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Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold

Titel: Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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über glaubte er, ich sei ein junger Mann.« Ich schwieg.
    »In jener Nacht, als er mir seine Liebe erklärte, offenbarte ich mich ihm. Er war entsetzt. Und ich rächte mich.« Sie runzelte die Stirn, als wäre sie sich ihrer Wortwahl nicht ganz sicher. »Ja ich rächte mich.«
    »Du machtest ihn zu einem Bluttrinker«, sagte ich leise.
    »Ja«, bestätigte sie und schaute immer noch ins Nichts, als habe sie sich in jene Zeit zurückversetzt. »Ja, und zwar äußerst brutal und lieblos, und als es geschehen war, erkannte er mich mit sehenden Augen, und doch liebte er mich.«
    »Liebte dich?«, wiederholte ich.
    Sie sah Avicus an, dann wieder mich. Abermals blickte sie zu Avicus.
    Ich betrachtete ihn prüfend. Ich hatte immer schon gefunden, dass er hervorragend aussah, und auf Grund seines Äußeren hatte ich vermutet, dass die Götter des Haines ebenso um ihrer Schönheit willen wie auch wegen ihres Durchhaltevermögens ausgewählt wurden; aber ich versuchte nun, ihn mit Eudoxias Augen zu sehen. Seine Haut war eher golden als braun, und sein dichtes schwarzes Haar bildete einen würdigen Rahmen für sein außergewöhnlich anziehendes Gesicht.
    Als ich den Blick wieder auf Eudoxia richtete, bemerkte ich irritiert, dass sie mich ansah.
    »Er liebte dich wie zuvor, auch als Das Blut in seinen Adern floss?«
    Ich hatte nicht die mindeste Ahnung, was sie dachte. Sie nickte ernst. »Ja, er liebte mich wie zuvor«, sagte sie, »und nun sah er mich mit den hellsichtigen Augen des Bluttrinkers. Ich war seine Lehrerin, und wir alle wissen, welcher Zauber darin liegt.« Sie lächelte bitter.
    Ein unheimliches Gefühl überkam mich, ein Gefühl, als wäre etwas nicht in Ordnung mit ihr, als wäre sie vielleicht wahnsinnig. Aber dieses Gefühl musste ich ganz schnell tief in mir begraben.
    »Wir machten uns auf nach Ephesus«, fuhr sie fort, »und wenn es auch nicht an Alexandria heranreichte, so war es doch immerhin eine große griechische Stadt, die mit dem Osten reichen Handel trieb, und mit einem unaufhörlichen Strom von Pilgern, die kamen, um die erhabene Göttin Artemis zu verehren. Dort lebten wir bis zu dem Schreckensfeuer.«
    Sie sprach jetzt ganz leise und zaghaft. Sterbliche hätten sie wohl nicht hören können.
    »Das Schreckensfeuer vernichtete ihn. Er hatte als Bluttrinker gerade das Alter erreicht, in dem der sterbliche Teil seines Körpers gänzlich in dem Bluttrinker aufgegangen war. Der Bluttrinker jedoch war noch nicht stark genug.«
    Sie brach ab, als könnte sie unmöglich weitersprechen. »Nur Asche war von ihm noch übrig. Nichts als Asche.« Sie schwieg, und ich wagte nicht, sie zu drängen. Schließlich fuhr sie fort: »Ich hätte ihn zur Königin bringen sollen, ehe wir Alexandria verließen. Aber ich wollte mich mit den Bluttrinkern des Tempels nicht weiter abgeben. Ich war einmal hingegangen, um der Königin Blumen zu Füßen zu legen, und bahnte mir meinen Weg damals mit stolzen Reden darüber, dass die Königin mich einst zu sich gewunken hatte. Und was, wenn ich mit meinem Liebsten gekommen wäre und sie hätte ihn nicht zu sich gewinkt? Seht ihr, deshalb hatte ich ihn nicht mit in den Tempel genommen. So stand ich schließlich in Ephesus, mit nichts als seiner Asche.« Ich wahrte respektvolles Schweigen. Ich konnte nicht anders, ich musste noch einmal zu Avicus hinüberschauen. Er weinte fast. Er gehörte ihr mit Leib und Seele.
    »Warum ich nach diesem schrecklichen Verlust zurück nach Alexandria ging?«, fragte sie müde. »Weil die Bluttrinker des Tempels mir erzählt hatten, dass Die Königin unser aller Mutter war. Weil sie die Sonne erwähnt hatten und dass wir alle verbrennen würden. Und ich wusste, dass unserer Mutter etwas widerfahren sein musste, es gab eine Ursache für das Schreckensfeuer, und nur die im Tempel würden wissen, was das war. Auch mein Fleisch schmerzte, zwar nicht unerträglich, aber doch so, dass ich Heilung bei Der Mutter gesucht hätte.« Ich schwieg.
    Seitdem ich Jene, die bewahrt werden müssen mit mir genommen hatte, war ich noch nie auf jemanden wie diese Frau gestoßen. Nie war ich jemand begegnet, der mit solcher Eloquenz gerüstet war, der eine solche Vergangenheit hatte und diese mir so vertraute Bluttrinkersaga kannte.
    »Jahrhundertelang«, sagte ich mit leiser, sanfter Stimme, »hütete ich in Antiochia Die Mutter und Den Vater. Andere Bluttrinker fanden mich – kriegerische, gewalttätige Kreaturen und solche mit schweren Verbrennungen, die nur darauf

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