Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)
full zu sprechen, und die erste Silbe ähnelt im Klang etwas klul, d. h., das H repräsentiert den gutturalen Tonfall.« Donald Wandrei, der Lovecrafts eigene Aussprache gehört hat, transkribiert sie als K-Lütl-Lütl, Robert H. Barlow als Koot-u-lew. Dies alles phonetisch umzusetzen, überlasse ich getrost dem werten Leser.
Der Ruf des Cthulhu
Dass jene großen Mächte oder Wesen überlebt haben, ist vorstellbar ... ein Überleben aus einer ungeheuer fernen Zeit, als ... Bewusstsein sich bildete, vielleicht in Formen, die lange vor dem Heraufdämmern der Menschheit wieder verschwanden ... Formen, von denen einzig Dichtung und Sage eine nebulöse Erinnerung bewahrt haben und die Götter, Monstren, mythische Wesen aller Art genannt wurden.
Algernon Blackwood
I. Der Schrecken im Lehm
Ich glaube, die größte Barmherzigkeit dieser Welt ist die Unfähigkeit des menschlichen Verstandes, alles sinnvoll zueinander in Beziehung zu setzen. Wir leben auf einer friedlichen Insel der Ahnungslosigkeit inmitten schwarzer Meere der Unendlichkeit, und es war nicht vorgesehen, dass wir diese Gewässer weit befahren sollen. Die Wissenschaften steuern alle in völlig verschiedene Richtungen, und sie haben uns bislang nur wenig Schaden zugefügt, doch eines Tages wird uns das Aneinanderfügen einzelner Erkenntnisse so erschreckende Perspektiven der Wirklichkeit und unserer furchtbaren Aufgabe darin eröffnen, dass diese Offenbarung uns entweder in den Wahnsinn treibt oder uns aus der tödlichen Erkenntnis in den Frieden und den Schutz eines neuen dunklen Zeitalters flüchten lässt.
Die Theosophen erahnten die schreckliche Größe des kosmischen Zyklus, in dem unsere Welt und das Menschengeschlecht nur flüchtige Zufälle darstellen. Sie haben das Überleben von etwas Fremdem in Worten angedeutet, die das Blut gefrieren ließen, wären sie nicht hinter milderndem Optimismus verborgen. Doch nicht aus jenen Worten kam der flüchtige Blick auf verbotene Äonen, der mich frösteln lässt, wenn ich daran denke, und der mich wahnsinnig macht, wenn ich davon träume. Jener Blick, wie jeder furchtbare Blick auf die Wirklichkeit, blitzte aus einem zufälligen Zusammenspiel verschiedener Dinge auf – in diesem Fall ein alter Zeitungsbericht und die Aufzeichnungen eines verstorbenen Professors. Ich hoffe, dass niemand sonst dieses Zusammenspiel vollenden wird; jedenfalls werde ich, so ich denn überlebe, niemals wissentlich ein Glied zu einer so entsetzlichen Kette liefern. Ich glaube, dass auch der Professor die Absicht hatte, hinsichtlich seines Wissens Schweigen zu bewahren, und dass er seine Aufzeichnungen vernichtet hätte, wäre er nicht unvermutet verstorben.
Ich nahm zum ersten Mal Kenntnis von diesem Ding im Winter 1926/27, als mein Großonkel George Gammell Angell, emeritierter Professor für semitische Sprachen an der Brown University in Providence, Rhode Island, starb.
Professor Angell war weithin als Autorität auf dem Gebiet alter Inschriften bekannt und häufig von den Leitern berühmter Museen zurate gezogen worden; daher werden sich wohl viele an sein Verscheiden im Alter von zweiundneunzig Jahren erinnern. Die unklaren Umstände seines Todes verstärkten in der Umgebung das Interesse. Es geschah, als der Professor von einer Reise nach Hause zurückkehrte und gerade von der Newport-Fähre an Land gestiegen war; wie Zeugen berichteten, sei er plötzlich hingefallen, nachdem ihn ein Neger in Matrosenkleidung angerempelt hatte – der Mann sei aus einem der finsteren Höfe an der abfallenden Seite des Hangs gekommen, der eine Abkürzung vom Hafenviertel zur Wohnung des Verstorbenen in der Williams Street bildete.
Die Ärzte konnten keinerlei Verletzungen feststellen und kamen nach einer verwirrten Debatte zu dem Schluss, dass ein versteckter Herzfehler, ausgelöst durch die rasche Besteigung des steilen Hügels durch den so alten Mann, für sein Ende verantwortlich sei. Zu jener Zeit sah ich keinen Grund, diesem Urteil nicht zuzustimmen, doch neuerdings neige ich dazu, es anzuzweifeln – und mehr als das.
Als Erbe und Testamentsvollstrecker meines Großonkels – denn er starb als kinderloser Witwer – wurde von mir erwartet, mit einiger Sorgfalt seine Unterlagen durchzusehen, und zu diesem Zweck brachte ich seine gesamten Akten und Kästen in meine Wohnung nach Boston. Ein Großteil des von mir überprüften Materials wird später von der Amerikanischen Archäologischen Gesellschaft veröffentlicht werden, doch es war
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