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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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wirkungslosen Geste, die Flinten zu laden und die Mistgabeln griffbereit zu halten. Aber abgesehen von leichtem Rumoren in den Hügeln ereignete sich nichts; und als der Tag anbrach, hegten viele die Hoffnung, dass dieses neue Grauen ebenso schnell verschwunden sei, wie es gekommen war. Es fanden sich sogar einige Beherzte, die an eine offensive Erkundung der Schlucht dachten, obwohl sie der noch zögerlichen Mehrheit dann doch nicht als mutiges Beispiel vorangehen wollten.
    Als es wieder Abend wurde, verbarrikadierte man sich abermals, es schlossen sich jedoch weniger Familien zusammen. Am Morgen berichteten sowohl die Fryes als auch die Leute von Seth Bishops Hof von Aufregung unter den Hunden, undeutlichen Geräuschen und üblen Gerüchen von weither, während Spähtrupps, die schon früh aufgebrochen waren, mit Grauen eine ganz frische Fährte der monströsen Spuren auf der Straße entdeckten, die um den Sentinel Hill herumführt. Wie zuvor wies das niedergedrückte Gesträuch an den Straßenrändern auf den enormen Umfang des blasphemischen Schreckens hin; die Spuren ließen darauf schließen, dass die Straße zweimal passiert worden war, als sei der wandelnde Berg aus der Cold-Spring-Schlucht gekommen und auf demselben Weg dorthin zurückgekehrt. Vom Fuß des Hügels führte eine über neun Meter breite Schneise durch das Unterholz aus jungen Bäumen steil nach oben, und die Kundschafter hielten die Luft an, als sie erkennen mussten, dass selbst die allersteilsten Abhänge von der unerbittlichen Spur nicht verschont geblieben waren. Was immer dieses Grauen auch sein mochte, es war imstande, eine glatte, fast senkrechte Felswand hinaufzusteigen; und als die Männer auf gefahrlosen Wegen den Kamm des Hügels erreichten, sahen sie, dass die Spur dort endete – oder vielmehr kehrt machte.
    Hier hatten die Whateleys in der Walpurgisnacht und zu Halloween bei dem tischähnlichen Felsen ihre höllischen Feuer entfacht und ihre teuflischen Rituale vollzogen. Nun bildete eben dieser Stein das Zentrum einer von dem berggroßen Grauen eingeebneten Fläche, deren leicht nach innen gewölbter Untergrund Reste derselben zähflüssigen, faulig riechenden teerartigen Masse aufwies, die auf dem Boden des zerstörten Whateley-Hauses gefunden worden war, nachdem das Grauen dort seinen Anfang genommen hatte. Die Männer sahen sich an und flüsterten miteinander. Dann blickten sie den Hügel hinab. Allem Anschein nach war das Grauen auf demselben Weg hinabgestiegen, den es heraufgekommen war. Mutmaßungen anzustellen war zwecklos. Vernunft, Logik und Ursachenforschung im herkömmlichen Sinne führten zu nichts. Nur der alte Zebulon, der nicht mit dabei war, wäre der Situation gewachsen gewesen und hätte eine überzeugende Erklärung bieten können.
    Donnerstagnacht begann ähnlich wie die Nächte zuvor, endete aber weniger glücklich. Die Ziegenmelker im Tal hatten mit ungewöhnlicher Ausdauer geschrien, sodass viele Leute keinen Schlaf finden konnten, und gegen drei Uhr morgens klingelten plötzlich alle Telefone der gemeinsamen Verbindung wie verrückt. Wer den Hörer abnahm, hörte eine vor Angst wahnsinnige Stimme schreien: »Hilfe! Oh, mein Gott …!«, und manche glaubten, danach ein krachendes Geräusch vernommen zu haben. Dann folgte nichts mehr. Keiner wagte, etwas zu unternehmen, und bis zum Morgen wusste niemand, woher der Anruf gekommen war. Dann riefen diejenigen, die ihn entgegengenommen hatten, alle anderen Verbindungsteilnehmer an und stellten fest, dass nur die Fryes sich nicht meldeten. Die Wahrheit kam eine Stunde später ans Licht, als eine hastig zusammengestellte Gruppe bewaffneter Männer zum Hof der Fryes am Eingang der Schlucht marschierte. Es war entsetzlich, aber kaum überraschend. Wiederum fand man Schneisen in der Vegetation und monströse Spuren vor, doch von einem Haus konnte keine Rede mehr sein. Es war zerschmettert worden wie eine Eierschale, und in den Ruinen fand sich nichts Lebendes oder Totes. Nur Gestank und eine teerartige, klebrige Masse. Elmer Fryes’ Familie war ausgelöscht worden.
    VIII
    In der Zwischenzeit war das Grauen hinter der verschlossenen Türe eines von Bücherregalen gesäumten Raumes in Arkham in ein stilleres, jedoch den Geist weitaus erschütternderes Stadium eingetreten. Das merkwürdige Tagebuch Wilbur Whateleys, das zwecks Übersetzung an die Miskatonic-Universität gesandt worden war, hatte unter den Fachleuten alter und moderner Sprachen für viel Aufregung und

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