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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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solches Ausspähen zwangsläufig auch einen geistigen Pfad öffnete, durch den sie umgekehrt mich als ihren Beobachter sehen konnten, so war ich doch in der Lage, mich schnell vor ihnen zu verschließen, nachdem ich sie entdeckt hatte.
    Außerdem spürte ich jetzt immer sehr schnell, wenn sie nach meiner Anwesenheit suchten, und natürlich hörte ich – ja, hörte – ihre Schritte, wenn sie sich in der Umgebung meines Hauses befanden.
    Und ich ließ Menschen in mein Haus!
    Dazu entschied ich mich eines Abends, als ich träumend in meinem Garten im Grase lag. Ich würde regelrechte Festmahle geben! Ich würde die berüchtigten Männer und die schlecht beleumundeten einladen. Ich würde für Musik und gedämpftes Licht sorgen. Ich betrachtete die Sache von allen Seiten! Ich wusste, dass ich es hinkriegen könnte. Ich wusste, dass ich die Sterblichen in Bezug auf meine Natur narren könnte, und ihre Gesellschaft würde meine Einsamkeit lindern! Wenn ich mich für den Tag zur Ruhe legte, tat ich das nicht in meinem Hause, sondern in einem Versteck weitab davon, welche Gefahr sollte also diese meine Entscheidung für mich bringen? Keine! Es war ganz leicht zu bewerkstelligen.
    Natürlich würde ich niemals von meinen Gästen trinken! Sie würden unter meinem Dach stets gefahrlos meine Gastfreundschaft genießen. Ich würde im Schutze der Dunkelheit in weit entfernten Bezirken jagen. Mein Haus jedoch – mein Haus wäre erfüllt von Herzlichkeit und Wärme, von Musik und Leben.
    Nun, ich machte mich ans Werk, und es stellte sich als viel einfacher heraus, als ich mir je erträumt hätte.
    Nachdem ich meine lieben, gutmütigen alten Sklaven angewiesen hatte, den Tisch reich mit Speisen und Getränken einzudecken, holte ich die nicht besonders angesehenen Philosophen ins Haus, damit sie mir mit ihren Gesprächen die Nacht vertrieben, und ich lauschte ihren ausschweifenden Reden, wie ich den Kriegsgeschichten der alten, unbeachteten Soldaten lauschte, die ihre eigenen Kinder nicht mehr hören wollten.
    Ach, es war etwas Wunderbares – diese Leute in meinem Haus zu haben, Sterbliche, die dachten, ich gehöre zu den Lebenden, wenn ich zustimmend nickte und sie sachte drängte, ihre weinseligen Geschichten zu erzählen. Es wärmte mich, und ich wünschte, dass Pandora bei mir wäre, um es zu genießen, denn das war genau das, was sie sich für uns gewünscht hätte. Bald schon war mein Haus nie mehr leer, und ich machte die erstaunliche Entdeckung, dass ich, wenn ich plötzlich von dieser angetrunkenen, hitzigen Gesellschaft genug hatte, ganz einfach aufstehen, in meine Bibliothek gehen und mich zum Schreiben niedersetzen konnte, denn die bezechten Gäste redeten einfach untereinander weiter, merkten kaum, was ich tat, und rafften sich gerade mal auf, mir grüßend zuzunicken, wenn ich wieder zurückkam.
    Weißt du, keiner dieser nicht sehr ehrenwerten und schlecht angesehenen Gesellen wurde mein Freund. Ich war nur ein herzlicher Gastgeber, ein Publikum, das ihnen lauschte, ohne zu kritisieren, und der bis zum Morgengrauen nie jemanden abwies. Aber es war doch etwas ganz anderes als meine vorherige Abgeschiedenheit, und ohne das stärkende Blut Akashas und ohne den Hader mit Mael und Avicus hätte ich diesen Schritt nie gemacht.
    Und so war mein Haus neuerdings voller Leute und voller Lärm, und die Weinverkäufer suchten mich auf, um mir den neuen Jahrgang anzubieten, und junge Männer kamen zu mir und baten mich, mir ihre Lieder anzuhören. Selbst ein paar tonangebende Philosophen erschienen dann und wann an meiner Tür und ganz selten auch einmal einer der berühmten Gelehrten, und deren Anwesenheit genoss ich besonders, wobei ich dafür sorgte, dass das Lampenlicht gedämpft war und die Zimmer schön dämmerig, aus Furcht, dass diese scharfsinnigen Denker entdecken könnten, dass ich nicht war, was ich zu sein vorgab.
    Was meine Besuche in dem Schrein bei Jenen die bewahrt werden müssen anging, so war ich stets in aller Heimlichkeit unterwegs, da ich nun meinen Geist noch besser abschirmen konnte als zuvor. Und in bestimmten Nächten – wenn das Festmahl in meinem Hause auch gut ohne mich auskommen konnte, wenn ich mich sicher vor jeder Störung wusste – ging ich zu dem Schrein und erledigte die Arbeiten, die meines Erachtens Akasha und Enkil, die Bedauernswerten, erfreuen würden.
    Anstelle der Mosaiken, die mir in Antiochia als so schwierig erschienen waren, wenn ich auch Erfolge verzeichnete, verlegte ich mich in

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