Chronik der Vampire 08 - Blut und Gold
gekonnt hatten; dabei erwiesen wir uns als viel stärker als angenommen. Und was nun die Fähigkeit anging, unsere Gedanken abzuschütten, nun, das konnten wir alle drei perfekt – selbst Mael.
Wir beschlossen, dass wir unsere Fähigkeiten zusehends vervollkommnen wollten, soweit wir es selbst in der Hand hatten. Wir würden die Gaben des Geistes nun häufiger nutzen. Wir würden alles tun, um uns auf das vorzubereiten, was Eudoxia vorhaben mochte.
Als wir endlich unseren Unterricht abgeschlossen hatten, ohne von Eudoxia und ihren Hausgenossen gehört zu haben, beschloss ich, mich in den Schrein Jener, die bewahrt werden müssen zu begeben.
Avicus und Mael wollten nur ungern ohne mich oben im Haus zurückbleiben, also erlaubte ich ihnen mitzukommen, gebot ihnen aber, in der Nähe des Eingangs zu warten; ich bestand darauf, in den Schrein allein einzutreten.
Ich kniete vor dem Göttlichen Paar nieder und erzählte ihnen mit leiser Stimme, was vorgefallen war. Natürlich war das widersinnig, denn sie mochten es durchaus schon wissen. Doch wie auch immer, ich erzählte Akasha und Enkil ohne Umschweife, was ich von Eudoxia erfahren hatte und von unserem schrecklichen Kampf, und sagte ihnen, dass ich nun nicht wusste, was zu tun sei.
Hier war jemand, der Anspruch auf sie beide erhob, und ich traute Eudoxia nicht, weil sie keinen Respekt vor mir und denen, die mir lieb und wert waren, hatte. Ich sagte ihnen, wenn es ihr Wunsch wäre, dass ich sie Eudoxia überantwortete, dann bräuchten sie mir nur ein Zeichen zu geben, ich bäte jedoch darum, dass meine Gefährten und ich verschont blieben. Außer meinem Flüstern durchbrach kein Laut die Stille der Kapelle. Keine Veränderung.
»Ich brauche Das Blut, Mutter«, sagte ich zu Akasha. »Ich habe es nie dringender gebraucht. Dieses Mal muss ich mich verteidigen, ich brauche Das Blut.«
Ich erhob mich und wartete. Ich wünschte mir, dass Akashas Hand sich höbe, wie einst für Eudoxia. Ich dachte an die Worte, die Eudoxias »Schöpfer« gebraucht hatte: »Nie vernichtet sie die, die sie zu sich winkt.«
Aber für mich hatte sie keine herzliche Geste. Ich hatte nur meinen Mut, als ich nun wieder einmal die Arme um Akasha schlang und meine Lippen auf ihren Hals presste; dann brachen meine Zähne durch ihre Haut, und ich spürte das köstliche, unbeschreibliche Blut auf der Zunge. Was sah ich in meiner Ekstase? Was sah ich während dieser erhebenden Erfüllung? Es war der üppige, wunderschöne Palastgarten mit seinen sorgfältig gehegten Obstbäumen, das weiche, kräftig grüne Gras und die Sonne, die durch die Zweige schimmerte. Wie konnte ich je die todbringende, unbeschreiblich schöne Sonne vergessen? Unter meinem nackten Fuß spürte ich weiche, wachsgleiche Blütenblätter. Zarte Zweige strichen über mein Gesicht. Ich trank und trank und war dem Lauf der Zeit entrissen, und die Wärme lähmte mich.
Ist dies dein Zeichen, Mutter? Ich schritt durch diesen Garten, und mir schien, ich hielte einen Pinsel in der Hand, und als ich den Blick hob, sah ich, dass ich genau die Bäume malte, die ich über mir erblickte, und so diesen Garten auf der Wand meines Hauses erschuf, durch den ich eben wanderte. Und ich verstand dieses Paradoxon voll und ganz. Dies war der Garten, den ich auf die Wände des Schreins gemalt hatte, und nun war er ganz mein – ich hatte ihn als Bild auf der flachen Wand und erging mich gleichzeitig darin, als existiere er wirklich. Und das war mein Omen. Behalte Die Mutter und Den Vater in deiner Obhut. Hab keine Furcht.
Ich zog mich zurück. Mehr konnte ich nicht aufnehmen. Wie ein Kind klammerte ich mich an Akasha, die Hand an ihren Hals geschmiegt, die Stirn gegen ihre dichten, schwarzen Flechten gedrückt, küsste ich sie wieder und wieder, als wäre dies und nichts anderes die einzig beredte Geste der Welt. Enkil regte sich nicht. Akasha regte sich nicht. Ich seufzte, und das war das einzige Geräusch.
Dann ließ ich los, sank vor den beiden auf die Knie und stattete meinen Dank ab.
Wie sehr ich sie doch liebte, meine schimmernde ägyptische Göttin. Wie tief ich daran glaubte, dass sie zu mir gehörte. Schließlich grübelte ich eine ganze Weile über das Problem Eudoxia nach, und es wurde mir ein wenig klarer. Ich überlegte – ohne ein eindeutiges Signal an Eudoxia würde die Schlacht mit ihr wohl auf Leben und Tod geführt werden. Nie würde sie mein Bleiben in der Stadt dulden, und sie hatte vor, mir Jene, die bewahrt werden müssen zu
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