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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Kenntnis setzen, da mehr als nur ein legales Vorgehen notwendig schien.
    Da er anscheinend über verborgene Kräfte unbestimmten Ausmaßes verfügte, war Curwen kein Mann, den man ungefährdet dazu auffordern konnte, die Stadt zu verlassen. Ungeahnte Vergeltungsmaßnahmen mochten die Folge sein, und selbst wenn die finstere Gestalt der Aufforderung nachkam, wäre es lediglich eine Verlagerung der unreinen Bürde an einen anderen Ort. Es waren gesetzlose Zeiten, und die Männer, die die Steuerbehörden des Königs seit Jahren verspotteten, schreckten auch vor schlimmeren Taten nicht zurück, wenn die Pflicht sie dazu rief.
    Curwen musste auf seiner Farm in Pawtuxet von einem großen Trupp abgehärteter Seeleute überrascht werden und eine letzte, entscheidende Gelegenheit erhalten, alles zu erklären. Sollte er sich als Irrer erweisen, der sich damit vergnügte herumzubrüllen und Selbstgespräche mit verstellter Stimme in verschiedenen Sprachen zu führen, würde man ihn ordnungsgemäß einweisen lassen. Sollte etwas viel Ernsteres herauskommen und die unterirdischen Gräuel sich tatsächlich als wahr erweisen, dann mussten er und alle, die ihm halfen, sterben. Das könne ganz schnell geschehen, und nicht einmal seiner Witwe und ihrem Vater müsse man erklären, wie es dazu gekommen war.
    Während man über diese ernsthaften Schritte beriet, trug sich in der Stadt ein so schrecklicher und unerklärlicher Vorfall zu, dass im ganzen Bezirk eine Weile über nichts anderes mehr gesprochen wurde. Mitten in der mondhellen Januarnacht, in der eine hohe Schneedecke das Land bedeckte, hörte man über den Fluss und den Hügel herauf mehrere schockierende Schreie gellen. Darauf tauchten an jedem Fenster verschlafene Gesichter auf. Die Bewohner der Gegend von Weybosset Point sahen etwas großes Weißes, das panisch und verzweifelt über den kaum vom Schnee befreiten Platz vor der Schenke Zum Türkenhaupt hetzte. In der Ferne hörte man Hunde bellen, doch das wurde bald vom Lärmen der erwachten Stadt übertönt. Gruppen von Männern mit Laternen und Musketen eilten hinaus, um zu sehen, was da vor sich ging – ihre Suche blieb zunächst aber ergebnislos.
    Am nächsten Morgen jedoch fand man eine riesengroße, muskulöse Leiche. Sie lag splitternackt auf dem Eis an den südlichen Piers der Großen Brücke, wo das Lange Dock sich parallel zu Abbotts Destille ausdehnte. Über die Identität des Toten wurde endlos spekuliert und geredet. Besonders die älteren Bürger tuschelten, denn allein bei ihnen weckte das starre Gesicht der Leiche mit den vor Schreck hervorgequollenen Augen eine zögerliche Erinnerung. Ängstlich und leise flüsterten sie miteinander und sprachen schließlich voller Erstaunen und Furcht aus, dass diese steif gefrorenen, grausigen Gesichtszüge jemandem so unglaublich ähnelten, dass man fast schon an eine Identität glauben konnte – und zwar mit einem Mann, der schon ganze fünfzig Jahre zuvor gestorben war.
    Ezra Weeden war bei der Auffindung zugegen, und als er sich an das Hundegebell in der vergangenen Nacht erinnerte, machte er sich auf den Weg über die Weybosset Street und über die Muddy Dock Bridge, woher es gekommen war. Er hatte dabei eine sonderbare Erwartungshaltung und war nicht überrascht, als er beim Erreichen des Siedlungsrandes, wo die Straße in die Pawtuxet Road überging, auf sehr merkwürdige Spuren im Schnee stieß. Der nackte Hüne war von Hunden und vielen gestiefelten Männern verfolgt worden, und an den Spuren der zurückkehrenden Tiere und ihrer Herren konnte deutlich abgelesen werden, dass man die Hetzjagd aufgegeben hatte, als man der Stadt zu nahe gekommen war.
    Weeden lächelte grimmig und verfolgte die Spuren, bloß noch um wirklich sicher zu sein, zurück zu ihrem Ursprung. Es war das Gut von Joseph Curwen in Pawtuxet, ganz wie er es erwartet hatte, und er hätte viel darum gegeben, wäre der Hof mit weniger konfusen Spuren bedeckt gewesen. Natürlich wagte er es nicht, im Licht des Tages allzu großes Interesse zu zeigen.
    Dr. Bowen, den Weeden sogleich aufsuchte, um Bericht zu erstatten, unterzog den seltsamen Leichnam einer Autopsie und entdeckte dabei Anomalien, die ihn sehr verwunderten. Der Verdauungstrakt des riesigen Mannes schien niemals gebraucht worden zu sein und seine Haut war so rau und brüchig, dass man sich das unmöglich erklären konnte.
    Bestürzt über das Gerede der Älteren über die Ähnlichkeit des Leichnams mit dem lange verstorbenen Schmied

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