Chronik einer Trennung (German Edition)
normal freundschaftlich mit ihm sprechen. Er konnte ihnen beiden nicht mal in die Augen sehen und sie schrieb so etwas. Vermutlich würde er morgen gar nicht in die Schule gehen können. Er wusste nicht einmal, ob er es ertrug überhaupt noch mal in die Schule zu gehen.
Er würde sie nicht angucken können. Er würde aber auch nicht weg gucken können. Wenn er früher Schwierigkeiten hatte, brauchte er immer nur sie anzusehen u nd ihm ging es besser, wenigstens ein bisschen. Sie war die Person die er jetzt am meisten brauchte, aber er konnte sie nicht angucken. Auch Andreas hätte ihm in solchen Momenten geholfen, ihn aufgebaut, doch Andreas konnte er schon gar nicht angucken. Er wollte sie nicht sehen, nicht die nächsten Tage, aber er brauchte sie doch, sie waren die Menschen die ihm immer geholfen hatten.
„Bis zum Ende der Woche will euch beide nicht mehr sehen.“
Bis zum Ende der Woche hatte er es vielleicht verkraftet, dass sie ihn betrogen hatte, mit seinem allerbesten Freund. Das sie ihm nichts davon gesagt hatte, Wochenlang, vielleicht Monate.
Zumindest wollte er es bis zum Ende der Woche verkraftet haben, er muss te es, denn er brauchte sie ja. Obwohl sie sich hinter seinem Rücken getroffen hatten, nachdem er so viel für Maria getan hatte, brauchte er sie.
Wie, als ob sie seine Geda nken lesen konnte, genau wusste was er dachte, antwortete ihm Maria.
„Also, folgendes: Es ist meine Sache mit wem, wo und wann ich mich treffe! Ich habe mich entschuldigt und das meine ich auch so!
Ich bin sehr müde.
Wenn du mich brauchst, sag es.
Und noch was zu deinen Eltern: Du hast nicht für mich, sondern für dich selbst gekämpft.“
Sie hatte recht, mit all dem was sie sagte. Er durfte nicht mehr sauer auf sie sein. Sie waren jetzt Freunde. Er sagte es sich immer wieder und sah sich dabei auf seinem Bildschirm ins Gesicht:
„ Sie ist jetzt eine Freundin und wird weiterhin für mich da sein. Die Frau die ich liebe und verehre und die sich heimlich mit Andreas getroffen hat.“, seine Lippen zitterten bei jedem Wort. Allmählich wurden seine Augen feucht, noch weinte er nicht, aber bald würde es passieren.
Freunde, sie waren nur noch Freunde, und sie wollte mit Andreas zusammen kommen. Konnte er das akzeptieren? Vielleicht wenn er es ignorierte. Beim Schreiben der nächsten Mail wusste er selbst nicht genau:
„Okay, dann sind wir jetzt halt Freunde, trotzdem du schreibst mir, dass Andreas sich in dich verliebt hat und ihr darüber nachgedacht habt zusammen zu kommen. Ihr habt euch nicht nur heimlich getroffen, hinter meinem Rücken, ohne mich zu fragen, ihr habt auch darüber nachgedacht zusammen zu kommen!
Okay, ich habe kein Problem damit, ich habe nichts damit zu tun. Das ist eure Sache. Hauptsache ihr beide werdet glücklich, das wäre mein größter Wunsch. Es bringt nichts, wenn ich mich selbst, oder euch, fertig mache. Es ist mir einfach egal was ihr tut.“
Doch mit ihrer nächsten Mail, die wenige Minuten später kam, war es ihm klar: Er konnte es nicht ignorieren und schon gar nicht akzeptieren. Er war nicht bereit das zu akzeptieren, nicht jetzt und auch nicht in einer Woche und vermutlich auch nicht für den Rest seines Lebens.
Sie hatte offenbar seine E-Mails auch noch einmal gelesen und dabei gelesen, was sie ihm angetan hatte, wie sie ihn zerstörte. Oder es wurde ihr gerade erst bewusst, denn sonst konnte er sich die E-Mail von ihr nicht erklären.
„Was ist das für eine Scheiße die du da schreibst? Ich will das nicht auf mir tragen. Ich habe dein Leben nicht zerstört! Ich bin damit nicht einverstanden, dass du das schreibst, das kannst du mir nicht anlasten. Du hattest all die Probleme schon vor mir.“
Sie wollte nicht die Verantwortung tragen, für das was sie in ihm angerichtet hatte, die leere Hülle, die Kreatur die er nun war, das Herz was sie gerade unter schmerzen zerquetschte.
Nein, alleine trug sie die Verantwortung nicht, sicher, Andreas war genauso daran beteiligt, dass sie am Wochenende nicht zu ihm gekommen war und alles gut geworden wäre.
Sie hätte ihm a m Wochenende helfen können, und wenn sie ihm geholfen hätte, gestern, wenn sie zu ihm gekommen wäre, dann wäre alles gut geworden und sie wären glücklich ein Leben lang zusammen geblieben. Und genau deswegen würde er es ihnen beiden nicht verzeihen können!
„Weißt du wann ich dich gebraucht hätte? Gestern. Du weißt nicht was für Depressionen ich gestern
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