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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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besaß ich als Einziger, und zwar unbeschränkt. Zumindest innerhalb unseres Hauses gab es keine räumliche Begrenzung, das heißt, ich konnte Holz entflammen, egal, wie weit ich davon entfernt war. Was nun lebende Wesen anging – ein paar unglückliche Nager wurden meine Opfer. Selbst aus großer Entfernung konnte ich sie mit Leichtigkeit in Flammen aufgehen lassen.
    Was unsere körperliche Kraft anging, nun, die war viel größer, als wir je vermutet hatten. Wie bei den anderen Fähigkeiten stach ich auch hier hervor, dann folgte Avicus, und Mael reihte sich als Dritter ein.
    Aber ich hatte noch etwas anderes gespürt, als ich bei Eudoxia war, und ich versuchte, es den beiden zu erklären.
    »Als wir kämpften, versuchte sie, mich mit der Gabe des Feuers zu verbrennen, da bin ich mir ganz sicher, denn ich spürte die Hitze. Ich stellte mich ihr mit einer anderen Kraft entgegen, ich setzte eine Art Druck dagegen ein. Aber das muss ich erst noch genauer erforschen.«
    Ich wählte für diese Übungen wiederum die armen Ratten. Ich hielt eine fest und setzte dieselbe Kraft ein, mit der ich mich gegen Eudoxia zur Wehr gesetzt hatte. Die Kreatur explodierte, mit Feuer jedoch hatte das nichts zu tun. Da wusste ich, dass ich außer der Gabe des Feuers noch ein anderes Talent zur Verteidigung eingesetzt hatte; man könnte es die Gabe des Tötens nennen. Wenn ich diese Kraft einem Sterblichen gegenüber benutzte – was ich nicht vorhatte –, würden dessen innere Organe zerfetzt werden.
    »Nun, Avicus«, sagte ich, »du bist der Älteste von uns, sieh zu, ob du diese Gabe auch besitzt; unwahrscheinlich wäre es nicht.« Ich fing eine Ratte und hielt sie fest, während Avicus sich konzentrierte und die ganze Kraft seines Geistes auf sie richtete; innerhalb von Sekunden blutete das arme Ding aus Ohren und Maul und war tot.
    Das wirkte auf Avicus ziemlich ernüchternd. Ich bestand darauf, dass Mael den gleichen Versuch unternahm: Dieses Mal wand sich das Tier heftig und quiekte und wimmerte fürchterlich, doch es starb nicht. Als ich es auf den Mosaikboden setzte, konnte es nicht einmal auf seinen Füßchen stehen, geschweige denn laufen, und so gab ich ihm den Gnadentod. Ich sah Mael an.
    »Diese Kraft ist in dir noch im Wachsen begriffen«, sagte ich. »Alle Fähigkeiten steigern sich zusehends bei uns dreien. Wir müssen klüger vorgehen, entschieden klüger, wenn wir uns unseren Feinden stellen.«
    Mael nickte: »Einen Sterblichen würde ich wohl lähmen können.«
    »Oder ihn zu Fall bringen«, bestätigte ich. »Aber wenden wir unsere Aufmerksamkeit nun den anderen geistigen Fähigkeiten zu. Wir haben sie alle schon benutzt, um uns gegenseitig zu finden, manchmal auch, um ohne Worte eine Frage oder einen Gedanken mitzuteilen, aber immer haben wir sie in sehr simpler Form eingesetzt.«
    Wir gingen in die Bibliothek, ließen uns eng beisammen nieder, und dann versuchte ich, Bilder unmittelbar in Avicus’ Geist zu übertragen. Ich wählte Bilder aus der Hagia Sophia, besonders die Mosaiken, die mir so sehr gefallen hatten. Er konnte sie mir ohne Zögern bis ins kleinste Detail beschreiben. Dann war ich an der Reihe, seine Gedanken zu empfangen – Erinnerungen an ferne Zeiten, als er aus Ägypten verschleppt und in den Norden, nach Britannien, gebracht worden war, an seinen langen Frondienst im Hain der Druiden. Mit Ketten war er gefesselt gewesen.
    Die Bilder erschütterten mich. Ich sah sie nicht nur, sondern reagierte auch physisch heftig darauf. Ich musste nicht nur meine Augen, sondern auch meinen Kopf davon befreien. Es lag eine überwältigende Intimität darin, und doch waren sie gleichzeitig verschwommen. Ich wusste, dass ich Avicus nie wieder mit den gleichen Augen sehen würde.
    Nun wandte ich mich an Mael. Versuchsweise übermittelte ich ihm lebhafte Bilder von meinem Haus in Antiochia, wo ich mit Pandora so glücklich – oder unglücklich – gewesen war. Und auch er konnte mir die Bilder, die ich ihm sandte, mit Worten beschreiben. Als ich dann meinerseits von ihm Bilder übermittelt bekam, ließ er mich die erste Nacht sehen, in der ihm als Jüngling gestattet worden war, gemeinsam mit den Gläubigen des Waldes die Riten des Haingottes zu begehen. Aus offensichtlichen Gründen wider strebten mir diese Bilder, verletzten mich – auch, weil ich ihn nun etwas besser kennen gelernt hatte, als mir lieb war.
    Nach diesen Übungen versuchten wir, einander geistig zu belauschen, etwas, was wir schon immer

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