Chroniken der Unterwelt Bd. 2 City of Ashes
gemaserten Marmor erinnerte – saß Jace.
In dem Moment, in dem die Tür aufging, schnappte Jace sich einen gelben Bleistift, der auf dem Schreibtisch lag, und holte zum Wurf aus. Der Stift zischte durch die Luft und traf haarscharf neben Lukes Kopf in die Wand, wo er vibrierend stecken blieb. Luke schaute Jace mit großen Augen an.
Jace lächelte matt, »’tschuldigung, ich konnte ja nicht ahnen, dass du es bist.«
Clary spürte, wie sich ihr Herz verkrampfte. Sie hatte Jace seit Tagen nicht gesehen und er schien irgendwie verändert – aber es lag nicht nur an den blutigen Kratzern und blauen Flecken, die eindeutig frisch waren. Die Haut in seinem Gesicht schien angespannter und seine Knochen waren stärker hervorgetreten als je zuvor.
Luke deutete mit einer Handbewegung auf Simon und Clary. »Ich hab dir Besuch mitgebracht.«
Jace’ Augen wanderten zu ihnen. Sie wirkten so ausdruckslos, als wären sie in sein Gesicht gemalt worden. »Bedauerlicherweise«, sagte er, »hatte ich nur einen Bleistift.«
»Jace …«, versuchte Luke, ein Gespräch zu beginnen.
»Ich will ihn nicht sehen.« Jace deutete mit dem Kinn auf Simon.
»Das ist nicht gerade fair.« Clary war entrüstet. Hatte Jace etwa vergessen, dass Simon Alec das Leben gerettet hatte, vielleicht sogar ihnen allen?
»Raus, Irdischer«, sagte Jace und zeigte auf die Tür.
Simon winkte ab. »Kein Problem. Ich warte im Flur.« Er ging hinaus und konnte sich gerade noch zusammenreißen, die Tür hinter sich nicht laut zuzuschlagen, obwohl Clary spürte, dass er nichts lieber getan hätte.
Sie drehte sich zu Jace um. »Musst du so …«, setzte sie an, unterbrach sich aber, als sie sein Gesicht sah. Er wirkte mitgenommen, seltsam verwundbar.
»… unfreundlich sein?«, beendete er den Satz für sie. »Nur an Tagen, an denen meine Stiefmutter mich aus dem Haus wirft, mit der klaren Anweisung, nie wieder einen Fuß über ihre Türschwelle zu setzen. Normalerweise bin ich ausgesprochen friedlich. Versuch es einfach mal an einem Tag, der nicht auf -tag oder -woch endet.«
Luke runzelte die Stirn. »Maryse und Robert Lightwood zählen nicht unbedingt zu meinen besten Freunden, aber ich kann trotzdem nicht verstehen, dass sie das getan hat.«
Jace sah ihn überrascht an. »Du kennst sie? Die Lightwoods?«
»Maryse und Robert Lightwood haben genau wie ich dem Kreis angehört«, sagte Luke. »Ich war überrascht, als ich erfuhr, dass sie das örtliche Institut leiten. Allem Anschein nach haben sie nach dem Aufstand einen Deal mit dem Rat getroffen, um für sich selbst eine etwas mildere Strafe auszuhandeln, während Hodge – na ja, wir wissen ja, was mit ihm passiert ist.«
Luke schwieg einen Moment. »Hat Maryse gesagt, warum sie dich in die Wüste schickt?«
»Sie glaubt mir nicht, dass ich immer angenommen habe, ich sei Michael Waylands Sohn. Sie hat mir vorgeworfen, ich würde mit Valentin unter einer Decke stecken. Mit anderen Worten: Ich hätte ihm geholfen, mit dem Kelch der Engel zu verschwinden.«
»Aber warum solltest du dann noch hier sein?«, fragte Clary. »Warum bist du dann nicht mit ihm geflohen?«
»Damit wollte sie nicht rausrücken. Aber ich vermute, sie glaubt, ich sei hiergeblieben, um als Valentins Spion aufzutreten. Eine Natter an ihrem Busen. Nicht, dass sie das Wort ›Busen‹ verwendet hätte, aber der Gedanke stand im Raum.«
»Als Valentins Spion?« Luke klang entgeistert.
»Sie denkt, dass Valentin annimmt, sie und Robert würden aufgrund ihrer Zuneigung zu mir jedes Wort glauben, was ich sage. Und deshalb ist Maryse zu dem Schluss gekommen, das Problem einfach dadurch zu lösen, dass sie von nun an keine Zuneigung mehr für mich empfindet.«
»Aber so funktioniert das doch nicht.« Luke schüttelte den Kopf. »Man kann seine Zuneigung nicht einfach abstellen wie einen Wasserhahn. Vor allem dann nicht, wenn man ein Elternteil ist.«
»Die Lightwoods sind nicht meine Eltern.«
»Eine Familie macht sich nicht nur an der Blutsverwandtschaft fest. Sie haben sich sieben Jahre lang wie deine Eltern verhalten. Maryse ist einfach nur gekränkt.«
»Gekränkt?« Jace’ Stimme klang ungläubig. » Sie ist gekränkt?«
»Vergiss nicht, sie hat Valentin geliebt«, sagte Luke. »Wie wir alle damals. Er hat sie sehr verletzt. Und sie will nicht, dass sein Sohn das Gleiche macht. Sie befürchtet, du hättest sie angelogen. Und dass der Mensch, für den sie dich all die Jahre gehalten hat, nur eine Täuschung gewesen ist, ein
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