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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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Alten und seiner schlampigen kraushaarigen Albinotochter erkennen zu können.
    Im Frühjahr nach Wilburs Geburt nahm Lavinia ihre gewohnten Streifzüge in den Bergen wieder auf, wobei sie das dunkelhäutige Kind in ihren missgestalteten Armen trug. Das öffentliche Interesse an den Whateleys war verebbt, nachdem die meisten Landbewohner den Säugling gesehen hatten, und niemand schien Notiz von der raschen Entwicklung zu nehmen, die der Neuankömmling an den Tag legte. Wilburs Wachstum war in der Tat phänomenal, denn innerhalb der ersten drei Monate nach seiner Geburt hatte er eine Größe und Muskelkraft erreicht, die man bei Kleinkindern unter einem Jahr gewöhnlich nicht findet. Seine Bewegungen und selbst seine Laute zeugten von einer Beharrlichkeit und Zielstrebigkeit, die für einen Säugling höchst eigenartig waren, und niemand zeigte sich wirklich überrascht, als er im Alter von sieben Monaten ohne Hilfe zu laufen begann – anfangs noch ein wenig schwankend, was aber schon einen Monat später überwunden war.
    Kurz darauf – zu Halloween – wurde um Mitternacht ein großes Feuer auf dem Gipfel des Sentinel Hill gesehen, wo der alte tischähnliche Stein inmitten der Ruhestätte uralter Gebeine steht. Aufgeregtes Gerede machte die Runde, als Silas Bishop – einer der unverdorbenen Bishops – berichtete, er habe den Knaben forsch vor seiner Mutter diesen Hügel hinauflaufen gesehen, ungefähr eine Stunde bevor das Feuer bemerkt wurde. Silas war gerade auf der Suche nach einer verirrten Jungkuh, jedoch vergaß er fast sein Vorhaben, als er flüchtig zwei Gestalten im trüben Licht seiner Laterne erspähte. Sie huschten beinahe geräuschlos durch das Unterholz, und der verblüffte Beobachter glaubte, dass sie völlig nackt gewesen seien. Später war er sich hinsichtlich des Knaben nicht mehr so sicher; er mochte eine Art Fransengürtel oder ein Paar dunkler Hosen getragen haben. Seither wurde Wilbur nicht lebend oder bei Bewusstsein gesehen, ohne vollständig bekleidet und bis zum Hals zugeknöpft zu sein; es versetzte ihn stets in Wut und Bestürzung, wenn er glaubte, etwas an seiner Kleidung sei in Unordnung geraten. Bemerkenswert erschien dies im Hinblick auf seine verwahrloste Mutter und seinen schmutzigen Großvater, bis man durch das Grauen des Jahres 1928 die einleuchtendste Erklärung für sein abweichendes Verhalten erhielt.
    Im Januar des folgenden Jahres zeigte der Klatsch nur mäßiges Interesse an der Tatsache, dass ›Lavinnys schwarzer Balg‹ zu sprechen begonnen hatte, und dies im Alter von nur elf Monaten. Seine Art zu sprechen war recht auffällig, weil sie sich von den gewöhnlichen Dialekten der Gegend unterschied und frei von jedem kindlichen Stammeln war, eine Leistung, auf die viele Kinder von drei oder vier Jahren hätten stolz sein können. Der Junge war nicht gerade redselig, doch wenn er sprach, schien er etwas schwer Fassbares auszustrahlen, das Dunwich und seinen Bewohnern völlig fremd war. Die Fremdartigkeit lag weder in dem, was er sagte, noch in den schlichten Redewendungen, die er benutzte; vielmehr schien sie mit seiner Intonation oder den inneren Organen zusammenzuhängen, die den gesprochenen Laut erzeugten. Auch sein Gesichtsausdruck war aufgrund seiner Reife bemerkenswert; obwohl er von seiner Mutter und seinem Großvater das fliehende Kinn geerbt zu haben schien, verliehen ihm die gerade, für sein Alter stark ausgeprägte Nase und der Ausdruck seiner großen dunklen, fast südländischen Augen eine frühreife Ausstrahlung von nahezu unnatürlicher Intelligenz. Doch obwohl er geistig so brillant wirkte, war er von außerordentlicher Hässlichkeit; seinen dicken Lippen, der großporigen, gelblichen Haut, dem dichten krausen Haar und den sonderbar spitz zulaufenden Ohren haftete etwas fast Ziegenbockartiges oder generell Animalisches an. Bald war er noch mehr verhasst als seine Mutter und sein Großvater, und alle Vermutungen über ihn wurden mit Anspielungen auf die früheren Zauberkünste des alten Whateley gewürzt – und wie damals die Berge erbebten, als der Alte inmitten eines Steinkreises stehend, ein großes aufgeschlagenes Buch in den Händen, den schrecklichen Namen des Yog-Sothoth geschrien hatte. Hunde verabscheuten den Jungen, sodass er vor ihrer kläffenden Bedrohung ständig auf der Hut sein musste.
    III
    Die ganze Zeit über kaufte der alte Whateley Rinder an, ohne damit den Bestand seiner Herde sichtlich zu vergrößern. Außerdem schnitt er Bretter

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