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Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch

Titel: Chroniken der Weltensucher 03 - Der gläserne Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Obsidian mit den fein gearbeiteten Goldapplikationen ließ die Farben noch deutlicher hervortreten. Es war eine Farbe, in der man sich verlieren konnte. Jonathan schaute eine ganze Weile auf den Stein, als er plötzlich ein scharfes Rucken an seinem Gürtel bemerkte.
    »He, Archer, sind Sie eingeschlafen?« Wilsons Stimme schien von weit her zu kommen.
    »Was …?« Er riss die Augen auf.
    Der Umriss des Dockarbeiters war als schwarzer Schemen in der Deckenöffnung zu sehen. Rupert verfolgte den Abstieg mit vollster Konzentration. »Sie haben seit zwei Minuten keinen Mucks von sich gegeben.«
    »Ich hab was?« Archer blinzelte heftig.
    »Sie hingen da, als hätte ihnen jemand einen über den Schädel gezogen. Dachte, ich frag mal, was los ist.«
    Archer schüttelte den Kopf. Was war nur geschehen? Eben noch hellwach, fehlte ihm plötzlich ein Stück seines Lebens. Als ob jemand – zack! – einen Schalter betätigt hätte.
    »Ist schon in Ordnung, Sir!«, rief er. »War nur kurz in Gedanken.«
    In Gedanken? Eine glatte Lüge. Weggetreten war er, aber das konnte er natürlich nicht sagen. Dieser verdammte Stein. Er erinnerte sich, wie er in diese grüne Unendlichkeit geblickt hatte, und dann …
    »Na, dann machen Sie mal weiter.«
    »Jawohl, Sir.«
    Er rieb seine Augen. Der Stein war jetzt ganz nah. Er konnte die Spitzen der Umfassung bereits erkennen. Nur noch schnell die Enden verknoten und dann nichts wie weg von hier. Der Gedanke an die Urkunde trieb ihn vorwärts. Die Königin persönlich würde sie ihm überreichen. Nur noch drei Meter … zwei. Der Kristall strahlte direkt unter ihm. Mann, war das ein Riesenbrocken! Ob der Hebekran wirklich ausreichen würde, um ihn zu bergen? Da waren auch die Zacken. Wie schwarze Speere ragten sie in die Luft. Er pendelte leicht vor und zurück, um sie besser zu erreichen, und machte die Schlinge bereit. Er wollte sie gerade über die erste Spitze werfen, als es passierte. Der Meteorit begann heller zu werden. Das Grün wurde zu einem Rot, dann zu einem Gelb. Mit einem furchtbaren Knistern schoss ein helles Licht aus dem Zentrum des Steins direkt auf ihn zu. Der Lichtstrahl traf ihn in der Stirn und ließ ihn aufzucken. Für den Bruchteil einer Sekunde sah Archer Planeten, Sterne und Galaxien, dann wurde es schlagartig dunkel um ihn.
     

     
    Oskar fummelte an seinem Verband herum. Er musste sehen, was mit seinem Arm los war. Die Schmerzen hatten während der letzten halben Stunde immer mehr zugenommen.
    Etwas war in ihm. Etwas Fremdes. Und es wollte raus. Fast so wie damals, als seine Muskeln größer und stärker wurden und überall an seinem Körper Haare gewachsen waren. So ähnlich fühlte es sich jetzt auch an. Nur noch viel schlimmer.
    Die Schmerzen strahlten mittlerweile auf seine gesamte linke Körperhälfte und beeinträchtigten jetzt sogar schon sein Bein. Es fühlte sich ganz taub an und zuckte manchmal merkwürdig. Er hatte das Gefühl, dass er es keine fünf Minuten länger unter diesem Verband aushielt.
    Die Männer saßen im anderen Teil der Hütte und unterhielten sich leise. Vermutlich brachte Humboldt seine Freunde gerade auf den neuesten Stand, vielleicht unterhielten sie sich aber auch über ihn. Hin und wieder traf ihn ein versteckter Blick. Er musste also vorsichtig sein.
    Plötzlich waren von draußen seltsame Geräusche zu hören. Ein Knall, gefolgt von einem Schrei. Die Männer waren sofort auf den Beinen und spähten zwischen den Ritzen in der Holztür nach draußen. Die Gelegenheit für Oskar, den Verband endlich loszuwerden.
    Er löste die beiden Klammern, mit denen das Mulltuch festgesteckt war, dann zog er mit den Zähnen das lose Ende heraus. Hastig wickelte er den Verband ab. Er tat es schnell und geschickt und ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
    Immer mehr von dem Verband landete leise neben ihm auf dem Boden. Die Missionare hatten wirklich gute Arbeit geleistet. Die Menge an Stoff hätte gereicht, um einen ganzen Menschen darin einzuwickeln. Abgesehen davon war die Wickeltechnik furchtbar kompliziert und umständlich. Immer wieder musste er verschlungene Enden auseinanderknoten und die Wickelrichtung ändern. Hatten die Brüder nicht gewusst, was sie da taten, oder wollten sie etwas verbergen? Oskar musste an das höhnische Grinsen des Priors denken. Es hatte ihn bis in seine Träume hinein verfolgt. Er konnte nur hoffen, dass das kein böses Omen war.
    Verbissen wickelte er weiter. Endlich war das Ende in Sicht. Noch eine Stoffbahn, dann

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