilder suchten mich heim, Traumsplitter. Doch nichts war wirklich außer Amadeo. Und Amadeo war hier.
    Und so trennten wir uns und legten uns zum Schlafen nieder, und als ich die Augen schloss, fürchtete ich nur eine einzige Sache auf der ganzen Welt – dass dieser Segen nicht von Dauer wäre.

 
     
     
22
     
    D ie nächsten Monate vergingen in einem unvorstellbaren Rausch von Freiheit und Vergnügen.
    Amadeo war ein echter Gefährte und gleichzeitig mein Schüler, und mit sanftem Zwang und maßvollen Regeln brachte ich ihn dazu, zu lernen, was ich für notwendig erachtete. Dazu gehörten Lektionen in Rechtskunde und Staatsführung, in Geschichte und Philosophie, und natürlich mein Unterricht, in dem er lernte, wie sich ein Bluttrinker verhielt, und dem widmete er sich mit einer fröhlichen Bereitschaft, die alle meine Träume überstieg. Ich hatte befürchtet, er werde sich auf Grund seiner Jugend auch an unschuldigen Menschen vergreifen. Doch als

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