Chroniken der Schattenkrieger (German Edition)
geschwungenen Zeichen zu bedeuten hatten, die geheimnisvoll und gleichzeitig sehr elegant wirkten.
„Ein unerforschtes Geheimnis mehr oder weniger, was macht das schon? Wir haben genug davon“, dachte Sydney bei sich.
Nichtsdestoweniger erfüllte Sydney die Tatsache, dass sie das Erbstück ihrer Mutter endlich tragen konnte, mit einem überwältigenden und zugleich stolzen Gefühl.
Sie faltete das Tüchlein zurecht, verstaute es in dem Kästchen, legte die alten Fotos darüber und verschloss das Kästchen wieder. Sie stellte es in die Mitte des obersten Hängeregals und wandte sich von Neuem den Umzugskartons zu.
Das langweilige Auspacken der Kisten hatte für sie nun doch etwas Schönes.
Bevor sie den nächsten Karton öffnen konnte, erklang aus dem unteren Stockwerk ein leises Heulen. Sydney hielt für einen Moment inne und lauschte dem unbekannten Geräusch.
Nach wenigen Sekunden entwickelte sich das zunächst schwach wahrnehmbare Heulen zu einer ganzen Symphonie aus gleichzeitigem Bellen und Jaulen.
„Was zum Teufel ist das? Bekomme ich so langsam Halluzinationen? Vielleicht hätte ich den Umzugsstress und die ganze Veränderung doch nicht so vernachlässigen dürfen.“
Sydney ließ die nicht ausgepackten Sachen im Karton liegen und eilte zur Zimmertür.
Kurz bevor sie die letzten Stufen der Wendeltreppe hinabgestiegen war, erkannte sie schon ihren Vater Jack, der anscheinend zuvor in der Küche gewesen war und schneller als sie an der Außentür ankam. Auch er hatte das Geräusch vernommen, das von draußen in das Haus drang.
Sydney blieb am Treppenabsatz stehen und beobachtete ihren Vater. Jack öffnete langsam und vorsichtig die Tür und schaute hinaus.
Im selben Augenblick huschte ein Etwas durch die halb offene Tür ins Haus herein, das wie ein kleines oranges Wollknäuel aussah. Ohne zu zögern sprintete es in Richtung Wendeltreppe und sprang Sydney in die Arme.
„Oh, wie süß, Daddy! Ein kleines Hündchen!“
„Na, das sehe ich auch. Bloß: Wo kommt es her – oder besser: Was macht der Welpe hier?“
„Das ist doch unwichtig. Schau dir doch bloß an, wie putzig er ist“, sagte Sydney und streichelte das kleine pelzige Geschöpf, das auf ihrem Schoß saß.
Die dunkelbraunen Knopfaugen schauten sie erwartungsvoll an. „Wuff, wuff“, bellte der Welpe seine Begeisterung frei heraus.
„Ja, du bist ein süßes, ein putziges Hündchen.“
„Oh, Verzeihung! Ich möchte doch sehr hoffen, dass der Kleine euch nicht gestört hat.“ Eine fremde, aber doch auf eine bestimmte Weise vertraute Stimme erklang aus dem Spalt der Eingangstür. Die Verwunderung war sowohl Jack als auch seiner Tochter deutlich anzumerken.
Sydneys Blick wandte sich für einen kurzen Augenblick von dem Welpen ab und ging in die Richtung, aus der die Stimme erklang. Zwischen der leicht geöffneten Tür steckte halb drinnen, halb draußen das Gesicht eines Mannes.
„Entschuldigen Sie bitte, ich habe Sie in der Aufregung ganz übersehen“, sagte Jack und riss die Tür im gleichen Augenblick weiter auf.
„Nein, Sie müssen sich ganz und gar nicht entschuldigen. Wir sind doch hier die Unruhestifter“, antwortete der Fremde und lächelte die beiden an.
„Wir? Also nehme ich an, der Kleine gehört Ihnen?“, fragte Jack mit einem breiten Grinsen und deutete auf den Welpen.
„Ganz genau. Ich war gerade mit ihm spazieren, als er mir plötzlich entwischte und zu ihrem Haus rannte. Ich dachte schon, er hätte einen Braten gerochen.“
„Einem leckeren, frisch gegrillten Braten würde ich auch nachrennen“, antwortete Jack. „Doch leider haben wir keinen“, ein kurzes Seufzen drang aus seinem Mund. „Ihr Hund hat anscheinend nur meine Tochter gerochen. Sehen Sie doch, da haben sich zwei gefunden.“
„Wie heißt er denn?“, fragte Sydney und streichelte dabei den Welpen weiter.
„Sein Name ist Waflor. Er gehört zur Rasse der Spitze, der Pommerschen Spitze, um genau zu sein. Reinrassig. Kein Mischling.“
„Waflor. Ein sehr grob klingender Name für solch einen süßen und niedlichen Hund.“
„Ach, er ist nicht so lieb und süß, wie er auf den ersten Blick aussieht. Es ist ein richtig gefährlicher Wachhund, wenn es drauf ankommt. Ich möchte, um ehrlich zu sein, nicht an der Stelle eines Räubers sein, wenn Waflor das Haus bewacht. Er ist eine Gefahr für Leib und Leben, sozusagen.“ Die Worte des Fremden zauberten allen dreien ein Lächeln aufs Gesicht.
„Wird er denn größer?“, erkundigte
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