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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ihre glänzenden Augen auf mich.
    »Ich will dich nicht mehr sehen«, sagte ich. Ich bebte. »Ich will dich nicht mehr sehen, denn wie konntest du so etwas sagen? Du gibst mir die Schuld daran, dass Santino mir mein Kind nahm! Ich kann dich nicht mehr ertragen. Du kannst überhaupt nicht verstehen, welche Last ich all die Zeit mit mir herumgeschleppt habe und wie oft ich es schon beklagt habe! Was, glaubst du, würde dein kostbarer Santino tun, wenn er Die Mutter und Den Vater in die Hände bekäme? Wie viele von seinen Dämonen könnte er herbeischaffen, um sie von den Eltern trinken zu lassen? Und wer weiß, was die Eltern in ihrem ewigen Schweigen alles zulassen würden? Wer weiß, wonach ihnen vielleicht schon lange der Sinn steht?«
    »Du hast dich mir als ein schlechter, verantwortungsloser Bruder erwiesen«, sagte sie kalt, während sie sich umsah. »Warum überlässt du mich nicht gleich den Wölfen im Wald? Aber geh. Ich will dich nicht mehr sehen. Erzähl deinen Gelehrten von der Talamasca, wo du mich abgesetzt hast, vielleicht bieten sie mir gütiges Asyl. Fort mit dir! Egal wie, fort mit dir! Ich will dich hier nicht haben.«
    Obwohl ich mich bis zu dieser Sekunde an jedes ihrer Worte geklammert hatte, ließ ich sie nun im Stich. Stunden gingen dahin. Ich zog durch die Lüfte, ohne zu wissen, wohin, und bewunderte die Landschaft, die wie ineinander zerfließende Farben unter mir dahinflog. Meine Kraft war größer denn je! Wenn ich nur den Versuch wagte, könnte ich England sicher ganz leicht erreichen. Ich sah die Berge, dann das Meer, und plötzlich spürte ich einen solchen Schmerz in meiner Seele, dass ich nicht anders konnte – ich wollte freiwillig zu ihr zurückkehren.
    Bianca, was habe ich getan? Bianca, ich bete, dass du ausgeharrt hast!
    Aus dem endlosen, dunklen Firmament fand ich irgendwie wieder zu ihr zurück. Sie saß in einer Ecke des Raumes, in dem ich sie verlassen hatte, in sich gekehrt und reglos, so wie zuvor in dem Schrein. Als ich vor ihr auf die Knie sank, warf sie die Arme um meinen Hals. Ich umarmte sie schluchzend.
    »Bianca, meine Schöne, es tut mir so Leid, ach, es tut mir so Leid, meine Liebste«, murmelte ich.
    »Marius, ich liebe dich von ganzem Herzen und in alle Ewigkeit!« Sie weinte ebenso ungehemmt und tränenreich wie ich.
    »Mein teurer Marius«, sagte sie, »nie habe ich jemanden geliebt, wie ich dich liebe. Vergib mir.«
    Wir konnten lange Zeit nicht aufhören zu weinen, und dann brachte ich sie wieder zurück in den Schrein, wo wir zu Hause waren, und ich tröstete sie und kämmte ihr das Haar und flocht die dünnen Perlenschnüre hinein, sodass sie bald wieder ganz reizend aussah.
    »Was wollte ich eigentlich sagen?«, flehte sie. »Ich weiß es nicht! Natürlich hättest du keinem von denen trauen können. Und wenn du ihnen Die Königin und Den König gezeigt hättest, hätte sehr gut die scheußlichste Anarchie daraus entstehen können!«
    »Ja, das ist das passende Wort«, stimmte ich zu, »die scheußlichste Anarchie.« Ich warf ein schnellen Blick auf die starren, passiven Mienen der beiden Eltern, dann fuhr ich fort: »Du musst verstehen – oh, wenn du mich liebst, dann musst du erkennen, welche Macht in ihnen schlummert.« Ich hielt inne. »Siehst du? Sosehr ich ihr Schweigen auch bedauere, aber vielleicht ist es ja für sie eine Art innerer Frieden, in den sie sich freiwillig zurückgezogen haben, zum Besten aller.«
    Das war der Kern der Sache, die Quintessenz, und das wussten wir beide, glaube ich.
    Ich fürchtete mich vor dem, was geschehen könnte, wenn Akasha sich je von ihrem Thron erhöbe, wenn sie je spräche oder sich bewegte. Mein Verstand sagte mir, dass Grund genug zur Furcht bestünde.
    Aber dennoch glaubte ich, und nicht nur in jener Nacht, dass, wenn Akasha je von ihrem Thron aufstünde, sie eine göttlich süße Milde verströmen würde.
    Nachdem Bianca in den Schlaf gesunken war, kniete ich vor der Königin nieder, unterwürfig, wie ich es inzwischen ihr gegenüber als normal empfand – was ich aber Bianca nie hätte sehen lassen.
    »Mutter, ich hungere nach dir«, flüsterte ich. Ich hob fragend die Hände. »Erlaube, dass ich dich berühre und dir meine Liebe zeige. Sag mir, wenn ich mich geirrt habe. Hätte ich die Satansjünger in deinen Schrein einlassen sollen? Hätte ich dich Santino in deiner ganzen Lieblichkeit zeigen sollen?«
    Ich schloss kurz die Augen. Als ich sie wieder aufschlug, bat ich leise: »Ihr Unwandelbaren,

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