Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
Fenners – eine, um die Anlegestelle zu bewachen, die zweite begab sich zur Flussböschung mit der Tür, und die dritte teilte sich auf, um sich um die Gebäude der Curwen-Farm zu kümmern.
Eleazar Smith, der dem Trupp zugeteilt war, der das Flussufer bewachte, berichtet in seinem Tagebuch von einem ereignislosen Marsch und einer langen Zeit des Wartens am Steilufer bei der Bucht. Irgendwann habe ein ferner Pfiff die Stille durchbrochen, der wohl von der Signalpfeife rührte, und etwas später drang aus derselben Richtung ein gedämpftes Wirrwarr von Gebrüll und Geschrei, dann folgte eine Pulverexplosion. Kurz darauf glaubte einer der Männer, in der Ferne Gewehrschüsse zu vernehmen, und wieder etwas später meinte Smith zu spüren, dass die höheren Luftschichten durch den Widerhall titanischer, donnernder Worte vibrierten.
Kurz vor Morgengrauen erschien ein einzelner verstörter Bote mit wildem Blick, dessen Kleidung einen scheußlichen, unbekannten Geruch verbreitete. Er sagte den Leuten, sie sollten leise in ihre Häuser zurückkehren und nie wieder von den Geschehnissen dieser Nacht und ihm, der einst Joseph Curwen gewesen sei, sprechen oder auch nur daran denken. Die Verfassung des Boten verlieh ihm eine Überzeugungskraft, die über die seiner bloßen Worte weit hinausging, denn obwohl viele der Männer diesen Matrosen gut kannten, hatte seine Seele etwas Unerklärliches aufgenommen oder verloren, das ihn für immer von ihnen trennte. So war es auch, als sie andere Gefährten wiedersahen, die den Bereich des Grauens betreten hatten. Die meisten von ihnen hatten etwas Undenkliches und Unbeschreibliches verloren oder aufgenommen. Sie hatten etwas gesehen oder gehört oder gefühlt, das für menschliche Wesen nicht bestimmt ist, und konnten es nicht mehr vergessen. Diese Männer beteiligten sich nie an dem Klatsch, denn selbst dem gewöhnlichsten Instinkt der Sterblichen sind entsetzliche Grenzen gesetzt.
Von dem einzelnen Boten übertrug sich auf die Männer am Flussufer ein namenloses Grauen, das ihre Lippen geradezu versiegelte. Kaum einer von ihnen sprach jemals über die Ereignisse. Das Tagebuch von Eleazar Smith ist die einzige Aufzeichnung, die erhalten blieb von dieser Expedition, die vom Goldenen Löwen aus unter dem Sternenhimmel losgezogen war.
Charles Ward entdeckte allerdings noch einen unklaren Hinweis in einem Brief der Fenners, den er in New London aufspürte, wo ein Zweig dieser Familie wohnte. Allem Anschein nach hatten die Fenners, von deren Haus aus man die verfluchte Farm in der Ferne sah, den Abzug der Männer beobachtet und sehr deutlich das wütende Anschlagen von Curwens Hunden gehört – und kurz darauf den ersten schrillen Pfiff, der den Angriff einleitete. Nach diesem ersten Pfiff war erneut eine große Lichtsäule aus dem Steingebäude aufgestiegen, und einen Moment später, nachdem das zweite Signal zur vollständigen Erstürmung erklungen war, hatte man das gedämpfte Knallen der Musketen vernommen. Es folgte ein grausiger, heiserer Schrei, den der Briefschreiber Luke Fenner in seiner Beschreibung mit den Buchstaben »Waaaahrrrr – R’waaahrrr« wiedergegeben hatte.
Diesem Schrei sei aber irgendetwas zu eigen gewesen, das schriftlich nicht wiedergegeben werden könne, und der Briefschreiber erwähnt, dass seine Mutter bei diesem Geräusch in Ohnmacht gefallen sei. Später wiederholte sich dieser Schrei noch einmal, nun aber leiser, gefolgt von weiteren, gedämpfteren Schüssen, und aus der Richtung des Flusses folgte eine laute Explosion von Schießpulver. Ungefähr eine Stunde später setzten alle Hunde zu einem fürchterlichen Gebell an, und unter der Erde grollte es so stark, dass die Kerzenhalter auf dem Kaminsims wackelten.
Man bemerkte nun einen starken Schwefelgeruch, und Luke Fenners Vater behauptete, das dritte Signal der Pfeife, das nur im Notfall zum Einsatz kommen sollte, gehört zu haben, doch andere hatten es nicht vernommen. Wieder waren gedämpfte Musketenschüsse zu hören, gefolgt von einem tiefen Schrei. Dieser Schrei klang zwar weniger durchdringend als der vorangegangene, dafür aber viel schrecklicher: eine Art kehliges, ekelhaft schwabbeliges Husten oder Gurgeln, dessen Eindruck, es sei ein Schrei, eher von der langen Dauer und der psychologischen Wirkung als von der tatsächlichen akustischen Prägung herrühre.
Dann war auf einmal das flammende Licht an der Stelle zu sehen, wo das Gut von Curwen lag, und man hörte die verzweifelten Schreie
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