Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
Lieber«, sagte sie. »Unsere Augen trafen sich einen Moment. Geh zu ihr. Ich weiß, wie sehr du dich danach sehnst, sie zu sehen.«
    Ich blickte eine ganze Weile auf Bianca nieder, schaute ihr in die schönen Augen und gab ihr einen Kuss. Sie trug ein reizendes Ballkleid aus violetter Seide und hatte nie wunderbarer ausgesehen. Ich küsste sie noch einmal herzlich wie je.
    Danach öffnete ich meine Schränke und kleidete mich für den Ball an, wählte meinen schönsten roten Rock mit der passenden Spitzenwäsche und dazu die gewaltige Lockenperücke, wie es die Mode gerade verlangte.
    Dann hastete ich die Stufen hinab zu meiner Kutsche. Als ich mich umschaute, sah ich, dass Bianca mir aus dem Pavillon hinterhersah. Sie hob die Hand an die Lippen und warf mir einen Kuss zu. Sobald ich den herzoglichen Palast betreten hatte, spürte ich die Gegenwart des Asiaten, und ehe ich noch an den Türen zum Ballsaal war, trat er aus einem dämmerigen Vorraum und legte mir eine Hand auf den Arm.
    Ach, wie lange wusste ich schon von diesem üblen Geschöpf, und nun stand ich ihm gegenüber. Aus Indien, ja, und wirklich überaus schön, mit großen schwarzen Augen und makelloser zimtfarbener Haut. Sein weicher, aufreizender Mund lächelte. Er trug einen dunkelblauen Satinrock, unter dem verspielte, ungewöhnlich gemusterte Spitzenrüschen hervorschauten. Er schien mit riesigen Diamanten förmlich gespickt zu sein, Diamanten aus Indien, die dort ja vergöttert wurden. Die Ringe an seinen Fingern waren ein Vermögen wert, und die Schnallen und Knöpfe an seiner Kleidung nicht minder.
    »Marius«, sagte er. Er verbeugte sich förmlich, mit einer Geste, als lüfte er einen Hut, den er nicht trug.
    »Du wirst natürlich Pandora sehen wollen«, sagte er.
    »Willst du mich davon abhalten?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte er mit einem Schulterzucken, »wie kommst du darauf?« Er sprach überaus höflich. »Ich versichere dir, Marius, sie hat schon viele abblitzen lassen.« Er schien es vollkommen ehrlich zu meinen.
    »So hörte ich«, gab ich zurück. »Ich muss sie sehen. Wir beiden können später miteinander reden. Ich muss jetzt zu ihr.«
    »Nun gut«, sagte er, »ich bin geduldig.« Abermals hob er die Schultern. »Ich bin immer geduldig. Mein Name ist Arjun. Ich freue mich, dass wir uns endlich treffen. Selbst mit dem römischen Schurken Santino, der behauptete, dir den Garaus gemacht zu haben, war ich geduldig. Damals war sie so unglücklich, dass ich ihn bestrafen wollte. Aber ich tat es dann doch nicht. Ich richtete mich nach ihren Wünschen und tat ihm nichts. Was für ein armseliger Tropf er doch war! Und wie sehr er sie liebte. Aber ich gehorchte, wie gesagt, ihren Wünschen. Das werde ich auch heute Nacht tun, wie stets.«
    »Das ist sehr freundlich von dir«, entgegnete ich; meine Kehle war wie zugeschnürt, sodass ich kaum ein Wort herausbekam. »Erlaube mir nun zu gehen. Auf diesen Augenblick habe ich länger gewartet, als du dir vielleicht vorstellen kannst. Ich kann mich unmöglich weiter mit dir unterhalten.«
    »Oh, ich kann mir gut vorstellen, wie lange du schon wartest«, meinte er. »Ich bin älter, als du denkst.«
    Ich nickte und zog mich langsam von ihm zurück. Ich konnte es nicht mehr aushalten und betrat den Ballsaal. Das Orchester spielte einen der beliebten leichten Tänze jener Zeit, der munter dahinplätscherte und nichts von dem Feuer späterer Musik hatte, und der üppig ausgestattete Raum quoll über von strahlenden Gesichtern und eifrigen Tänzern und funkelnden Farben. Ich spähte in der fröhlichen Menge umher, während ich langsam am Rand des Raumes dahinschlenderte.
    Ganz plötzlich sah ich sie. Sie wusste nicht, dass ich hier war. Ihr Begleiter hatte ihr keinen warnenden Gedanken geschickt. Sie saß allein, kunstvoll in ein modisches Gewand mit eng geschnürtem Seidenmieder gehüllt, die kostbar verzierten Röcke weit ausgebreitet und ihr liebliches weißes Gesicht umrahmt von ihrem braunen, ungepuderten Haar, das zu einer komplizierten Frisur aufgesteckt und mit Rubinen und Diamanten geschmückt war. Ich lehnte mich an das Klavichord, lächelte den Musikanten, die so hervorragend spielten, wohlwollend zu, drehte mich dann um und heftete den Blick auf Pandora. Wie betrübt ihre Miene war, wie unnahbar und wie unaussprechlich schön. Betrachtete sie die Farben ringsum, so wie ich? Fühlte sie die gleiche sanfte Liebe zu den Sterblichen wie ich? Was würde sie tun, wenn sie merkte, dass ich sie

Weitere Kostenlose Bücher