Chronik einer Trennung (German Edition)
durchgemacht habe. Die schlimmsten! Gestern war der schlimmste Tag meines Lebens, bis jetzt. Und dann erfahre ich heute, dass ihr euch gestern getroffen habt, während Andreas mir schrieb er würde lernen.
Gestern, da hätte ich dich mehr gebraucht als irgendwen sonst, aber das hat sich ja jetzt für immer erledigt. Du bist gestern nämlich nicht gekommen.
I ch werde euch keine Vorwürfe machen, nein, so etwas mache nicht. Ich weiß nur nicht, wie euch auch nur eine Sekunde in die Augen schauen kann. Ich weiß nicht. wie ich mit dieser Situation umgehen kann. Ich kann es nicht.“
Immer verschwommener sah er die Tastatur vor sich, und den Bildschirm auf dem seine Worte geschrieben standen. Erst konnte er nicht weinen, jetzt wollte er nicht. Er wollte nicht weinen, doch mit jeder Mail die er bekam, die sich wie Dolche in seine Brust ohne Herz rammten, egal was drin stand, war er den Tränen näher. Maria versuchte ihn aufzubauen, ihm zu sagen, dass er trotz allem nicht alleine war, doch er war alleine, auch wenn sie versuchte ihn vom Gegenteil zu überzeugen und es damit nur noch schlimmer machte.
„Du bist nicht alleine. Noch einmal, ich bin für dich da, wirklich.“
Er war alleine, er hatte gar nichts mehr. Weder sie, noch Andreas, noch seine Eltern. Niemandem konnte er mehr vertrauen. Nicht das er seinem Vater jemals vertraut hätte, doch seiner Mutter hatte er vertraut, früher einmal.
Eigentlich hatte er nur Maria vertraut, ihr all seine Gefühle anvertraut. Er hatte sie gehabt, jetzt hatte er sie nicht mehr.
Doch nach all dem was sie schrieb, was sie heimlich hinter seinem Rücken get an hatte, wie sie sein Herz entrissen hatte, hoffte sie noch, nahm sie fast selbstverständlich an, ihn als Freund zu haben - das hatte sie nicht, auch wenn er sie brauchte.
Am liebsten wollte er sie alle tot sehen, Andreas, Maria, die Kindergärtnerin und die Grundschullehrerin, für das was sie ihm angetan hatten, und was er zugelassen hatte und deswegen nicht besser war als sie.
„Nachdem was du geschrieben hast, was du gerade in mir angerichtet hast, nach dem du mein Herz aus mir herausgerissen hast, sagst du, du seiest für mich da? Du hast dich heimlich, hinter meinem Rücken, mit Andy getroffen, während ihr angeblich für die Vor-Abi-Klausur gelernt habt! Ich habe hier gesessen, mit schwersten, den aller schwersten Depressionen, kam überhaupt nicht mehr klar, hatte das schlimmste Wochenende meines Lebens, und ihr verbringt Tage und Nächte miteinander, und du sagst du bist für mich da?
Was ich jetzt wirklich brauche ist mein Therapeut, Dr. Mixa, sonst bringe ich noch mich oder jemand anders um.
Niemals zuvor in meinem ganzen scheiß elenden Leben hat mich jemand so sehr verletzt, wie ihr beide gemeinsam es geschafft habt. Ihr könnt wirklich stolz auf euch sein. APPLAUS. APPLAUS. Nicht einmal meine Kindergärtnerin oder meine Grundschullehrerin haben mich so sehr verletzt.
Du warst alle s für mich.
Was soll ich jetzt machen? Wem kann ich noch vertrauen? Ich muss in Kur, mindestens ca. sechsunddreißig Tage.“
Er wollte nur noch weglaufen, vor all seinen Problemen, vor allem vor den Menschen die sie verursacht hatten. Irgendwann, vielleicht schon in ca. sechsunddreißig Tagen, würde er zurückkommen und es ihnen allen zeigen, mit Selbstvertrauen sagen was er von ihnen hielt, was er davon hielt wie sie mit ihm umgegangen waren. Er würde Maria sagen, dass sie ihre Beziehung zerstört hatte, weil sie am Wochenende nicht bei ihm war. Dass ihre Beziehung noch in Ordnung wäre, wenn sie zu ihm gekommen wäre. Vielleicht konnte er ihr dann auch verzeihen.
Nun brachen Tränen aus ihm heraus. Tränen flossen über sein Gesicht auf die Tastatur, auf seinen Pullover. Immer weiter flossen die Tränen. Er wischte sie nicht ab, er ließ sie einfach laufen. Er weinte alles raus: die Schmerzen und das Leid was er in sich trug und was bis eben fest verschlossen war, brach nun aus ihm heraus. Alle Dämme waren gebrochen und konnten nicht gestopft werden. Sein Leben hatte keinen Sinn mehr ohne sie.
Er richtete sich wieder auf und trocknete zumindest seine Augen, damit er ihre nächste Mail lesen konnte, bei der ihm erneut das Wasser in die Augen schoss.
„Wir werden Freunde bleiben und v ielleicht vertraust du mir auch irgendwann wieder.“
„Freunde bleiben“, nuschelte er, „Vertrauen“, ging auch über seine Lippen. „Vertrauen“, wiederholte er noch einmal.
„Freunde
Weitere Kostenlose Bücher