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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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gebracht, sich aus seiner elenden Existenz zu lösen? Wutentbrannt machte ich mich an einen der einsamen Bluttrinker heran und versetzte ihn in heftigen Schrecken, aus gutem Grund, wie ich fand.
    »Was ist mit Santino und dem römischen Ordern los?«, wollte ich wissen.
    »Sie sind weg! Alle! Schon vor Jahren verschwunden«, antwortete er. »Aber wer bist du, dass du über diese Geschichten etwas weißt?«
    »Santino«, fragte ich nur, »wo ist er hin? Los doch, sag es!«
    »Aber das weiß keiner«, erklärte der andere. »Ich habe ihn nie zu Gesicht gekriegt.«
    »Aber jemand hat dich umgewandelt. Wer war das?«
    »Der lebt immer noch in den Katakomben, wo sich früher die Ordensbrüder versammelten. Aber er ist wahnsinnig. Er kann dir nicht weiterhelfen.«
    »Mach dich gefasst! Gleich stehst du Gott oder dem Teufel gegenüber!«, sagte ich und bereitete ihm ein schnelles Ende – ein recht barmherziges, fand ich. Und dann war von ihm nichts übrig als ein talgiger Fleck am Boden, den ich mit dem Fuß verschmierte, ehe ich mich in die Katakomben begab.
    Es stimmte. Nur einen Bluttrinker gab es hier noch, doch immer noch die Berge von Schädeln, wie vor über tausend Jahren. Der Bluttrinker war ein schwafelnder Schwachkopf; als er mich in meinen kostbaren, modischen Kleidern sah, starrte er mich an und sagte: »Der Teufel kommt in vornehmem Gewand.«
    »Nein, der Tod ist es«, gab ich zurück. »Ich habe vorhin einen Bluttrinker getötet. Du hattest ihn umgewandelt. Warum?« Mein Geständnis hatte keine Wirkung auf ihn. »Ich erschaffe hin und wieder einen, um einen Gefährten zu haben. Und wozu ist es gut? Sie lassen mich alle im Stich!«
    »Wo ist Santino?«, wollte ich wissen. »Schon lange fort! Wer hätte das wohl je gedacht?« Ich versuchte, in seinem Geist zu lesen, aber er war zu wirr im Kopf, und seine Gedanken schweiften unkonzentriert umher. Es war, als jagte man aufgescheuchte Mäuse. »Sieh mich an! Wann hast du ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Ach, das ist Jahrzehnte her«, antwortete er. »Ich weiß das Jahr nicht mehr. Was sind schon Jahre hier unten?«
    Ich konnte aus ihm nichts Vernünftiges herausholen. Ich schaute mich in dem elenden Loch um, in dem ein paar Kerzen ihr Wachs auf vergilbte Schädel tropften, und dann griff ich diese Kreatur an und zerstörte sie mit der Gabe des Feuers ebenso barmherzig wie den anderen zuvor. Und hier, glaube ich, war es wirklich eine barmherzige Tat.
    Ein Bluttrinker war noch übrig, und er führte ein weit besseres Leben als die beiden andern. Eine Stunde vor Sonnenuntergang entdeckte ich ihn, in einer sehr ansehnlichen Bleibe. Mühelos fand ich heraus, dass er unter dem Haus ein Versteck hatte, seine Mußestunden jedoch lesend oben in den wohl ausgestatteten Räumen verbrachte. Und er kleidete sich recht erträglich. Außerdem stellte ich fest, dass er meine Anwesenheit nicht spüren konnte. Er wirkte wie ein Mann in den Dreißigern, und er war seit etwa dreihundert Jahren ein Bluttrinker. Schließlich brach ich die Tür zu dem Haus auf und stellte mich vor ihn hin. Er sprang entsetzt von seinem Schreibtisch auf.
    »Santino! Was ist aus ihm geworden?«, platzte ich ohne Umschweife heraus.
    Obwohl er sich bis zum Rand voll getrunken hatte, war er hager, doch von schwerem Knochenbau, und hatte langes schwarzes Haar. Er ging zwar in der Mode des siebzehnten Jahrhunderts, doch die Spitzenbesätze seiner eleganten Kleidung waren befleckt und staubverklebt.
    »In Teufels Namen, wer seid Ihr?«, flüsterte er. »Wo kommt Ihr her?« Auch bei ihm stellte ich diese wirr durcheinander wirbelnden Gedanken fest, die mich daran hinderten, etwas aus seinem Geist lesen zu können.
    »Ich werde dir darauf noch zufrieden stellend antworten. Aber zuerst deine Antwort! Santino – was ist mit Santino passiert?« Dabei ging ich bewusst ein paar Schritte auf ihn zu, was ihn vor Schreck erstarren ließ.
    »Beruhige dich«, sagte ich schließlich, während ich abermals versuchte, seine Gedanken zu lesen, doch vergebens. »Versuch nicht zu fliehen, es hätte keinen Zweck«, warnte ich ihn. »Antworte mir!«
    »Ich sage dir schon, was ich weiß«, stotterte er voller Angst. »Ich hoffe für dich, dass das eine ganze Menge ist!« Er schüttelte den Kopf.
    »Ich kam aus Paris hierher«, sagte er bebend vor Furcht. »Ein Vampir namens Armand schickte mich her, der ist der Anführer des Ordens dort.«
    Ich nickte beiläufig, als löste dieser Name nicht die schrecklichsten Qualen in mir

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