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Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser

Titel: Chroniken der Weltensucher 01 - Die Stadt der Regenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Wasservorräte auffrischen. Bei der Gelegenheit lassen wir ihn laufen. Er wird mehrere Tage brauchen, bis er jemandem von uns erzählen kann.«
    »Vorausgesetzt, er findet den Weg wieder zurück.«
    »Davon bin ich überzeugt«, sagte Valkrys. »Also, wie sieht’s aus, sind Sie bereit?«
    »Wenn Sie es sind, Miss Stone.«
    Ein schmerzverzerrtes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
    »Nennen Sie mich Val.«

38
     
     
    Oskar musste einen Moment innehalten. Hohepriester Yupan hatte das Ende einer langen Treppenflucht erreicht und winkte ihnen zu. Nur noch ein paar Meter, dann hatten sie es geschafft. Keuchend und schnaufend kamen jetzt auch die anderen hinterher. Man musste eine gute Kondition haben, wenn man in der Vertikalen zu Hause war.
    Die aufsteigende Sonne warf blaue Schatten auf den Fels.
    Am obersten Absatz der Treppe befand sich eine Tür in der Steinwand. Von massiven Blöcken flankiert, wirkte sie wie ein Mund, der zu einem stillen Schrei geöffnet war.
    »Was ist das hier für ein Ort?«, keuchte Oskar. Er hatte dunkle Löcher noch nie leiden können.
    »Die Höhle des Wissens«, entgegnete der Priester. »Der Ort, an dem wir die Geschichte unseres Volkes aufbewahren. Ihr braucht keine Angst zu haben. Folgt mir einfach.« Den Kopf einziehend, ging er voran. Die Federn auf seinem Rücken streiften die Decke. Einer nach dem anderen folgten sie ihm. Sie mussten die Köpfe einziehen, um nicht anzustoßen. Oskar glaubte, das Gewicht des Berges auf seinen Schultern zu spüren. Als sie ein paar Meter zurückgelegt hatten, ging es besser. Die Decke hob sich auf ein erträgliches Maß und das Gefühl der Beklemmung ließ nach. Eine Reihe von Öllampen beleuchtete den Gang. Ihre Flammen flackerten beim Vorbeigehen, während die Gruppe die uralten Treppenstufen hinabstieg. »Was ist eigentlich aus der Sache mit den Schüssen geworden?«, erkundigte sich Oskar flüsternd bei Charlotte. »Hat Yupan noch irgendetwas dazu gesagt?«
    Das Mädchen verneinte. »Ich glaube, sie haben ein paar Schiffe losgeschickt, um es zu überprüfen. Sie sind aber noch nicht zurückgekehrt. Mehr weiß ich auch nicht.«
    »Ich habe da ein ganz unangenehmes Gefühl«, sagte Oskar. »So, als ob diese Valkrys Stone uns immer noch auf den Fersen ist.«
    »Geht mir genauso«, flüsterte Charlotte. »Mein Onkel scheint nicht übertrieben zu haben, als er von der Hartnäckigkeit dieser Frau sprach. Aber hier sind wir in Sicherheit. Vorerst.« Sie deutete nach vorn. »Sieh mal, ich glaube, wir sind da.«
    Oskar sah an den breiten Schultern des Forschers vorbei zu Yupan. Der Priester zog einen Hebel in der Wand, worauf sich rumpelnd eine Tür vor ihnen öffnete. Staub rieselte von der Decke. Oskar hielt sich die Hand vor die Nase und unterdrückte ein Niesen. Nacheinander betraten sie den dahinterliegenden Raum.
    Es war eine niedrige, beinahe kreisrunde Kammer mit kuppelförmiger Decke. Genau wie der Gang war auch sie von einer Vielzahl von Öllampen erhellt, die ihr flackerndes Licht ringsumher auf die Wände verteilten. Oskar benötigte einige Sekunden, ehe er erkannte, dass jeder Quadratzentimeter mit Felsritzungen und Reliefen bedeckt war. Die Höhle war übersät mit einem verwirrenden Muster einander überlappender und durchdringender Darstellungen, die scheinbar wahllos und ohne jeglichen Zusammenhang in den Stein graviert worden waren. Beim näheren Hinsehen aber erkannte er, dass sie eine Geschichte erzählten.
    »Willkommen in der Höhle des Wissens«, sagte Yupan durch das Linguaphon. »Dies ist einer unserer heiligsten Orte. Nur wenige haben jemals hier Zutritt gehabt.«
    »Warum wir?«, fragte Humboldt. Seine Brille schimmerte im Licht der Lampen wie ein zweites Paar Augen.
    »Weil ihr die Auserwählten seid«, antwortete Yupan, als sei dies die selbstverständlichste Sache der Welt. »Dieser Raum wurde euch zu Ehren erbaut.«
    Oskar konnte nicht behaupten zu verstehen, was Yupan da sagte, er spürte aber, dass die Ehre, die ihnen hier widerfuhr, an bestimmte Bedingungen geknüpft war.
    Yupan begann ihnen von der Geschichte seines Volkes zu erzählen, angefangen bei der dunklen Vorzeit bis zum heutigen Tag. Es war eine lange Erzählung und das Linguaphon hatte oft genug Schwierigkeiten, alles genau zu übersetzen. Doch was Oskar hörte, reichte aus, um ihn gehörig in Ehrfurcht zu versetzen. Xi’mal war das letzte Überbleibsel einer versunkenen Kultur, die viel älter war, als alle vermutet hatten. Es war eine Kultur, die in etwa

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