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Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon

Titel: Chroniken der Weltensucher 02 - Der Palast des Poseidon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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programmierbares Mehrzweck-Handhabungsgerät, das mir bei meinen Forschungen zur Hand geht. Ich habe es nach dem griechischen Erfinder Heron von Alexandria benannt, einem der ersten Konstrukteure für mechanische Kreaturen. Heron kommt überall dort zum Einsatz, wo die Arbeit für mich lebensgefährlich werden könnte. An Kontakten, Starkstromleitungen, aber auch an den Säurezellen und Bleiplatten. Er ist erstaunlich kräftig, tut genau, was man ihm sagt, und plaudert keine Geheimnisse aus. So gesehen der perfekte Assistent.« Er lächelte schmallippig. »Heron, du kannst jetzt aufhören, die Leute zu grüßen, sie haben dich bemerkt.«
    Der kleine Automat ließ den Arm sinken und stolzierte um die Gruppe herum, wobei sein Gesicht stets in Richtung Wilma gerichtet war. Leuchtete da so etwas wie Misstrauen in seinen Augen?
    Was Misstrauen betraf, so stand Wilma dem Blechmann in nichts nach. Der Kiwi hatte seine schützende Position hinter den Beinen des Forschers verlassen und umrundete Heron in gebührendem Abstand. Als dieser einen Moment nicht aufpasste, eilte sie auf ihn zu und pickte mit dem Schnabel gegen das Blech. Sofort leuchtete am Kopf der Kreatur eine rote Warnlampe auf. Ein durchdringendes Jaulen ertönte.
    »Nun reg dich nicht gleich auf, Heron!«, sagte Tesla und ging vor seinem mechanischen Begleiter in die Hocke. »So schlimm war es nun auch wieder nicht. Du darfst ihnen das nicht übel nehmen. So etwas wie dich haben sie noch nie gesehen.« Er öffnete eine Klappe zwischen den Schulterblättern und legte einen Schalter um. Sofort erlahmten die Bewegungen des Blechmannes. Das Licht in seinen Augen erlosch, sein Kopf sackte nach vorne. Tesla nahm einen Schraubenzieher und fing an, den Kopf der Kreatur aufzuschrauben. Vorsichtig entfernte er Teil um Teil, bis das komplizierte Innenleben sichtbar wurde. Als er so weit war, wandte er sich mit einem geheimnisvollen Lächeln an seine Besucher. »Sie wollen wissen, woran Livanos und ich gearbeitet haben? Nun, hier ist es. Treten Sie ruhig näher. Er beißt nicht.«
    Humboldt runzelte die Stirn, als er auf die vielen winzigen elektronischen Bauteile blickte. »Was ist das?«
    »Eine analytische Maschine. Eine Weiterentwicklung der klassischen mechanischen Differenzmaschine, die zur Steuerung höherer Funktionen dient.«
    »Eine analytische Maschine.« Humboldt legte seine Hand ans Kinn. »Ist das so etwas wie ein Elektronengehirn?«
    »Im weitesten Sinne. Sie war dampfgetrieben und hatte eine Lochkartenfunktion, aber natürlich erfolgten die Rechenschritte auf elektrischem Wege. Die alten mechanischen Maschinen waren viel zu schwer und klobig. Ich hatte einige Ideen für eine solche Maschine, aber es war Livanos, der die Entwicklung vorantrieb. Mit welchem Ergebnis, das kann ich Ihnen allerdings nicht sagen. Er hat nie darüber gesprochen, was er damit eigentlich vorhatte.«
    »Hm.« Humboldt versank in Schweigen. Oskar konnte ihm ansehen, wie es in seinem Hirnkasten arbeitete und ratterte. Fast so wie bei dem kleinen Blechmann. Nach einer Weile tauchte er aus seinen Gedanken auf. Ein schmales Lächeln umspielte seine Lippen. »Ein Boot«, sagte er. »Das ist es, was wir brauchen. Ein Tauchboot.«

 
16
     
     
    Eine halbe Stunde später war die Audienz bei Nikola Tesla beendet. Der Erfinder hatte ihnen zu verstehen gegeben, dass er an seinem Wetterexperiment weiterarbeiten musste, und auch Humboldt war unruhig geworden. Er schien irgendetwas erfahren zu haben, was ihn beschäftigte, doch Oskar hatte keinen Schimmer, was das sein konnte. Für ihn war der Besuch zwar interessant, aber irgendwie auch sinnlos gewesen.
    Während der Fahrstuhl nach unten brauste, musste er immer wieder an den kleinen Blechmann denken. Sosehr er auch darüber nachgrübelte, er kam nicht dahinter, was er für eine Bedeutung hatte.
    »Ein Spielzeug«, murmelte er. »Ein elektronisches Spielzeug. Das passt gar nicht zu einem Mann wie Tesla.«
    Humboldt warf ihm unter dem Rand seines Zylinders einen scharfen Blick zu. »Kann es sein, dass du dir über die Konsequenz dieser Erfindung gar nicht im Klaren bist?«
    »Was denn für eine Konsequenz?« Oskar blickte den Forscher verwundert an. »Zugegeben, dieser kleine Blechmann ist ganz lustig. Er kann herumlaufen und einfache Reparaturen erledigen, aber wenn man es genau betrachtet, ist er nicht mehr als eine Jahrmarktsattraktion. Da habe ich bei den Puppenbauern daheim in Berlin schon kompliziertere Apparaturen gesehen.«
    »Es geht

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