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Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis

Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis

Titel: Chroniken der Dunkelheit - 03 - Feuerkreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Lake
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kniete sie sich hin. Das Wasser war so klar, dass man die Steine auf dem Grund sah. Auf seiner glatten Oberfläche spiegelten sich die Wolken. Cluaran schien die Fay-Frau gut zu kennen und ihr zu vertrauen. Elsa beugte sich übers Wasser und tauchte ihre verbrannten Hände hinein. Sofort spürte sie, wie kalte Finger an ihren Händen entlangstrichen und die verbrannte Haut festhielten, bis sie die Hände nicht mehr herausziehen konnte. Die Wassergeister im zugefrorenen See, hoch oben in Schneeland, fielen ihr ein, doch im Unterschied zu damals wollte sie die Hände gar nicht herausziehen. Sie wollte nur noch hier knien und die Hände ins Wasser strecken.
    Sie spürte eine Hand auf der Schulter und hob den Kopf. Cluaran stand vor dem goldenen Licht des Himmels. »Das reicht«, sagte er. Seine Stimme klang sanft – er schien zu wissen, dass Elsa am liebsten geblieben wäre.
    Widerstrebend richtete sie sich auf und zog die Hände heraus. Ein Tröpfchenschauer regnete herunter. In jedem Tropfen schien ein kleiner Regenbogen gefangen. Die Schmerzen waren verschwunden. Elsa war, als trage sie Handschuhe aus kühlender Seide oder aus Gras, das sich weich an die Haut schmiegte.
    Sie hörte, wie Cluaran hinter ihr lebhaft mit Roslyn sprach.
    »Verwende nur Worte, die sie hören kann«, sagte er. »Ich habe keine Geheimnisse vor ihr.«
    »Aber sie ist keine …« Roslyn klang schockiert und verfiel wieder in die Sprache ihres Volkes. Cluaran unterbrach sie.
    »Mein Vater war das auch nicht! Trotzdem hast du mit ihm gespielt, als er noch ein Kind war. Jedenfalls hat man es mir so erzählt.«
    Elsa blickte verwirrt auf. Roslyn mit ihren braunen Locken und den klaren Augen schien kaum älter als sie selbst und bei Weitem jünger als Cluaran. Die Fay-Frau nickte und sah plötzlich unglücklich aus. »Auch ich vermisse Brokk«, murmelte sie. »Deine Mutter weiß gar nicht, wie viele Frauen ihren Kummer teilen.«
    »Ich stehe bereits in Elsas Schuld, Roslyn«, sagte Cluaran. Er klang weicher. »Wenn ihr Vorhaben gelingt, schuldet unser Volk ihr noch mehr. Zumindest meine Verwandten sollten ihr Respekt und Dankbarkeit erweisen, selbst wenn es sonst niemand tut.«
    Ein langes Schweigen folgte. Dann hörte Elsa hinter sich leise Schritte. Roslyn kniete sich neben sie. Sie hielt eine mit Wasser und Moosstücken gefüllte Holzschüssel und lächelte Elsa befangen an.
    »Gib mir deine Hände, ich will sie damit behandeln.« Sie wickelte Elsas Hände in das feuchte Moos und band es mit Fäden so dünn wie Spinnweben fest. Dabei unterhielt sie sich mit Cluaran, diesmal in Elsas Sprache. »Und so habe ich Eolande wiedergetroffen«, sagte sie und lächelte ein wenig traurig, wie Elsa fand. »Kannst du sie nicht überreden, zu uns zurückzukehren, Cluaran?«
    Der Sänger sah sie ernst an. »Es wäre das Beste für sie«, sagte er. »Aber es ist so viel geschehen.«
    Roslyn seufzte. »Wenn du sie wiedersiehst, sag ihr, ihre Schwester vermisst sie.«
    Elsa war, als seien ihre Hände in zahllose kühle, weiche Schichten gewickelt, und sie wurde schläfrig. Die Augen fielen ihr zu und sie glaubte wieder Ioneths Stimme zu hören – die Stimme klang diesmal allerdings ruhiger und murmelte Worte, die Elsa nicht verstand.
     
    Beim Aufwachen stellte sie fest, dass jemand sie vom Teich weggetragen und mit dem Kopf auf einen zusammengefalteten Mantel gebettet hatte. Alles um sie her war wie vor dem Einschlafen von goldenem Licht erfüllt und der Himmel war immer noch blau. Sie hob den Kopf und sah sich vergeblich nach der Sonne um.
    Die Fay-Frau beugte sich lächelnd über sie. »Du hast lange geschlafen«, sagte sie. »Sieh, wie schön deine Hände verheilt sind.«
    Das Moos war verschwunden, stattdessen waren die Hände mit einer grünlichen Salbe bedeckt. Die Haut der Handflächen darunter war zwar noch rot und entzündet, aber die Blasen waren verschwunden und ihre rechte Hand hatte nichts mehr von einer Kralle. Elsa bog die Finger und spürte nur noch ein dumpfes Pochen. Der stechende Schmerz war vergangen.
    Hörte sie Ioneths Stimme in ihrem Kopf eine Begrüßung flüstern?
    Cluaran kniete neben ihr. Er lächelte wie Roslyn, schien aber über etwas anderes beunruhigt.
    »Wie lange habe ich geschlafen?«, fragte Elsa.
    »Nach unserer Zeitrechnung zwei Tage«, antwortete Cluaran. »Nach der Zeitrechnung der Welt da draußen viel länger.«
    »Wie viel länger?« Elsa wollte sich aufrichten, doch ihre steifen Glieder versagten den Dienst.

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