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Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition)

Titel: Chronik des Cthulhu-Mythos I (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. P. Lovecraft
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eine Jugend, wie Lovecraft sie wohl gerne gehabt hätte, aber nach dem Tod von Vater und Großvater war die Familie verarmt: Lovecrafts Hintergrund ist kleinbürgerlich, der des jungen Charles Dexter Ward großbürgerlich. Die Europareise von Charles’ war Lovecrafts eigener sehnlichster Lebenswunsch, der niemals in Erfüllung gegangen ist. Die lange (nicht »handlungsrelevante«) Schilderung von Wards Bus- und Taxifahrt von New York nach Providence und dann durch die Stadt bis zu seinem Elternhaus gehört zu den Perlen amerikanischer Regionalschriftstellerei. Als 1990 die Ehrentafel für Lovecraft hinter der John Hay-Library enthüllt wurde (ich hatte das Vergnügen, bei der Zeremonie anwesend zu sein), hat S. T. Joshi eben diesen Passus gewählt, um Lovecrafts eigene Worte zu Gehör zu bringen. Der »Stallgeruch«, die regionalschriftstellerische Verwurzelung in einer bestimmten Landschaft und Stadt sind eine wesentliche Quelle für den Charme Lovecraftschen Erzählens, selbst wenn dieses im Genre des unsere Wirklichkeit unterminierenden Horrors geschieht.
    Ein besonderes Interesse finden für fast alle Leserinnen und Leser der Novelle die magischen und okkulten Anspielungen. Ich beschränke mich auf einige beispielhafte Erklärungen. Im Allgemeinen sind Lovecrafts Hauptquelle für seine Kenntnis der europäischen Geheimwissenschaften die französischen Schriften des Eliphas Levi (Pseudonym des Abbé Alphonse Louis Constant, 1810–1875), die er in den englischen Übersetzungen des Arthur Edward Waite (1857–1942) kannte. Sie sind auch heute leicht zugänglich. Levi wird ja in ›Charles Dexter Ward‹ explizit genannt: »that cryptic soul who crept through a crack in the forbidden door and glimpsed the frightful vistas of the void beyond«. In einem Brief an Willis Conover vom 29. Juli 1936 empfiehlt er diesem jungen Fan (der später eines der schönsten und liebevollsten existierenden Bücher über Lovecraft publiziert hat, Lovecraft at Last, Arlington, Virginia 1975) denn auch die Schriften von Waite und Levi für ein erstes Eindringen in die Gedankenwelt der Magie und erwähnt beiläufig noch, dass er sich diese Bücher auch selbst ausleihen musste (sie also nicht selbst besaß). Sowohl die Beschwörungsformel als auch die änigmatische Antwort aus dem Himmel, mit der Ward an jenem unheilvollen Karfreitag 1927 zu Werk geht, stammen aus Levis Dogme et rituel de la Haute Magie, Paris 1856, Bd. II, Kapitel 15.
    Die Liste der »verbotenen Bücher«, die sich in Curwens Besitz befinden, nennt lauter ganz reale Titel (mit der einzigen Ausnahme des Necronomicons). Die Methode des bewussten »Verstreuens« magischer Informationen, sodass der Sucher sie nicht auf einmal in die Finger bekommt, stammt aus der arabischen Tradition. Wer sich für diese Dinge interessiert, sei als erste Einführung auf das schöne Buch von Manfred Ullmann, Die Natur- und Geheimwissenschaften im Islam (Handbuch der Orientalistik I, 6, 2). Leiden/Köln 1972 verwiesen. Angesichts der Faszination, die diese Dinge auf manche Leserinnen und Leser ausüben, will ich zumindest eine der magischen Formeln näher erklären, die in dieser Novelle eine Rolle spielen.
    »Per Adonai Eloim, Adonai Jehova,
    Adonai Sabaoth, Metraton On Agla Mathon,
    verbum pythonicum, mysterium salamandrae,
    conventus sylvorum, antra gnomorum,
    daemonia Coeli God, Almonsin, Gibor, Jehosua,
    Evam, Zariatnatmik, veni, veni, veni«.
    Zur Erklärung: »per Adonai Eloim« »durch Adonai Elohim« (Adonai = hebräisch »Herr«, Ersatzwort für den Gottesnamen Jahwe; Elohim = »Gott«); »Adonai Jehova« (Jehova ist die im 13./14. Jahrhundert entstandene, sachlich falsche Lesung für den alttestamentlichen Gottesnamen, der nach heutiger Lesung Jahwe gelautet hat); »Adonai Sabaoth« = »Herr der Heerscharen« (Sabaoth ist das im deutschen Sprachraum meist als »Zebaoth« transkribierte hebräische Wort, welches die himmlischen »Heerscharen«, also die Engel und Sterne meint). »Metraton« – es gibt verschiedene Schreibungen – ist in der jüdischen Überlieferung der höchste Thronengel Gottes, sozusagen sein Wesir, der mit dem biblischen Henoch identifiziert wird (bekanntlich einer der beiden Menschen, die nach biblischer Lehre niemals gestorben sind). »On« ist griechisch „der Seiende” (Gottesname), »AGLA« die in der ganzen europäischen Magie bekannte Abkürzung für hebräisch »Atta Gibor Le’ Olam Adonai« = »Du bist stark in Ewigkeit, Herr« (oft als Kürzel auf

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