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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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an, so scheint es, war es eine Religion, in der immer heftig gestritten und sich bekriegt wurde. Sie buhlte um die Gunst der weltlichen Machthaber und vereinnahmte sie in der Hoffnung, ihre vielen Meinungsverschiedenheiten durch puren Zwang zu lösen. All dies beobachtete ich mit Verwunderung. Natürlich gab es unter meinen Gästen wilde Diskussionen darüber. Es sah so aus, als ob einige, die an meiner Tafel speisten, an den Christengott glaubten – und dies schon vorher getan hatten. Nun war es bekannt und öffentlich, doch der Wein floss, und die Musik spielte weiter.
    Versteh, ich hatte keine Angst vor oder eine Abneigung gegen das Christentum. Wie ich schon sagte, ich beobachtete nur sein Wachstum mit Verwunderung.
    Und nun – nachdem zehn Jahre verstrichen waren, in denen sich Konstantin das Reich nur unwillig mit Licinius teilte – sah ich Veränderungen, die mitansehen zu müssen ich nie geglaubt hätte. Ganz offensichtlich waren die früheren Verfolgungen völlig wirkungslos gewesen. Das Christentum war ein glänzender Erfolg.
    Mir kam es so vor, als hätte sich römisches Gedankengut mit christlichen Ideen vermischt. Vielleicht sollte man sagen, dass sich verschiedene Stile miteinander vermischt hatten, verschiedene Weltanschauungen.
    Schließlich, als Licinius besiegt war, wurde Konstantin alleiniger Herrscher über das Reich, und wir sahen alle römischen Provinzen endlich wieder vereint. Konstantin fühlte sich offensichtlich immer stärker durch die Uneinigkeit der Christen betroffen, und wir hörten in Rom von großen christlichen Konzilen im Osten des Reiches. Das erste fand in Antiochia statt – wo ich mit Pandora gelebt hatte –, das immer noch eine große Stadt war und in vieler Hinsicht zu diesem Zeitpunkt vielleicht lebendiger und interessanter als Rom.
    Der Grund für Konstantins Unzufriedenheit war das Abweichen der Arianer von der Lehrmeinung der Kirche und hing mit etwas so Unbedeutendem in der Heiligen Schrift zusammen, dass es Konstantin kaum einer Diskussion wert schien. Nichtsdestoweniger wurden bestimmte Bischöfe aus der aufstrebenden Kirche ausgeschlossen, und ein weiteres bedeutendes Konzil wurde nur zwei Monate später in Nicaena abgehalten, wo Konstantin abermals den Vorsitz führte.
    Dort wurde das Nicaenische Glaubensbekenntnis eingeführt, das auch in heutiger Zeit noch von den Christen gesprochen wird. Die Bischöfe, die dieses Bekenntnis unterzeichneten, verurteilten und exkommunizierten den Theoretiker und christlichen Schriftsteller Arius als Ketzer und ließen seine Schriften verbrennen. Er selbst sollte aus seiner Heimatstadt Alexandria verbannt werden. Das Urteil war unanfechtbar.
    Aber es lohnt sich, anzumerken, dass Arius seinen Kampf um Anerkennung fortsetzte, auch noch, nachdem das Konzil ihn ausgeschlossen hatte. Ein weiterer aufregender Punkt dieses Konzils war die Frage, wann genau das Osterfest, die Auferstehung Christi, tatsächlich stattgefunden hatte – etwas, das im Christentum noch immer verwirrend ungeklärt war. Es wurde ein Entschluss gefasst, wie dieses Datum zu errechnen sei, und man wählte ein westliches Kalendersystem. Damit endete das Konzil. Dann wurden die Bischöfe, die an dem Konzil teilgenommen hatten, zum Bleiben eingeladen, um mit dem Imperator die Feier seines zwanzigjährigen Thronjubiläums zu begehen, und das taten sie natürlich, denn wie hätten sie ablehnen können? Aber sobald die Nachricht von diesen aufwändigen Festlichkeiten Rom erreichte, gab es dort viel Neid und Unzufriedenheit. Rom fühlte sich übergangen. Und so war man doch höchst erleichtert und erfreut, als sich im Januar des Jahres 326 der Imperator auf den Weg zurück in unsere Stadt machte.
    Noch bevor jedoch Konstantin dort eintraf, wurden mit seinem Namen schreckliche Taten in Verbindung gebracht. Aus unerfindlichen Gründen unterbrach er seine Reise und tötete sowohl seinen Sohn Crispus als auch seinen Stiefsohn Licinianus, und dazu noch seine Gattin, die Kaiserin Faustina. Die Historiker werden in alle Ewigkeit über diese Geschehnisse rätseln. In Wahrheit weiß keiner genau, aus welchen Gründen Konstantin so handelte. Vielleicht gab es eine Verschwörung gegen ihn. Vielleicht auch nicht. Lass mich hier anmerken, dass das alles einen düsteren Schatten über seine Ankunft in Rom warf und sein Eintreffen letztlich in der alten herrschenden Klasse kein Aufatmen auslöste, denn er kam in Seide und damastene Stoffe gekleidet, ganz im extravaganten Stil des

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