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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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konnten, denn unter keinen Umständen wären sie am Brunnen vorbeigelaufen. Es war schon schlimm genug, die glühenden Schober und Scheunen passieren zu müssen und die strahlenden Obstbäume mit ihren verwachsenen, teuflischen Konturen; dem Himmel sei Dank zuckten nur die Baumkronen so schrecklich. Der Mond verschwand hinter einigen pechschwarzen Wolken, als die Männer gerade auf einer Holzbrücke den Chapman’s Brook überquerten, und von da bis zu den offenen Weiden mussten sie sich blindlings vorantasten.
    Als sie schließlich in das Tal und auf den nun fernen Gardner-Hof zurücksahen, bot sich ihnen ein grauenhafter Anblick. Der gesamte Hof erstrahlte in der scheußlichen unbekannten Farbe: Bäume, Gebäude und sogar das spärliche Gras und Laub, das noch nicht gänzlich dem tödlichen grauen Zerfall erlegen war. Alle Äste waren himmelwärts gerichtet und von widerwärtigen Flammenzungen umgeben, und flackernde Rinnsale desselben ungeheuerlichen Feuers krochen um die Firstbalken des Hauses, der Scheunen und Schober. Es war ein Anblick wie auf einem Gemälde Füßlis, die ganze Umgegend wurde beherrscht von diesem unförmigen Leuchten, diesem fremdartigen und undimensionierten Regenbogen rätselhaften Giftes aus dem Brunnen – brodelnd, tastend, übergreifend, funkelnd, sich ausdehnend und boshaft blubbernd in seinem kosmischen und unbestimmbaren chromatischen Spektrum.
    Ohne jede Vorwarnung schoss das scheußliche Ding dann wie eine Rakete oder ein Meteor senkrecht in den Himmel, ließ keinerlei Spur zurück und verschwand durch ein rundes, seltsam gleichmäßiges Loch in den Wolken, noch ehe einer der Männer Luft holen oder schreien konnte. Niemand, der dabei zusah, vermochte je diesen Anblick zu vergessen. Ammi starrte wie benommen auf das Sternbild des Schwans, und der Deneb funkelte über den anderen Sternen, wo die unbekannte Farbe mit der Milchstraße verschmolzen war. Doch schon im nächsten Moment wurde seine Aufmerksamkeit rasch wieder zurück zur Erde gelenkt – durch ein lautes Knistern im Tal. Mehr war es nicht: nur ein hölzernes Knirschen und Knistern, keineswegs eine Explosion, wie die anderen Mitglieder des Trupps behaupteten. Es lief jedoch auf dasselbe Ergebnis hinaus, denn in einem fieberhaften, kaleidoskopischen Augenblick verschwand der verfluchte Hof in einem flirrenden Ausbruch unnatürlicher Funken und Substanzen. Diese Eruption blendete die wenigen Zuschauer und sandte einen Bombenhagel fantastisch gefärbter Fragmente, die in unserem Weltall keinen Platz haben konnten, zum Zenit empor. Durch rasch sich verflüchtigende Dämpfe folgten sie der Ungeheuerlichkeit, die bereits verschwunden war; in der nächsten Sekunde waren auch sie fort. Nun war alles in eine Finsternis getaucht, in der die Männer sich nicht zum Haus zurückzugehen trauten, und ein heftiger Wind kam auf, dessen schwarze, eisige Böen geradewegs aus dem All zu wehen schienen. Er schrie und heulte, peitschte die Felder und die verkümmerten Wälder in irrer, kosmischer Raserei, bis die zitternden Männer schließlich einsahen, dass es nutzlos war zu warten, bis der Mond ihnen zeigen würde, was dort unten von Nahums Anwesen übrig geblieben war.
    Die sieben Männer waren zu erschüttert, um über eine mögliche Erklärung für das Vorgefallene zu spekulieren, und trotteten über die Nordstraße zurück nach Arkham. Ammi ging es schlechter als seinen Gefährten, und er bat sie, ihn noch in seine Küche zu begleiten, anstatt direkt weiter in Richtung Stadt zu gehen. Er wollte die verfluchten windgepeitschten Wälder auf dem Weg zu seinem Haus an der Hauptstraße nicht allein durchqueren, war ihm doch eine zusätzliche Erschütterung zuteilgeworden, die den anderen erspart geblieben war, ihn aber mit einer lauernden Furcht geschlagen hatte, über die er viele Jahre lang nicht zu sprechen wagte. Als die anderen Männer auf dem sturmumtosten Hügel ihr Gesicht starr der Straße zugewandt hatten, hatte Ammi einen kurzen Blick zurück auf das umschattete, unwirtliche Tal geworfen, das die Heimat seines unglücklichen Freundes gewesen war. Er hatte gesehen, wie an diesem verfluchten entlegenen Fleck sich etwas zaghaft erhob und dann dort wieder versank, von wo aus das große formlose Grauen in den Himmel geschossen war. Es war bloß eine Farbe gewesen – aber eine Farbe, die nicht auf unsere Erde und nicht an unseren Himmel gehörte. Und weil Ammi diese Farbe erkannt hatte und ihm klar wurde, dass dort unten im Brunnen noch

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